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Frühstück bei Tiffany

Frühstück bei Tiffany

Titel: Frühstück bei Tiffany
Autoren: Truman Capote
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Nummer, O. J.?»
    «Laß das.»
    «Das ist kein Spaß, Herzchen. Ich möchte, daß du ihn anrufst und ihm sagst, was für ein Genie der Fred ist. Er hat ganze Haufen einfach wunderbarer Geschichten geschrieben.
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    Sie brauchen gar nicht rot zu werden, Fred, Sie haben ja nichts davon gesagt, daß Sie ein Genie wären, sondern ich. Los, O. J. Was gedenkst du zu tun, um Fred reich zu machen?»
    «Wie wäre es, wenn du mich das mit Fred allein ausmachen ließest?»
    «Vergiß nicht», sagte sie im Davongehen, «ich bin seine Agentin. Noch was: wenn ich rufe, kommst du und zippst mir den Reißverschluß hoch. Und wenn jemand klopft, laßt ihr sie ein.»
    Ein ganzer Haufen tat es. Innerhalb der nächsten Viertelstunde hatte eine Herrengesellschaft die Wohnung übernommen, einige davon in Uniform. Ich zählte zwei Marineoffiziere und einen Luftwaffenoberst, doch wurden sie an Zahl von ergrauten Ankömmlingen übertroffen, die über das Einberufungsalter hinaus waren. Bis auf den Mangel an Jugend hatten die Gäste nichts miteinander gemein, sie schienen Fremde unter Fremden, tatsächlich hatte jedes Gesicht beim Eintritt sich schwer bemüht, die Bestürzung darüber, auch andere dort zu sehen, zu verbergen. Es war, als habe die Gastgeberin ihre Einladungen verstreut, während sie kreuz und quer durch verschiedene Bars zog, was wahrscheinlich der Fall war. Nach dem anfänglichen Stirnrunzeln verkehrten sie indessen miteinander ohne zu murren, vor allem O. J. Berman, der begierig die neue Gesellschaft ausnutzte, um eine Erörterung über meine Hollywood-Zukunft zu vermeiden. Ich wurde allein bei den Regalen zurückgelassen, von den Büchern dort waren die Hälfte über Pferde, der Rest Baseball. Interesse an Pferdemuskulatur und ihre Beurteilung vorschützend, hatte ich Gelegenheit genug, still für mich Hollys Freunde auseinanderzusortieren.
    Plötzlich trat einer von ihnen deutlich hervor. Es war ein ältliches Kind, das sein Babyfett bisher noch nicht abgelegt hatte, wenngleich es irgendeinem begabten Schneider nahezu gelungen war, sein dickes, zum Verprügeln einladendes Hinterteil zu tarnen. Da war nicht eine Ahnung von Knochen in seinem Körper; sein Gesicht, eine Null, ausgefüllt mit niedlichen Miniaturzügen, hatte etwas Unverbrauchtes, Jungfräuliches es war, als sei er geboren und dann aufgequollen, wobei seine Haut glatt blieb wie ein aufgeblasener Luftballon, und sein Mund, obgleich bereit zum Aufbrausen und zu schlechter Laune, ein verwöhntes Kinderschnutchen.
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    Aber es war nicht seine Erscheinung, die ihn heraushob; konservierte Babies sind nicht derart selten. Es war eher sein Benehmen, denn er führte sich auf, als sei dies seine Gesellschaft wie ein tatkräftiger Oktopus mixte er Martinis, stellte Leute einander vor und bediente den Plattenspieler. Ehrlich gesagt, seine Betriebsamkeit war zumeist von der Gastgeberin selbst diktiert: «Rusty, würdest du wohl; Rusty, könntest du bitte.» Wenn er in sie verliebt war, so hatte er offensichtlich seine Eifersucht gut im Zaume. Ein eifersüchtiger Mensch hätte wohl seine Beherrschung verlieren können, wenn er beobachtete, wie sie im Zimmer einherstreifte, in der einen Hand die Katze, die andere jedoch frei, um hier eine Krawatte zu richten oder Schuppen von einem Revers zu bürsten; der Luftwaffenoberst trug einen Orden, der sein Gutteil an Herumpoliererei abbekam.
    Der Name des Mannes war Rutherford («Rusty») Trawler. 1908 hatte er beide Eltern verloren, seinen Vater als Opfer eines Anarchisten und die Mutter am Schock, welch doppeltes Unglück aus Rusty eine Waise, einen Millionär und eine Berühmtheit gemacht hatte, alles im Alter von fünf Jahren. Seitdem war er ständiger Füller aller Sonntagsbeilagen, eine Folgeerscheinung, deren Triebkraft zugenommen hatte, seit er, noch als Schuljunge, seinen Paten-Vormund unter Anklage der Sodomie hatte verhaften lassen. Danach hielten ihm Heirat und Scheidung seinen Platz an der Sonne der Illustrierten. Seine erste Frau hatte sich selbst und ihre Unterhaltsgelder zu einem Rivalen von Father Divine getragen. Die zweite Frau schien nicht näher erklärt, aber die dritte hatte ihn im Staate New York, dank einer ganzen Mappe voll verfänglichen Beweismaterials, vor Gericht gebracht. Er selber ließ sich von der letzten Mrs. Trawler scheiden, wobei sein hauptsächlicher Anklagepunkt anführte, daß sie eine Meuterei auf seiner Yacht angezettelt habe, welch selbige Meuterei darin endete, daß man ihn auf den Dry
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