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Fucking Moskau - Sex, Drugs & Wodka

Fucking Moskau - Sex, Drugs & Wodka

Titel: Fucking Moskau - Sex, Drugs & Wodka
Autoren: Chris Helmbrecht
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einem Zug aus. Man mischt ihn nicht, den guten Wodka, das wäre ein Stilbruch. Dem Russen bricht das Herz, wenn er sieht, wie man in deutschen Nachtklubs und Restaurant Wodka zu sich nimmt. Im besten Fall hat man noch ein Glas Wasser oder Saft daneben, und es ist erlaubt nachzuspülen.
    Ein Trinkspruch gehört immer dazu. Es gibt viele Regeln beim Wodkatrinken. Trinkst du alleine, bist du ein Alkoholiker. Trinkst du ohne Trinkspruch, also ohne Grund, dann auch. Die Gastgeber sprechen die ersten, danach gibt es zirka alle 15 Minuten einen, und nach jedem Trinkspruch wird der Wodka geext. Die Reihenfolge, wer wann den Toast ausbringen muss, wird durch die Rangfolge und Wichtigkeit der anwesenden Gäste festgelegt. Irgendwann ist man dann selbst dran, und man sollte sich schon vorher überlegen, was man sagt. Tiefsinnig soll es sein. Persönlich und so warm wie das Herz nach einem heruntergeschüttetem Wodka. Es kann gar nicht kitschig und schnulzig genug sein. Ich lasse mich gerne von 70er-Jahre-Schlagern aus Dieter Thomas Hecks Hitparade inspirieren.
    Nach dem fünften oder sechsten Wodka hagelt es vorwurfsvolle Blicke der anwesenden Frauen. Erst versuchen sie es bei ihren Männern, aber die sind das schon gewohnt und ignorieren sie. Also wendet sich die gesamte Frauenschaft dem ausländischen Gast zu. Es wäre doch gelacht, wenn es ihnen nicht gelingen würde, wenigstens diesen in die Knie zu zwingen und damit die Sauferei der Männer zu bremsen. »Willst du wirklich so viel trinken? Morgen wird es dir schlecht gehen. Du musst dort nicht mitmachen, weißt du?«
    Es fängt freundlich an, wird aber von Wodka zu Wodka energischer. Die Frauen versuchen, dich einzuschüchtern, während die Männer dir durch ihre Blicke und Trinkaufforderungen unmissverständlich zu verstehen geben, dass du ein Weichei bist, wenn du nicht weitermachst.
    Irgendwann fühlt man den ganzen Alkohol. Einem wird leicht schwummrig, und irgendwie wollen die Worte nicht mehr so klar aus dem Mund kommen, wie man sie eigentlich denkt. Dann ist es Zeit, die gedankliche Checkliste durchzugehen. Habe ich genug gegessen? Am besten noch etwas Fettiges hinterherschieben. Und Wasser? Habe ich genug Wasser zwischendurch getrunken? Es hilft, den Wodka in den zehn- bis fünfzehnminütigen Pausen mit reichlich Wasser oder Saft (im Bauch) zu verdünnen. Also gleich noch mal ein Glas Wasser hinterherkippen.
    Und dann geht es einem langsam auch schon wieder besser. Man lallt weniger, und die Sinne sind wieder einsatzbereit. Die Frauen werden nun noch energischer und setzen alles daran, dich auszuschalten. Da kann schon mal das Wodka-Glas verschwinden, oder man findet es mit Wasser gefüllt. In jedem Fall sollte man grinsen, wenn der Gastgeber nachschenken will. Oh, mein Glas wurde versehentlich abgeräumt, dürfte ich bitte ein Neues haben? Der Gastgeber grinst zurück, und bei den Männern hat man gerade einen Bonuspunkt gemacht, während die Damen leicht verärgert die Augen rollen.
    Wenn es dann wirklich zu viel wird, trinke ich eben nur noch Halbe. Wie gesagt, oft fällt das den anderen gar nicht auf, oder sie ignorieren es einfach. Auf jeden Fall verliert man so nicht sein Gesicht. Richtig spaßig wird es am Ende. Die Frauen räumen den Tisch ab und ziehen sich in die Küche zurück, um gemütlich eine zu rauchen und über die blöden Männer herzuziehen.
    »Schnell«, meint der Gastgeber, » Jetzt trinken wir noch einen, ohne die meckernden Zicken.« Gleich danach geht er zum Schrank und fragt: »Tequila, Cognac oder Whiskey?« Oh je, jetzt geht es erst richtig los.
    Die Frauen kennen das Spiel und ignorieren uns und die weiteren Drinks, als sie zurück an den Tisch kommen und den Nachtisch servieren. Danach wird es auch bei den Männern ruhiger.
    »Und? Trinken wir noch einen«, frage ich frech. Die Frauen gehen durch die Decke, während die Männer müde nicken. Und natürlich trinken wir mindestens zwei bis drei Wodka, bis sich endlich die Türe hinter mir schließt und wir im Aufzug nach unten fahren.
    »Musste das sein?«, fragt Julia.
    »Nein, aber ich wollte auch nicht unbedingt mitkommen, denn ich finde diese Familienabende langweilig. Du wolltest, dass ich dabei bin, und ich habe mich nur den Gepflogenheiten gemäß verhalten«.
    »Was für Gepflogenheiten? Es hat dich doch keiner gezwungen, so viel zu saufen, oder?«
    »Na ja, ein bisschen indirekter Zwang war schon zu spüren. Hätte ich nicht mit ihnen gesoffen, wäre ich für sie kein richtiger
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