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Frühstückspension: Kriminalroman

Frühstückspension: Kriminalroman

Titel: Frühstückspension: Kriminalroman
Autoren: Sigrid Hunold-Reime
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neugierig. Gerade, wenn man ausdrücklich darauf besteht, dass eine Leiche nicht mehr angefasst werden soll. Oder sie lassen entgegen der Absprache Angehörige zu dem Toten.«
    Maike trinkt einen Schluck Tee und sagt dann: »Ich kenne eine Bestatterin aus Wilhelmshaven. Die ist esoterisch angehaucht und nimmt solche Wünsche super ernst.«
    Tomke lächelt: »Wie sympathisch.«
    »Aber dein Bestatter hier? Wird der nicht beleidigt sein?«, fragt Maike.
    Tomkes Gesicht verschließt sich.
    »Weiß ich nicht, und das ist mir auch nicht wichtig. Ich habe mich jahrelang verbogen und so getan, als wäre alles in bester Ordnung. Nur um dazuzugehören, nur um nicht aufzufallen. Nein, es ist mir egal, was sie denken.«
    Tomkes Worte rauschen an mir vorbei. Ich kann nur noch an Sandra und Jochen denken. Jochen. Wird er auch ganz bestimmt sterben? Ich schäme mich für den Gedanken, aber ich muss es wissen, sonst macht es mich fertig.
    »Maike, ich muss dich noch was fragen«, fange ich an, bevor ich es mir anders überlegen kann. »Jochen, der Mann auf eurer Station.«
    Ich muss einen Schluck trinken, weil mein Mund plötzlich ausgetrocknet ist.
    »Könnte er vielleicht doch wieder aufwachen und weiterleben?«
    Bei den letzten Worten spüre ich die Hitze im Gesicht. Ich bin glutrot geworden.
    »Nein«, sagt Maike und in ihrer Stimme schwingt keine Empörung.
    »Ich wundere mich, dass er überhaupt noch lebt, wenn man das so nennen kann. Bei seinen Vorerkrankungen. Wenn sie abstellen, ist er tot. Garantiert. Er kann nicht ohne die Beatmungsmaschine weiterleben. Den Gedan ken kannst du einfach vergessen. Geh morgen ins Krankenhaus und regele das. Es wird schnell gehen.«
    »Danke«, sage ich leise und atme durch.
    »Aber jetzt reicht es wirklich!«, sage ich, und die beiden sehen mich verwundert an.
    »Ich meine, für Maike. Wir schaffen das jetzt allein.«
    Sie lächelt mich an. Ihre Haut ist blass unter den vielen Sommersprossen. Ich widerstehe dem Gefühl, sie in die Arme nehmen zu wollen.
    »Was hast du jetzt vor?«, frage ich sie heiser.
    Sie steht langsam auf und sagt: »Mal sehen. Irgendwas ganz anderes. Auf jeden Fall nehme ich erst mal meinen gesamten Resturlaub. Ob es passt oder nicht. Du wirst mich im Krankenhaus nicht mehr treffen.«
    »Und überhaupt?«, frage ich schüchtern.
    »Ich weiß es nicht«, antwortet Maike ehrlich und sieht mich sanft an.
    Dann fragt sie: »Kann ich dich über Tomke erreichen?«
    Bevor ich antworten kann, nickt die lebhaft.
    »Teresa und ich werden uns nicht aus den Augen verlieren. Das ist schon mal sicher!«
    Ich lächele verlegen in mich hinein.
    Tomke räuspert sich und steht auch auf: »Ich rufe jetzt ein Taxi.«
    Und mit einem Blick zu mir: »Und du komm! Wir suchen ihm jetzt einen schönen Anzug raus und machen ihn fein.«

15
    Teresa nahm den Hörer in die Hand und begann zu wählen.
    »Sandra, hier ist Mama.«
    »Hallo Mama …?«
    Teresa hörte deutlich ihre Verwunderung und erinnerte sich, dass sie seit Monaten nicht miteinander telefoniert hatten. Für einen Moment fehlten ihr alle Worte.
    Dann sagte sie hastig: »Papa und ich hatten einen Unfall. Er ist tot.«
    Stille in der Leitung. Nur ein Rauschen, das die Entfernung ahnen ließ. Teresa stiegen Tränen in die Augen. Wie konnte sie sich nur derart brutal ausdrücken? Das erste Gespräch seit langer Zeit, und sie haute ihrer Tochter die Tatsachen mit zwei kurzen Sätzen um die Ohren.
    »Bist du noch dran?«, fragte sie heiser.
    »Ja. Wie geht es dir?«
    »Na ja«, antwortete Teresa verwirrt. Sie hatte mit endlosen Fragen nach dem genauen Sachverhalt gerechnet. Ihr Vater war tot und sie fragte: Wie geht es dir?
    »Das tut mir so leid«, hörte sie Sandra. Ihre Stimme zitterte. Teresa presste den Hörer an ihr Gesicht und sagte: »Ja, mir auch.«
    »Es tut mir leid«, wiederholte Sandra. »Aber ich kann erst in fünf Tagen kommen. Ich stecke mitten in …«
    »Das macht nichts«, fiel Teresa ihr ins Wort und versuchte, ihre Erleichterung zu verbergen. Fünf Tage. Bis dahin war alles geregelt. »Mach dir keine Gedanken.«
    »Mach ich aber. Das ist nicht in Ordnung.«
    »Es ist in Ordnung«, versuchte Teresa, sie zu beruhigen.
    »Warum sagst du eigentlich immer, dass alles in Ordnung ist?«, fragte Sandra unvermittelt aufgebracht. »Ich kann die Prüfung nicht verschieben. Das ist nicht in Ordnung. Ich sollte jetzt bei dir sein.«
    Teresa zwang sich, ihr nicht zu widersprechen.
    »Papa wäre es allerdings nicht wichtig gewesen«,
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