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Frühstückspension: Kriminalroman

Frühstückspension: Kriminalroman

Titel: Frühstückspension: Kriminalroman
Autoren: Sigrid Hunold-Reime
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herunterzuspülen.
    »Die ersten Jahre mit den Kindern waren leicht«, erzählt sie weiter und setzt sich wieder.
    »Fast glücklich. Gerold richtete oben die Fremdenzimmer ein. Über den Gewinn konnte ich frei verfügen.
    Alles ging ziemlich gut, bis die Kinder größer wurden und in die Schule gingen. Da kam die Sehnsucht zurück. Ich konnte sie nicht mehr verdrängen. Ich wollte als Frau wahrgenommen werden. Diese Sehnsucht war noch immer ohne Ziel. Ich hatte zwar mit Thomas geschlafen, aber es war, als hätten wir uns nicht wirklich berührt.«
    »Und du hast nie mehr versucht, mit Gerold zusammenzukommen? Ihr habt nie mehr darüber gesprochen? Nie geklärt, was eigentlich mit ihm los war?«
    Ich kann die Fragen nicht zurückhalten. Sie sprudeln einfach so aus mir heraus.
    »Nein, das habe ich nicht gewagt. Zwischen uns war zu viel Scham. Irgendwann hatte ich mich auch daran gewöhnt, habe es nicht mehr in Frage gestellt. Es war meine Normalität. Das hört sich für dich sicher komplett gestört an. Aber meine Ehe hatte einen festen Rahmen, in dem ich mich sicher fühlte. Und ich hatte die Kinder. Allerdings war ich nicht die ganzen Jahre ohne einen anderen Mann, wenn du das fragen wolltest. An irgendeinem Morgen habe ich in der Zeitung eine Annonce gelesen: ›Verheirateter Mann sucht gleichgesinnte Frau für zärtliche Stunden‹.
    Ich war erst empört. Wie konnte man so klar seine Bedürfnisse benennen und sonst nichts? Ich habe die Zeitung weggeworfen. Nachmittags habe ich sie wieder aus dem Müll gefischt und die angegebene Telefonnummer gewählt. Karl wurde mein erster richtiger Liebhaber. Von ihm und den anderen danach habe ich Gerold nie etwas erzählt.«
    »Hast du dich nie in einen von ihnen verliebt?«
    Ich fühle mich mit meiner Dazwischenfragerei wie ein kleines Mädchen, das die Geschichten der großen Schwester einfach nicht begreifen kann.
    ›Sex ohne Verpflichtung‹ hört sich für mich noch immer an wie aus einer anderen Welt, zu der ich keinen Zutritt habe.
    Aber Tomke antwortet bereitwillig: »Anfangs nicht. Da war das eher umgekehrt. Immer wenn sie mir zu nah kamen, habe ich Schluss gemacht. Das war einfach. Wir haben uns nicht unter unseren richtigen Namen getroffen. Ich wollte mein Leben behalten. Dafür habe ich immer gesorgt.
    Bis Paul kam. Mit ihm treffe ich mich seit sechs Jahren. Jeden Donnerstag.«
    »Seit sechs Jahren«, wiederhole ich staunend.
    »Aber da lernt man sich doch unweigerlich näher kennen.«
    Tomke wiegt ihren Kopf: »Ja und nein. Wir wissen viel voneinander und doch sehr wenig. Vielleicht macht das den Zauber zwischen uns aus. Ich werde Paul vermissen.«
    »Warum vermissen? Wenn ihr euch so gut versteht, warum willst du ihn nicht weiterhin treffen?«
    »Du hast es nicht richtig verstanden. Paul ist auch gebunden. Wir haben uns unter der Voraussetzung getroffen, die Ehe des anderen zu respektieren. Und wir haben versprochen, uns die Wahrheit zu sagen. Ich meine, wenn sich etwas in dem Leben des anderen verändern sollte oder wir den Draht zueinander verlieren. Oder einer von uns zu viel für den anderen empfindet.
    Paul und ich, wir haben eine außergewöhnliche Beziehung mit viel Vertrauen. Ich werde ihn nicht belügen.«
    »Du willst ihm die Wahrheit sagen?«, frage ich zweifelnd.
    Tomke lächelt.
    »Nein, natürlich nicht. Ich werde ihm nur sagen, dass ich Witwe geworden bin. Er wird Angst bekommen und Schluss machen. Unser Verhältnis hält sich nur in der Waage, weil wir beide verheiratet sind. Wir sind beide daran interessiert, das Leben des anderen nicht in Gefahr zu bringen. Er würde befürchten, dass ich nun mehr will.
    Und ehrlich gesagt, da könnte er recht haben. Nicht heute, aber vielleicht morgen. Deshalb ist es besser so.«
    Bei den letzten Worten kann sie nicht verhindern, dass ihre Augen feucht werden. Ich fühle mich hilflos. Dabei würde ich ihr gerne etwas Hilfreiches sagen, aber mir fällt nichts ein. So eine Beziehung kenne ich nicht. Leider. Ich weiß, es ist unpassend, aber ein wenig beneide ich Tomke um die Stunden mit Paul. Sie sollte sie nicht kampflos aufgeben. Das hört sich alles nach echten Gefühlen an. Das werde ich ihr auch sagen. Irgendwann. Später.
    »Manchmal hatte ich Tagträume, dass Gerold sich verlieben und mich verlassen würde«, sagt Tomke. »Aber so einfach hat er es mir nicht gemacht. Er blieb. Aber es hat mich nicht so sehr gestört, wie du es jetzt annimmst. Das wäre gelogen. Es gab immer wieder gute Zeiten zwischen
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