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Fuchsteufelswild

Fuchsteufelswild

Titel: Fuchsteufelswild
Autoren: Roland Krause
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Störenfried, bestenfalls Attraktion, gleich der Dame ohne Unterleib alternativ mit Ganzkörperbehaarung.
    Aber sie hatten sich angekündigt. Der Yogalehrer hat ihnen kundgetan, dass er sich gleich nach der Vernehmung in den Geschäftsräumen aufhalten würde, und die Wiesner wollte die Gelegenheit beim Schopf packen. Dem Gemälde noch eine Farbe hinzufügen.
    Das Ambiente ist reinweiß und schmucklos. An der Wand im Flur hängen einige Porträts, offenbar asiatische Weisheitskoryphäen. Alle mit ernstem Blick, aber warmen Augen. Die Wiesner beschließt, sich von der Atmosphäre nicht gefangennehmen zu lassen, sich auf das polizeiliche Ich zu verlassen, obgleich sie die Köpfe auf den Bildern anziehen wie die Leimrute eine todgeweihte Stubenfliege.
    Der Stangassinger schaut ernst drein.
    Â»Ich möchte Sie bitten, hier zu warten, das ist kein günstiger Zeitpunkt ... Entschuldigung, ich ... wir ...«
    Â»Versteh scho«, bekundet die Ermittlerin, den überraschten Blick vom Hartinger auffangend. »Die Leut gedenken dem Brandl. Eine Art Ritual, oder?«
    Â»So könnt man es vielleicht ausdrücken. Es sind Menschen, denen der Toni etwas bedeutet hat, spontan hierhergekommen. Einfach so. Das tut gut, es ist sehr ... wertschätzend. Wenn Sie wollen, können wir uns später austauschen.« Der Stangassinger verschwindet in einem der Räume.
    Â»Warum sind wir hergekommen, wenn wir jetzt deppert an der Rezeption rumlungern dürfen?«, raunt ihr der Hartinger zu.
    Â»Ich wollt mir halt einen Eindruck machen. Entspann dich, wir schauen uns die Leut an, wenn sie gehen. Schalt dein Handy aus.«
    Â»Der Schmu kann dauern. Wer weiß, wie lang die Freaks da herumbeten. Echt toll – wie bestellt und nicht abgeholt.« Der junge Polizist schüttelt den Kopf und verzieht das Gesicht, als müsse er Zitronen lutschen. Das entspricht seinem Gemütszustand. Mit verschränkten Armen lehnt er sich an die Theke. Bockiges Kind.
    Die Wiesner zuckt die Schultern und geht auf die nächstliegende Tür zu. Sie ist nur angelehnt. Der Raum dahinter scheint unbelebt. Sie tritt ein. Leere umfängt sie. Nichts, woran das Auge sich festhalten kann, außer ein paar Kratzern im Ahornparkett. Die Wände ockerfarben. Die Polizistin hat das Gefühl, ihre Gedanken könnten jetzt ungestört die Flügel ausbreiten. So etwas wär in der Hansastraße auch nicht verkehrt. Keine Ablenkung, keine Enge. Da würden sie staunen, die Kriminaler, und sich ein bisserl grämen, weil es gymnastische Fähigkeiten bräucht, um die Kaffeebecher abzustellen. Aber innovativ wär das allerweil. Sie setzt sich auf den Boden.
    Hier wird er also gekauert haben, der Brandl Toni. Versunken in Meditation – oder hat er sich dabei nur ausgedacht, wie er die Leut ordentlich schröpfen kann? Die Bilder überlagern sich. Butter aufs Brot. Hat er der Versuchung widerstehen können? Das redet sich leicht daher, mit der Askese. Das Verzichten fällt nicht schwer, wenn du überdrüssig geworden bist. Wenn du es aber nie gehabt hast, gibst du den Fuchs, dem die Trauben zu hoch hängen. Sauer wird es schmecken, das dekadente, füllige Leben. Aber dann erblickst du den Käse im Rabenschnabel. So nah. Und mit dem Glust kommt die List. Du schmeichelst daher, bis das naive Vogerl den Schnabel aufreißt und dir der Käse vors Maul plumpst. Haps und weg. An den Geschmack könntest du dich gewöhnen.
    Ist der Toni ein Scharlatan gewesen, oder hat er den Leuten etwas dargebracht, nach dem sie sich gesehnt haben? Auf jeden Fall hat ihm sein Dasein sauber das Genick gebrochen.
    Jemand tritt in den Raum. Erst als sie ein orientalisch-herbes Parfüm riecht, bemerkt die Wiesner, dass es nicht der Hartinger sein kann. Eine Frau beugt sich zu ihr.
    Â»Sie sind die Polizistin.«
    Â»Ja.« Die Wiesner ist noch gar nicht bereit für ein Gespräch, sie hätte sich der Leere gern noch etwas hingegeben. Sie kommt sich grad bedrängt vor.
    Â»Den Toni hat jemand umgebracht, oder? Wissen Sie schon, wer?«
    Die Wiesner verneint. Sie betrachtet die Frau, die sich neben ihr auf den Boden kniet. Vielleicht Mitte dreißig, kein Schmuck, beinahe ebenmäßige Gesichtszüge, die etwas breite Nase schenkt ihr gewinnende Unvollkommenheit. Das lange schwarze Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden.
    Â»Sie haben ihn gut gekannt, den Toni?«
    Einen
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