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Frühstück bei Tiffany

Frühstück bei Tiffany

Titel: Frühstück bei Tiffany
Autoren: Truman Capote
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pelzig.
    «Die Kleine duscht», sagte er, indem er mit der Zigarre in Richtung auf ein Wasserrauschen nebenan deutete. Das Zimmer, in dem wir standen (standen, weil nichts da war, worauf man sich setzen konnte), wirkte, als sei eben erst eingezogen worden, man erwartete, die nasse Farbe noch zu riechen. Koffer und unausgepackte Kisten bildeten das einzige Meublement. Die Kisten dienten als Tische, eine als Untersatz für das Mixen von Martini, eine andere für eine Lampe, ein Kofferradio, Hollys roten Kater und eine Vase mit gelben Rosen, Bücherregale, die eine Wand bedeckten, protzten mit einem halben Fach voll Literatur.
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    Ich erwärmte mich sofort für diesen Raum, mir gefiel sein zu nächtlicher Flucht bereites Aussehen.
    Der Mann räusperte sich. «Werden erwartet?»
    Er fand mein Nicken unklar. Seine kalten Augen operierten an mir herum, machten saubere Untersuchungsschnitte. «Es kommen eine Menge Leute her, die werden nicht erwartet. Sie kennen die Kleine schon lange?»
    «Nicht sehr.»
    «Sie kennen also die Kleine noch gar nicht lange?»
    «Ich wohne oben.»
    Die Antwort schien genügend zu erklären, um ihn milder zu stimmen. «Ist das die gleiche Anlage bei Ihnen?»
    «Viel enger.»
    Er schnippte Asche auf den Fußboden. «Eine Abstellkammer ist das hier. Es ist unglaublich. Aber die Kleine versteht nicht zu leben, selbst wenn sie Kies genug hat.» Seine Sprechweise war metallisch abgehackt, wie ein Fernschreiber. «Also», sagte er, «was meinen Sie: ist sie nun oder ist sie nicht?»
    «Ist sie was?»
    «Eine Schwindlerin. »
    «Das hätte ich nie gedacht.»
    «Sie irren sich. Die ist eine Schwindlerin. Doch auf der anderen Seite wieder haben Sie recht. Sie ist keine Schwindlerin, weil sie wirklich so ist. Sie glaubt all den Blödsinn, den sie glaubt. Man kann ihr nichts davon ausreden. Mit strömenden Tränen habe ich es versucht. Benny Polan, hochgeachtet allerwärts, Benny Polan hat es versucht. Benny hatte es sich in den Kopf gesetzt, sie zu heiraten. Sie ging nicht darauf ein. Benny gab vielleicht Tausende aus, mit denen er sie zu Hirnputzern schickte. Selbst den berühmten, den, der nur deutsch spricht, Junge, selbst den hat er mit in den Ring geworfen. Man kann sie ihr nicht ausreden, diese -» er machte eine Faust, als zerdrücke er etwas Ungreifbares - »Ideen. Versuchen Sie es einmal. Kriegen Sie sie dazu, ihnen etwas von dem Zeug zu erzählen, das sie glaubt. Wissen Sie», sagte er, «ich mag die Kleine ja gern. Jeder mag sie, aber es gibt auch 'ne Menge, die's nicht tun.
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    Ich tu's. Ich mag die Kleine ehrlich gern. Ich bin empfindsam, daher. Man muß empfindsam sein, um sie schätzen zu können - ein bißchen was von einem Dichter. Aber ich will Ihnen mal die Wahrheit sagen. Sie können sich um ihretwillen Ihr Hirn in Stücke schlagen, und sie wird Ihnen Pferdemist auf einer Schüssel retour geben. Um nur ein Beispiel zu geben: was für eine sie ist, wenn Sie sie sich heute so ansehen?
    Ganz genau das Mädchen, von dem man lesen wird, daß sie 'ne ganze Packung Seconaltabletten bis zum Grunde geschafft hat.
    So was hab' ich passieren sehen, öfter als Sie Zehen an den Füßen haben - und diese Mädchen, die waren noch nicht mal verrückt. Und sie ist verrückt.»
    «Aber jung. Und hat noch einen guten Teil Jugend vor sich.»
    «Wenn Sie meinen: Zukunft, da irren Sie sich wieder. Also vor ein paar Jahren, drüben in Kalifornien, da gab's eine Zeit, wo es anders hätte sein können. Da hatte sie was, was für sie sprach, da war man an ihr interessiert, da hätte sie Karriere machen können. Aber wenn man einmal so einer Sache den Rücken dreht, gibt's kein Umkehren. Fragen Sie Luise Rainer. Und die Rainer war ein Star. Sicherlich, Holly war kein Star; sie ist nie aus der Statisterie 'rausgekommen. Aber das war vor der Geschichte des Dr. Wassell. Damals hätte sie's wirklich zu was bringen können. Ich weiß es nämlich, weil ich der Kerl war, der ihr den Anstoß gab.» Er deutete mit der Zigarre auf sich selbst. «O. J. Berman.»
    Er erwartete Erkennen, und mir machte es nichts aus, ihm den Gefallen zu tun, von mir aus, nur hatte ich nie von O. J. Berman gehört. Es stellte sich heraus, daß er Agent in Hollywood war.
    «Ich bin der erste, der sie gesehen hat. Draußen in Santa Anita. Jeden Tag lungert sie da in der Gegend 'rum. Ich bin interessiert - beruflich. Ich finde 'raus, daß sie irgendeinem seine Fahrplanmäßige ist, sie lebt mit dem Stück Dreck. Ich laß dem sagen, er soll
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