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Frühstück bei Tiffany

Frühstück bei Tiffany

Titel: Frühstück bei Tiffany
Autoren: Truman Capote
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Geschichte. Aber ich habe la merde in dem ganzen Blechmarkenladen alarmiert, weil ich behauptet habe, es sei wegen Miss Schwulibu, die mich gehauen hat. Ja, ja, mein Lieber, ich kann die schon wegen allerlei belangen, einschließlich der unrechtmäßigen Verhaftung.»
    Bis dahin hatten wir die Erwähnung ihrer unheildrohenden Kümmermisse umgangen, und diese scherzend hingeworfene Bemerkung wirkte erschreckend, erschütternd, so deutlich enthüllte sie, wie unfähig sie war, die rauhe Wirklichkeit vor sich zu erkennen. «Hören Sie, Holly», sagte ich und dachte: sei stark, gereift, ein Onkel. «Hören Sie, Holly. Wir können das nicht als Witz behandeln. Wir müssen Wege suchen.»
    «Sie sind zu jung, um sich derart aufzuplustern. Noch viel zu klein. Übrigens: was geht's Sie an?»
    «Nichts. Außer daß ich Ihr Freund und in Sorge bin. Ich möchte wissen, was Sie vorhaben.»
    Sie rieb sich die Nase und konzentrierte ihren Blick auf die Decke. «Heute ist Mittwoch, nicht wahr? Also gedenke ich erst mal bis zum Samstag zu schlafen, so ein richtiges gutes Ausgeschlafe.
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    Samstag früh enthopse ich hier, heraus zur Bank. Dann gehe ich kurz in der Wohnung vorbei und hole mir ein, zwei Nachthemden und mein Mainbochermodell. Daraufhin werde ich mich in Idlewild melden, wo, wie Sie ja verdammt gut wissen, ein außerordentlich prächtiger Platz in einem außerordentlich prächtigen Flugzeug für mich reserviert ist. Und da Sie ja nun solch ein Freund Sind, erlaube ich Ihnen, Abschied zu winken. Bitte hören Sie auf mit dem Kopfschütteln.»
    «Holly. Holly. Das können Sie nicht machen.»
    « Et pourquoi pas? Ich will nicht etwa Jose nachrennen, falls Sie das annehmen sollten.
    Meiner Einwohnermeldeliste nach ist der ein für allemal in der Hölle beheimatet.
    Nur: warum sollte ich ein so außerordentlich prächtiges Flugbillet verfallen lassen? Wo es bereits bezahlt ist? Außerdem bin ich noch nie in Brasilien gewesen.»
    «Was für Medikamente haben die Ihnen hier eigentlich eingegeben? Sind Sie sich denn nicht klar darüber, daß Sie unter Strafanklage stehen? Wenn Sie geklappt werden beim Ausbüchsen, schmeißen die endgültig ihren Zellenschlüssel weg. Selbst wenn Sie es schaffen würden, könnten Sie doch niemals wieder nach Hause kommen.»
    «Schön und gut, gestrenge Mutterbrust. Immerhin: Zu Hause ist man, wo man sich zu Hause fühlt. Danach such' ich noch.»
    «Nein, Holly, das wäre idiotisch. Sie sind unschuldig. Sie müssen ganz einfach durchhalten.»
    Sie sagte: «Täterätä, Täterätä» und pustete mir Rauch ins Gesicht. Eindruck gemachthatte es ihr indessen; ihreAugen erblickten genau wie die meinen, weitaufgerissen unselige Visionen: vergitterte Räume, Stahlkörridore mit Türen, die sich eine nach der anderen schlossen. «Ach, hören wir auf damit», sagte sie und drückte ihre Zigarette aus. «Ich habe durchaus die Chance, daß man mich nicht kriegen wird. Vorausgesetzt, Sie halten Ihre bouche fermee . Schauen Sie: verachten Sie mich doch nicht deswegen, Herzchen.» Sie legte ihre Hand über die meine und preßte sie mit unversehens überwältigender Aufrichtigkeit. «Ich hab' keine grosse Wahl. Ich habe es mit meinem Anwalt besprochen - oh, natürlich habe ich dem nichts von Rio erzählt -
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    der würde den Polypen selber den Tip geben aus lauter Angst, sein Honorar zu verlieren, ganz zu schweigen von den Nickeln, die O. J. als Kaution gestellt hat. Gott segne O. J.s gute Seele, aber einmal habe ich ihm drüben in Hollywood dazu verholfen, daß er mehr als zehntausend mit einem einzigen Schlage beim Poker gewonnen hat - wir sind also glatt. Nein, die eigentliche Geschichte ist die: alles, was die Polypen von mir wollen, sind ein paar ungehinderte lohnende Zugriffe und meine Hilfe als Zeugin der Anklage gegen Sally niemand hat auch nur die Absicht, gegen mich vorzugehen, denn sie hätten nicht den Schatten einer Möglichkeit dafür. Nun mag ich ja bis ins Mark verdorben sein, mein Lieber, aber - einen Freund belasten tue ich nicht. Nicht mal, wenn sie bewiesen, daß er Florence Nightingale süchtig gemacht hat. Mein Maßstab ist, wie jemand mich behandelt, und der gute Sally - schön, er war nicht hundertprozentig ehrlich mit mir, sagen wir: er hat mich ein ganz klein bißchen ausgenutzt, trotzdem aber ist Sally grundrichtig, und ich ließe mich eher von dem fetten Weibsstück packen, als daß ich den Kerlen beim Gericht helfen würde, ihn festzunageln.» Indem sie ihren Necessairespiegel
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