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Frühstückspension: Kriminalroman

Frühstückspension: Kriminalroman

Titel: Frühstückspension: Kriminalroman
Autoren: Sigrid Hunold-Reime
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an.
    »Weil mein Mann tot ist.«
    Nun ist es heraus und zu spät, ihr einen passenderen Satz zuzuflüstern.
    Sievers räuspert sich am anderen Ende umständlich und fragt dann mit sonorer Stimme: »Liebe Frau Heinrich, sind Sie sicher, dass Ihr Mann tot ist?«
    Tomke ringt nach Atem, sucht nach einer Antwort und fängt an zu weinen. Die Tränen laufen ihr haltlos über das Gesicht, und ich sehe, sie sind nicht gespielt. Tomke weint wirklich um Gerold.
    »Frau Heinrich, bitte. Beruhigen Sie sich. Ich werde sofort zu Ihnen kommen. Wo wohnen Sie?«
    »In Horumersiel …«, sie muss abbrechen, weil ihr die Stimme versagt.
    »Horumersiel?«, fragt Sievers, als hätte er sich verhört.
    »Haben Sie dort keinen Hausarzt?«
    Tomke sieht Maike hilfesuchend an, aber ich halte sie am Arm fest. Instinktiv fühle ich, dass es keine gute Idee ist, wenn Sievers weiß, dass Maike bei uns ist. Er muss völlig nichtsahnend kommen.
    »Doch, ich habe einen, aber da meldet sich niemand«, beginnt Tomke schon zu antworten. »Ich bitte Sie, kommen Sie! Ich halte das hier sonst nicht mehr aus.«
    »In welcher Straße wohnen Sie?«, fragt er resigniert.
    Tomke sagt ihm hastig ihre Adresse und bedankt sich schluchzend.
    Als sie aufgelegt hat, setzen wir uns alle drei um den Tisch und sagen kein Wort. Die Stille ist unerträglich.
    Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist, als endlich Scheinwerfer wie lange Fangarme über die Deichkrone streichen.
    »Er kommt«, flüstert Tomke und streicht sich ihr Oberteil glatt.
    Die Lichtkegel durchleuchten die Küche. Dann ist es wieder dunkel.
    »Lasst mich das machen«, sagt Maike bestimmt und steht auf. Dieses Mal halte ich sie nicht zurück.
    Bevor er klingeln kann, öffnet Maike ihm die Tür. Er bleibt wie erstarrt im Türrahmen stehen. Nach der ersten Verblüffung spiegelt sich in seinem Gesicht wütende Abwehr.
    »Ich habe versucht, mit dir zu reden, aber du hast ja gleich aufgelegt«, begrüßt Maike ihn. Ihre Stimme hat einen vorwurfsvollen Klang.
    »Dabei hätte ich der armen Frau Heinrich diesen Anruf gerne abgenommen.«
    Sievers’ Wangenmuskeln zucken vor Anspannung, aber er verkneift sich eine Antwort. Er hat Tomke und mich längst im Hintergrund entdeckt. Ohne Maike weiter zu beachten, macht er um sie einen Bogen und steuert zielsicher auf Tomke zu. Sie hat noch geschwollene Augen vom Weinen. Er scheint eine gute Beobachtungsgabe zu haben. Das ist nicht gut für uns.
    »Doktor Sievers«, stellt er sich vor und reicht Tomke die Hand. In der anderen trägt er die obligatorische Arzttasche. Dann begrüßt er mich. Sein Händedruck ist fest, sein Blick wieder professionell freundlich. Er erkennt mich nicht wieder, denke ich erleichtert. Der Augenblick am Fahrstuhl war zu kurz, um mich in seiner Erinnerung zu speichern. »Frau Heinrich?«, vergewissert er sich und sieht Tomke fragend an. Sie nickt.
    »Wo ist Ihr Mann?«
    Tomkes Hals ist von einer Sekunde zur anderen mit roten Flecken übersät. Ich betrachte sie mit Sorge. Jetzt nur nicht die Nerven verlieren! Bleib ruhig, Tomke! Ich sehe sie eindringlich an und hoffe, dass meine stumme Botschaft bei ihr ankommt. Sie bekommt keinen Ton heraus und zeigt mit der Hand zum Fernsehzimmer. Sievers nickt verstehend und setzt sich in Bewegung. Maike bleibt dicht hinter ihm. »Können Sie das Licht einschalten?«, bittet er und versucht, Maike zu ignorieren. Tomke drückt den Schalter für die Deckenbeleuchtung. Es kostet mich Überwindung, jetzt nicht einfach die Augen zu schließen.
    Aber Reinhards Leiche hat sich nicht verändert. Nur unser Verband hat nicht gehalten. Er ist noch einmal durchgeblutet. Sievers stellt seine Tasche auf dem runden Tisch ab und öffnet sie. Dabei sieht er zu Reinhard und dann irritiert zu Tomke: »Ihr Mann ist nicht hier gestorben, nicht wahr?«
    Tomke schüttelt den Kopf, und wie auf Knopfdruck beginnen die Tränen wieder zu fließen.
    »Nein, wir haben ihn in der Garage gefunden. Dort konnten wir ihn doch nicht liegen lassen.«
    Sievers atmet schwer durch. Man sieht ihm an, dass er da anderer Meinung ist. Aber mit einem abschätzenden Blick auf Tomke hält er es wohl für zwecklos, ihr das zu erklären.
    »Und Sie sind sicher, dass er schon tot war, als Sie ihn gefunden haben?«, fragt er misstrauisch.
    Tomke und ich nicken heftig. Zum ersten Mal sieht er mich genauer an. Das gefällt mir ganz und gar nicht.
    Er schüttelt resigniert den Kopf und nimmt ein paar Plastikhandschuhe aus seiner Tasche. Während er sie
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