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Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Titel: Frisch gepresst: Roman (German Edition)
Autoren: Susanne Fröhlich
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dieses Problem zu haben. Frau Tratschner wuchtet sich umständlich auf die Bettpfanne. Was wünscht man in einer solchen Situation: »Ordentlichen Haufen!«, »Gut Schiß!« oder nur »Fröhliche Verrichtung!«? Bevor ich überhaupt irgend etwas sagen kann, knattert es los. Wie bei einer Mini-Maschinenpistole.
    »Na also, das hört sich doch vielversprechend an«, jauchzt Inge. Will die hier ’ne Verdauungsreportage machen?
    »Ich gehe noch mal nach meiner Tochter gucken«, werfe ich in den Raum und schleiche mich davon. Allerdings nicht ohne Frau Tratschner ein ermunterndes »Toi, Toi, Toi!« zuzurufen.
    Die Frischlinge sind im Nebenraum untergebracht. 6 Winzlinge in häßlichen Miniatur-Gitterbetten auf Rollen. Jedes mit einem riesigen Namensschild versehen. Damit nur ja kein Wunderkind mit einem anderen vertauscht wird. Der Alptraum. Nach Jahren zu merken, daß man einem wildfremden Kind die Karotten reingestopft und die Töpfchen geleert hat.
    Wenn sie schlafen, sind sie wirklich herzergreifend. So zart und klein. Und so unbeschreiblich ruhig. In fast jedem Bettchen liegt ein Kuscheltier. Von den stolzen Vätern oder den verklärten Paten. Schon hier die ersten Klassenunterschiede. Kindern aus feineren Familien leistet zumindest ein Sigikid oder sogar ein Steifftier Gesellschaft. Die anderen haben No-Name-Viecher. Ich sag’s immer, die Welt ist halt nicht gerecht. Obwohl’s den Babys wahrscheinlich schnuppe ist. Jedenfalls jetzt noch. Später kann einen so was traumatisieren. Eine falsche Jeans und du bist out. Ich mußte Jinglers tragen und das in Wrangler-Zeiten. Noch dazu alte Jinglers von irgendeinem bescheuerten Cousin. Zweiten Grades. Da half kein Jammern und Meckern, meine Eltern blieben knochenhart. »Die ist noch gut, und außerdem ist Jeans gleich Jeans.« Fatal.
    Und hier werden vor meinen Augen Neugeborene auf die gleiche Art stigmatisiert. Nur merken sie es noch nicht. Angeblich können sie sowieso noch nicht klar sehen. Nehmen nur Farben wahr. Besonders Rot. Der Gedanke tröstet mich. Sind exklusive Kuscheltiere letztlich nicht nur Statussymbole für Eltern? Hat sich da schon mal einer mit beschäftigt? Wäre doch ein brisantes Thema für eine Pädagogen-Promotion. »Die gesellschaftlichen Auswirkungen von postnatalen Kuscheltiergeschenken«.
    Aus einem Bettchen dringen zarte Grunzgeräusche. Unsensible Zeitgenossen würden es höchstwahrscheinlich als ein aufkeimendes Schnarchen bezeichnen. Es ist Claudia. Die einzige in einer noch kuscheltierfreien Zone. Atmet sie so schwer, weil sie auch gern eins hätte? Sind es erste Neidattacken? Hat sie Alpträume, oder liegt’s an den Genen? Schließlich ist sie auch die Tochter von Christoph. Und der macht nachts Geräusche, daß man denken könnte, ein mittleres Beben erschüttere das Haus. Man gewöhnt sich aber dran. Ans Schnarchen. In den ersten gemeinsamen Nächten habe ich gedacht, das überlebe ich nicht. Aber mehr noch als dieses immer wiederkehrende Geräusch hat mir Christophs komplette Ignoranz zu schaffen gemacht. Der hat sein Schnarchen einfach verleugnet. Richtiggehend beleidigt war er. Dabei habe ich in den ersten Wochen, den hormonellen Hochphasen, selbstverständlich nichts gesagt. Aber irgendwann ist es auch mal gut. Ich wollte endlich wieder eine Nacht durchschlafen und habe es gewagt, den Herrn Juristen auf seine nächtlichen Geräusche anzusprechen. Sogar auf die Witzige, morgens beim Frühstück. »Hör mal, Christoph, mein Liebling«, (getreu nach dem Motto meiner Mutter – erst bauchpinseln, dann angreifen), »ich habe heute nacht wieder Stunden damit zugebracht, dich im Schlaf anzuschauen.« Das geht ihm runter wie Öl. Männer glauben einfach alles. Jedenfalls alles, was mit der Bewunderung ihrer Person zu tun hat. Der denkt doch ernsthaft, ich läge nachts wach, um mich an seinem Antlitz zu erfreuen. Das Selbstbewußtsein hätte ich gern. Im umgekehrten Fall wäre mir es bestimmt peinlich. Hat er eventuell gesehen, wie mir der Sabber aus dem Mund lief? Habe ich geschmatzt? Hing mir ein Popel in der Nase? Wahrlich keine atemberaubend romantische Vorstellung. Egomäßig können wir von Männern echt jede Menge lernen. Während ein gütiges Lächeln seine Lippen umspielt, rücke ich mit der Wahrheit raus: »Wenn ich weiterhin so unruhig schlafe, nutzt selbst die beste Liposomencreme nix. Christoph, du schnarchst erbärmlich, und das halte ich nicht mehr aus.« Er guckt, als hätte ich gedroht, ihm die Eier abzuschneiden. Und das
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