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Die Weiße Rose

Die Weiße Rose

Titel: Die Weiße Rose
Autoren: Frank Sturms
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Die Katastrophe
    Zu Beginn des Jahres 1943 nahm die Nervosität innerhalb der Polizeibehörden Münchens stetig weiter zu. Seit dem Sommer des letzten Jahres waren in der Stadt immer wieder Flugblätter erschienen, die zum Sturz des NS-Regimes aufriefen. Sie waren von einer bislang unbekannten Widerstandsgruppe unterzeichnet, die sich „Weiße Rose“ nannte.
    Und diese Flugblätter verbreiteten sich schnell. Immer wieder liefen Meldungen bei der Münchener Geheimen Staatspolizei ein, dass auch in anderen Städten Süddeutschlands und in Österreich diese Flugblätter bei den Polizeibehörden abgegeben worden waren; einmal sogar in Hamburg.
    Am 4. Februar 1943 starteten die Polizeibehörden eine Großfahndung. Beteiligt waren die Münchener Gestapo, aber auch Kriminal- und Ordnungspolizei. Der Polizeichef, Oberregierungsrat Schäfer, beauftragte zwischen dem 5. und 11. Februar 1943 1 den erfahrenen Kriminalbeamten Robert Mohr damit, den oder die Urheberschnell und möglichst diskret ausfindig zu machen. Mohr sollte „diese Affäre zu Ende bringen“. 2
    Inhaber von Hotels, Gaststätten und anderen öffentlichen Einrichtungen wurden zur Mitarbeit aufgefordert. Die Spezialisten der neu eingerichteten Gestapo-Sonderkommission fanden schnell heraus, dass alle Flugblätter auf derselben Schreibmaschine geschrieben wurden und in Massen mit der Post in andere Städte verschickt worden waren. Die Empfänger waren augenscheinlich nach dem Zufallsprinzip ausgewählt worden. Die Versender hofften offenbar, dass manche ihrer Flugblätter bei Regimegegnern landen würden, die dann für die weitere Verbreitung sorgen würden.
    Weil sich die Postsendungen größtenteils an Akademiker richteten, gingen die Ermittler davon aus, dass sich die Versender im Umfeld der Münchener Universität befinden mussten.
    Die Münchener Universität befand sich schon seit einigen Wochen in Aufruhr. Am 13. Januar 1943 hatte der bayerische Gauleiter Paul Giesler in einer rüpelhaften Festrede zur 470-Jahr-Feier der Ludwig-Maximilians-Universität besonders die Studentinnen beleidigt. Er forderte sie auf, doch lieber „dem Führer ein Kind zu schenken“, statt an der Universität zu lernen. Den „weniger Hübschen“ versprach er zynisch, seine Adjutanten vorbei zu schicken, um ihnen „ein erfreuliches Erlebnis“ 3 zu bereiten.
    Die Studenten waren gezwungen worden, sich diese Suada anzuhören. Sie mussten in den Festsaal kommen,um einen Stempel in ihrem Studentenausweis zu erhalten. Ohne diesen Stempel sollte man im kommenden Semester nicht weiterstudieren dürfen.
    Als die Studentinnen daraufhin erbost den Festsaal verließen, wurden sie an den Ausgängen von SA und Polizeikräften in Empfang genommen, die versuchten, die jungen Frauen in Gewahrsam zu nehmen. Ein Teil von ihnen wurde aber kurz darauf von ihren Kommilitonen, die fast alle Soldaten waren und deshalb der in diesem Falle liberaleren Militärgerichtsbarkeit unterstanden, in einer Art Kommandounternehmung befreit. Der Rest wurde zur Gestapo-Zentrale gebracht. Dort wurden ihre Personalien aufgenommen. Sonst geschah ihnen nichts und kurze Zeit später ließ man sie wieder laufen. Durch diese Aktion hatten die Polizeibehörden einen großen Bestand persönlicher Daten von potentiell regimekritischen Frauen erhalten.
    Nach diesem Skandal, der nur mühsam von der gleichgeschalteten Presse unterdrückt werden konnte, wurden an drei folgenden Nächten in München Mauern und Wände mit der Parole „Nieder mit Hitler!“ beschrieben. Die gleichen Täter schrieben außerdem mit großen Lettern „Freiheit!“ an die Münchener Universität.
    Ein Regime, das zwar permanent von Freiheit redete, aber jede Opposition unterdrückte, und das sogar den von ihm initiierten Eroberungskrieg „Großdeutschen Freiheitskampf“ nannte, konnte diesen Gebrauch des Wortes „Freiheit“ nicht dulden. Ab dem 9. Februar 1943 wurde die Münchener Universität von der Gestapo beobachtet. Außerdem beauftragte die Sonderkommission den regimetreuen Münchener Altphilologen Prof. Harder mit einer sprachwissenschaftlichen Analyse der ihnenvorliegenden Pamphlete. Harder sollte als eine Art Profiler ein Persönlichkeitsbild des mysteriösen Verfassers erstellen. An diesem Vorgehen kann man erkennen, wie wichtig es für die NS-Behörden war, den oder die Urheber der Flugschriften zu fassen. Der Leiter der Gestapo-Sonderkomission, Robert Mohr, sagte nach dem Krieg aus, dass die Flugblattaktion in „höchsten Stellen
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