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Frühstück bei Tiffany

Frühstück bei Tiffany

Titel: Frühstück bei Tiffany
Autoren: Truman Capote
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Tortugas nördlich Haiti aussetzte. Wenngleich er seit damals Junggeselle geblieben, hatte er anscheinend vor dem Kriege um Unity Mitford angehalten, jedenfalls sollte er ihr ein Telegramm mit dem Angebot geschickt haben, sie zu heiraten, falls Hitler es nicht täte.
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    Dies galt als Grund dafür, daß Winchell in seiner Gesellschaftsklatschspalte von ihm immer als «dem Nazi» sprach, dies und die Tatsache, daß er an Massenversammlungen in Yorkville teilnahm.
    Diese Dinge wurden mir nicht erzählt. Ich las sie im Baseball-Führer, meiner nächsten Auswahl aus Hollys Bücherbord, den sie als Zettelkasten zu benutzen schien. Zwischen die Seiten gelegt fand ich Artikel aus den Sonntagsbeilagen zusammen mit Ausschnitten aus den Klatschspalten. Rusty Trawler und Holly Golightly Arm in Arm bei der Premiere von «Fast eine Venus!» Holly tauchte hinter mir auf und erwischte mich, als ich gerade las: Miss Holiday Golightly, von den Bostoner Golightlys, macht dem vierundzwanzigkarätigen Rusty Trawler jeden Tag zum Feiertag.
    «Bewundern Sie meine öffentliche Beliebtheit oder sind Sie nur ein Baseball-Fanatiker?» fragte sie und rückte ihre dunkle Brille zurecht, während sie mir über die Schulter schaute.
    Ich sagte: «Wie war der Wetterbericht dieser Woche?»
    Sie blinzelte mir zu, aber nicht spaßhaft - ein warnendes Blinzeln: «Auf Pferde bin ich verrückt, aber ich hasse Baseball», sagte sie, und die Botschaft im Unterton ihrer Stimme besagte, daß sie wünschte, ich möge vergessen, daß sie jemals Sally Tomato erwähnt hatte. «Allein schon den Klang davon am Radio hasse ich; aber ich muß zuhören, das ist ein Teil meiner Bildung. Es gibt so wenig, worüber Männer sich unterhalten können. Wenn ein Mann sich aus Baseball nichts macht, dann muß er Pferde lieben, und wenn er keines von beiden mag, bin ich ohnehin in Schwierigkeiten - dann macht er sich nichts aus Mädchen. Und wie kommen Sie mit O. J. zurecht?»
    «Wir haben uns im gegenseitigen Einverständnis getrennt.»
    «Er ist eine Gelegenheit, glauben Sie mir das.»
    «Ich glaube es Ihnen. Was aber habe ich zu bieten, das ihm als Gelegenheit auffallen würde?»
    Sie gab nicht nach. «Gehen Sie zu ihm 'rüber und geben Sie ihm das Gefühl, daß er gar nicht so komisch aussieht. Er kann Ihnen wirklich helfen.»
    «Ich erfuhr, daß Sie derlei gar nicht übermässig schätzen.» Sie schien nicht zu begreifen, bis ich sagte: «Die Geschichte des Dr. Wassell!»
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    «Immer noch die alte Leier?» sagte sie und warf quer durch das Zimmer einen liebevollen Blick auf Berman. «Aber er trifft damit genau den Punkt: ich sollte mich schuldig fühlen. Nicht weil sie mir die Rolle gegeben hätten oder weil ich gut gewesen wäre sie würden nicht und ich würde nicht. Wenn ich mich schuldig fühle, dann ist es wohl deswegen, weil ich ihn weiter Luftschlösser bauen ließ, als ich schon gar nicht mehr daran dachte. Ich suchte nur Zeit herauszuschlagen, um noch an meiner Persönlichkeit ein paar Verbesserungen vorzunehmen - ich war mir verdammt klar darüber, daß ich niemals ein Filmstar werden würde. Das ist allzu schwierig, und wenn man intelligent ist, ist es heikel. Meine Komplexe sind nicht tiefgelagert genug - Filmstar zu sein und ein dickes fettes Ich zu besitzen, das soll angeblich Hand in Hand gehen; in Wirklichkeit ist es grundlegend wichtig, überhaupt kein ich zu haben. Ich meine nicht, daß ich etwas dagegen hätte, reich und berühmt zu sein. Das liegt ganz auf meiner Linie, und eines Tages werde ich mich bemühen, es dahin zu bringen; aber wenn das geschieht, hätte ich gerne mein Ich noch an mir dranhängen. Ich möchte immer noch ich selber sein, wenn ich eines schönen Morgens in einem seidnen Himmelbett bei Tiffany aufwache, wo man mir mein Frühstück kredenzt. Sie brauchen ein Glas», sagte sie, meine leeren Hände bemerkend. «Rusty! Willst du meinem Freund bitte einen Drink bringen?»
    Sie hielt noch immer den Kater im Arm. «Armes Mistvieh», sagte sie und kraulte ihn am Kopf, «armes Mistvieh ohne Namen. Es ist ein bißchen unpraktisch, daß er keinen Namen hat. Aber ich habe kein Recht dazu, ihm einen zu geben - er muß warten, bis er jemandem wirklich gehört. Wir beide haben uns nur eben mal eines Tages nicht weit vom Fluß miteinander eingelassen, wir gehören aber nicht zusammen - er ist unabhängig und ich ebenso. Ich möchte nichts in Besitz nehmen, ehe ich nicht die Stelle gefunden habe, wo ich und mein Besitz gemeinsam hingehören.
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