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Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Titel: Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe
Autoren: Helen Bryan
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Speisekammer.
    Sie zog die Glastüren zum Esszimmer mit einem entschiedenen Ruck hinter sich zu, betete, dass sich das Durcheinander rechtzeitig legte, und hoffte sehr, dass es keinen Ärger geben würde, wenn einer der Engländer neben ihrer Nichte saß. Leutnant Fairfax war ein ausgesprochen angenehmer junger Mann. Sein einwöchiger Besuch in New Orleans war fast zu Ende. Falls Maurice sich ärgerte, würde Celeste ihm sagen, dass sie den Platz neben Evangeline schließlich nicht so offenkundig frei lassen konnte.
    Die achtzehnjährige Evangeline, die Debütantin des Jahres, war der Ehrengast beim heutigen festlichen Mittagessen. Ihr Ball zur Einführung in die Gesellschaft sollte heute am letzten Abend des Mardi Gras stattfinden und würde die Saison beenden. Und da ganz New Orleans erwartete, dass Evangelines Vater, wenn der Ball um Mitternacht vorbei war, die Verlobung seiner Tochter mit Maurice bekanntgeben würde, mutete Maurices Abwesenheit beim Mittagessen seltsam an. In New Orleans brauchte es nicht viel, um für Klatsch und Tratsch unter den Leuten zu sorgen, und Bemerkungen und Spekulationen über Evangeline waren das Letzte, was Celeste nun gebrauchen konnte. Um wohlerzogene Mädchen sollten sich nie irgendwelche Klatschgeschichten ranken und ihr waren ein paar vage, aber besorgniserregende Gerüchte über Evangeline zu Ohren gekommen. Celeste hoffte inständig, dass Maurice nichts davon mitbekam. Er wäre alles andere als erfreut.
    Maurice war mehr als doppelt so alt wie Evangeline, ein enger Freund ihres Vaters. Er war der Letzte seiner Familie, der einzige Erbe ihres Vermögens und der riesigen Ländereien. Die Plantage der Fitzroys, Belle Triste, war die älteste und ansehnlichste im ganzen Staat. Die Familie war stolz auf ihre Herkunft – die Fitzroys nahmen für sich in Anspruch, königliche Vorfahren zu haben –, doch nun war Maurice der Letzte der Familie und brauchte Söhne, damit sein Name nicht ausstarb. Man erzählte sich, dass die hochmütigen Fitzroys keines der Mädchen aus New Orleans und den umliegenden Städten für gut genug befunden hätten, und in jungen Jahren hatte sich Fitzroy geraume Zeit in Europa nach einer geeigneten Braut umgesehen. Falls das stimmte, war seine Suche jedenfalls nicht von Erfolg gekrönt gewesen. Dann war ihm die einzige Tochter der angesehenen Familie Fontaine ins Auge gefallen.
    Maurice war zumindest soweit aufgetaut, dass er Celeste anvertraute, er sei schon von Evangeline bezaubert gewesen, als sie noch die Klosterschule besuchte. Wie romantisch, dachte Celeste mit leisem Unbehagen. Inzwischen war es offenkundig, dass er das Mädchen anbetete, er wandte kaum den Blick von ihr, lauschte andächtig jedem ihrer Worte, zündete ihr die Zigaretten an, rückte ihren Stuhl zurecht und bat sie bei Bällen um jeden Tanz. Dabei schien sich Evangeline überhaupt nichts aus ihm zu machen. Sie war gedankenlos und albern, sie flirtete und tanzte mit ihren jüngeren Verehrern und besuchte mit ihren Freundinnen zweifelhafte Etablissements im Tremé-Viertel, ohne sich auch nur einen einzigen ernsthaften Gedanken über ihre Zukunft oder ihre Ehe zu machen.
    Celeste seufzte. Das verhieß nichts Gutes. Die Ehe war ein Sakrament und nach ihrer Erfahrung oft genug eine schwere Bürde. Doch Evangelines Zukunft unterlag den gesellschaftlichen Gepflogenheiten. In den besten Familien von New Orleans heirateten die Mädchen jung, wenn sie nicht ins Kloster gingen, und von diesem Zeitpunkt an hing ihr Glück von der klugen Führung von Haus und Ehemann ab. Sonst …
    Das Mittagessen war halb vorbei, als Celeste stirnrunzelnd einen Blick auf Evangeline am anderen Ende der Tafel warf. Das Mädchen schob das Etouffée, eine Spezialität von Inez, auf ihrem Teller hin und her, ohne etwas zu essen. Sie sah blass und apathisch aus und schien fast zu schlafen. Moderne junge Leute gingen abends viel zu lang aus. Obwohl sie selbst kinderlos war, hatte Celeste klare Ansichten darüber, wie Mädchen erzogen werden sollten, und mit der Erziehung, die Evangeline genossen hatte, war sie ganz und gar nicht einverstanden.
    Junge Mädchen sollten schon früh lernen, sich ihren Pflichten und nicht etwa selbstsüchtigen Vergnügungen zu widmen. Leider war Evangeline das jüngste von fünf Kindern und das einzige Mädchen in ihrer Familie. Ihre Eltern hatten sie verwöhnt, ihre vier älteren Brüder waren in sie vernarrt und hatten nichts dagegen, dass sie ihnen überall hinterherlief. Von ihnen
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