Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fuchsteufelswild

Fuchsteufelswild

Titel: Fuchsteufelswild
Autoren: Roland Krause
Vom Netzwerk:
aus. Der äußeren Erscheinung nach offensichtlich kein Perfektionist. Das macht ihn aktuell aber nicht ungefährlich. Entschärft sind die wenigsten Leut, ausgenommen eine Handvoll Gurus und Nonnen.
    In der Hand hat der Grainer den Stiel einer Axt. Den hebt er jetzt drohend.
    Â»Sag?«
    Â»Ich hab Sie gsucht. Ich bin von der Polizei. Legens den Prügel weg, bittschön.«
    Der Alte denkt nicht daran. Fest hält er ihn umklammert, bereit zum Zuhauen.
    Â»Und was will die Polizei bei mir?« Rau kommt die Stimme daher, als müsste sie sich erst durch Schmirgelpapier hervorarbeiten.
    Â»Mich a bisserl unterhalten mit Ihnen.«
    Der Sandner lässt die waffenbewehrte Hand des Mannes nicht aus dem Blick. Leckomio! Unwirkliche Atmosphäre, als wär er Krachlederdarsteller in der klischeebeklebten Heimatschmonzette. Hoffentlich ohne bevorstehende Actionszene. Die beiden beäugen sich sekundenlang, schweigend. In den wässrigen blauen Pupillen seines Gegenübers erkennt der Sandner das ganze Misstrauen und den Schmerz, den ihm das Leben aufgeladen hat. Da glimmt kein Funke mehr – vor Jahren erloschen. Nur die Wut hat sich ein Platzerl ergattern können. Das musst du ihr schon mit Gewalt entreißen, sonst gibt sie es nicht her.
    Ãœ berraschung. Der Mann dreht sich abrupt um und schlappt nach draußen. Ohne ein Wort lässt er den Sandner einfach stehen. Der geht ihm schnurstracks nach. Kurz vor einer halb verfallenen Scheune holt er ihn ein.
    Der zottelige Vierbeiner hat sich aufgerappelt und hinkt hinter ihnen her.
    Im Inneren des Schuppens muss sich der Sandner an das trübe, staubummantelte Licht gewöhnen. Sein Blick fällt auf ein paar Haken an der Bretterwand. Zwei geschälte Kaninchen baumeln an ihnen. Rotes Fleisch, die Bauchhöhle aufgeschlitzt, beinahe obszön wirkt das. Ein fesselnder Anblick am Morgen. Die Tierleichen beeindrucken den Sandner aktuell mehr, als wenn jemand abgestochen in seinem Blut vor ihm gelegen hätte. Emotionale Prioritäten kannst du dir selten aussuchen. Da fällt dich plötzlich ein Bild an, und dein Magen will das Frühstück spontan hergeben. So weit ist es beim Sandner nicht. Nur einen glasigen Blick bekommt er. Weg von den aufgehängten Hasenkadavern.
    Der Alte greift derweil in eine Kiste und fördert einen dritten Mümmler zutage. Am Nackenfell hält er den schwarz-weißen Hasen, begutachtet ihn kurz – nickt dann. Er setzt das Tier ab und streicht ihm mit dreckigen Pranken übers Fell – zärtliche Geste. Der Rammler entspannt sich, dreht den Kopf. Große, unschuldige schwarze Glubscher fixieren den Sandner. Der hält den Atem an, weiß, was jetzt kommen wird. Der Bauer nimmt das Viech bei den Hinterläufen langsam hoch und haut ihm den Prügel mit einer heftigen Bewegung ins Genick. »Wump« macht es, und das Hasenleben ist ausgehaucht.
    Der Sandner stößt die Luft aus.
    Â»Es geht um Ihre Tochter«, bemerkt er, wobei er zuschauen darf, wie der Alte dem Tier sorgfältig die Kehle durchsäbelt, zwecks ordentlichem Ausbluten. Kurz reibt sich der Kriminaler die Nasenwurzel und schließt die Augen. Er hört das Blut in eine Blechwanne rinnen. Ein leicht metallischer Geruch liegt in der Luft.
    Â»Des is der Letzt«, verkündet der Schlächter, nachdem er ihn ausgeweidet und das Fell über die Ohren gezogen hat.
    Stumm hat der Sandner dabei den Zuschauer gegeben, fasziniert von der geschäftsmäßigen Beiläufigkeit des Tötens. Was getan werden muss, passiert halt. Schlachtreif und fett – Hasenernte.
    Der Alte nimmt etwas Undefinierbares aus der Wanne und wirft es dem Hund zu, der es mit einer schnellen Kieferbewegung verschlingt.
    Â»Mei Tochter is tot«, brummt Annis Vater. »Seit sieben Jahr.«
    Â»Ich weiß.«
    Â»Was willst dann?«
    Â»Verkaufens die Hasen im Ort?«
    Â»Geht dich nix an.«
    Keine Chance, dem Gespräch Milch und Zucker beizufügen. Es bleibt schwarz und bitter.
    Â»Der Bursch, mit dem die Anni nach Indien ist ...«
    Â»Was soll mit dem sein?«
    Â»Der is umbracht worden.«
    Â»Des bringt mich ned zum Greinen.«
    Â»Vielleicht freuen Sie sich sogar.«
    Â»Und wenn’s so wär?«
    Â»Warens gestern in München?«
    Â»Ach, ah so? Du glaubst, ich hab den umbracht. Wieso hätt ich so lang warten sollen?«
    Â»Weil er no ned lang wieder da
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher