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Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Titel: Frisch gepresst: Roman (German Edition)
Autoren: Susanne Fröhlich
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wahrnehmen: Achtung, hier sind männliche Hormone im Spiel?
    Ob das der Grund ist, weshalb Schwester Huberta ihren Damenbart nicht entfernt? Oder weiß sie nur nicht, wie? Ich würde mich auch schwertun.
    Miriam, eine rassige Schwarzhaarige mit Kleopatrafrisur, meine umschwärmteste Kollegin, leidet unter dem gleichen Problem. Sie zupft ihren Flaum mit der Pinzette aus. Haar für Haar. Heimlich. Ich habe es selbst gesehen. In der Damentoilette. »Die wachsen, als bekämen sie es bezahlt«, pflegt sie zu sagen.« In der Frühstückspause ist noch alles okay, und eine Viertelstunde später sprießen schon wieder die ersten.« Deswegen sieht Miriam auch häufig aus, als hätte sie fettig gegessen und versehentlich ihren Mund nicht abgewischt. Völlig falsch. Es ist viel simpler. Niveacreme. Muß nach dem Zupfen sofort fingerdick aufgetragen werden. »Sonst schwillt dir die Partie zwischen Oberlippe und Nase, als hättest du mit Henry Maske trainiert«, erklärt sie ihre Fettcremabhängigkeit.
    Ich beschließe, Schwester Huberta zu fragen, wieso sie ihren Bart behält. Natürlich nicht jetzt, vor versammelter Zimmerbelegschaft und Christoph. Soviel Feingefühl muß sein.
    Die bärtige Huberta verläßt mit Claudia auf dem Arm den Raum, nicht ohne Christoph zuzuzischen: »Also, jetzt sollten die jungen Mütter aber wirklich ihre wohlverdiente Ruhepause haben.«
    Und mein Christoph spurt. »Selbstverständlich, Schwester Huberta.« Er gibt mir einen fetten Schmatz auf die Stirn und verspricht morgen zur Frühstückszeit wieder da zu sein. »Liebe Grüße auch von deinen Eltern, deinem Bruder und Sabine, die kommen moin mittag«, und weg ist er. Eine himmlische Stille in unserem feschen Drei-Mädel-Zimmer.
    Ich beschließe, ein bißchen zu lesen, zum Schlafen bin ich doch noch zu aufgedreht. Bücher liebe ich. Mit neuer deutscher Experimentallyrik und solchen Dingen habe ich es allerdings weniger. Ich mag Bodenständiges. Psychothriller, Krimis und das, was Buchhändler etwas spöttisch »anspruchsvollere Belletristik« nennen. Mit neuen deutschen Schreibern wie Bodo Kirchhoff (Mira aus meinem Büro nennt ihn einen aalglatten eingebildeten Fatzken) und ähnlichen Typen kann man mich jagen. Ohne jetzt anzugeben, ich habe ihn sogar schon mal live erlebt. In einer Bar. Keine von diesen plüschigen Hotelbars mit zweifelhaftem Flair, sondern eine coole hippe Szenebar. Ganz in Blau. Da saß er am Tresen. Mit strengem Gesicht und schrieb wie ein Besessener in ein Spiralringbuch. Ab und zu ein genervter Blick auf meine Freundinnen und mich. Ein Blick wie auf ungezogene Kinder. So nach dem Motto: »Muß das Gegickel denn sein, kann man denn nirgends seine Ruhe haben.« Wirklich uncharmant. Selbst mein strahlendstes Lächeln auf die entdeckte Literaturprominenz blieb unerwidert. Er sieht ja an sich nicht schlecht aus, aber selbst das aparteste Gesicht leidet unter einer solchen Muffelmiene. Bevor ich je wieder ein Buch von diesem Gockel anrühre, muß viel passieren. Ich habe mir an diesem Abend geradezu geschworen, daß ich nichts kaufe, auf dem der Name Bodo Kirchhoff steht. Vielleicht geht ihm dann das Geld aus, das er braucht, um abends in Bars rumzulungern und netten jungen Frauen den Abend zu versauen. Obwohl es mich schon interessieren würde, ob wir in einem seiner Werke auftauchen, so hektisch wie der in seinen Spiralblock gekritzelt hat. Ich lese es direkt:
    Laut und bunt quillt ihnen der Unrat aus den geschminkten Mündern. Wortmüll, leere Hülsen. Ihre fahrigen, aufgeregten Bewegungen zappeln ins Nichts der Albernheiten. Überschminkte Dummheit.
    Irgendwas in der Art, nur ausgewalzt auf Hunderte von Seiten.
    Trotzdem: Meine grauenvollste Vorstellung ist es, irgendwo warten zu müssen und nichts zu lesen parat zu haben. Selbst auf einem Kurzstreckenflug nach Hamburg habe ich mindestens 7 Bücher dabei. Ich gehe eben gerne auf Nummer Sicher. Für meinen Gebäraufenthalt habe ich sieben Romane eingepackt. Großzügige Kalkulation: ein Buch pro Tag. Eine Woche will ich schon bleiben. Ich gehöre nicht zu den heldenhaften Frauen, die nach der Geburt aufspringen und sich nichts Schöneres vorstellen können, als schnurstracks nach Hause zu fahren. Ambulante Geburt nennt sich dieser Schrecken. Breitbeinig und bleichgesichtig verlassen da Frauen ein warmes Nest, um möglichst schnell all die Arbeit alleine zu machen. Sicher, möglich ist das. Hat meine Oma schon immer gesagt: »Ihr jungen Dinger macht ein Geschiß um das
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