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Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Titel: Frisch gepresst: Roman (German Edition)
Autoren: Susanne Fröhlich
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ohne Betäubung. Pikiert, bedroht und tief verletzt.
    »Mein Gott, Christoph, du bist kein Päderast oder so; du schnarchst nur. Und das nervt.« Nachdem er den ersten Schock verdaut hat, ist er sogar in der Lage zu antworten. Süffisant grinsend: »Also Andrea, alles, was recht ist. Ich habe sicherlich nicht nur gute Eigenschaften. Aber ein Schnarcher bin ich nicht. Das wüßte ich ja wohl, das hätte mir Mutti längst gesagt.«
    Hat er bis zu meinem Erscheinen sein Bettchen mit Mutti geteilt? Da tun sich ja Abgründe auf durch eine harmlose Anklage. Christophs Mutti, für mich nach 2 Jahren und etwa 87 sonntäglichen Kaffeebesuchen mittlerweile die Inge, ist eine Mutti, wie man sie nicht besser erfinden könnte. Eine üppige Kittelschürzenträgerin, die ihren Sohn begluckt, als wollte sie den Internationalen Hennenwettbewerb gewinnen. Sie ist das lebende Klischee. Eine Frau, über die man, träte sie im Film auf, sagen würde: Na, das ist ja wohl bißchen übertrieben. Manchmal ist die Realität grotesker als jedes Kino. Christoph weiß genau, was da läuft, will ihr aber ihren »Spaß« nicht nehmen. Wirklich ein großzügiger Zug von ihm. Er läßt sich von vorne bis hinten von Mutti bedienen, aber eben nur, weil er sie nicht kränken will. Ein Kampf gegen eine solche Übermama verbietet sich. Die Niederlage wäre vorprogrammiert. Tolerieren und bestmöglich ignorieren, so mache ich es. Na ja, ich probiere es. Momentan jedoch habe ich die Faxen dicke: »Christoph, es ist mir ausnahmsweise mal total wurscht, was deine Mutti meint. Trag’s mit Fassung: Du bist ein Schnarcher. Und zwar keiner von der harmlosen Sorte.« Wumms, das war deutlich. Aber eine Frau in seinem Leben sollte ihm doch mal die Wahrheit sagen. Er grummelt ein: »Na, wenn du meinst, aber ich muß jetzt trotz dieser amüsanten Beschuldigungen arbeiten.« Und weg war er. Das angebissene Croissant und das frisch geköpfte Ei habe ich vor lauter Wut selbst gegessen.
    Am Abend dann Gefriertruhenstimmung. Wenn der sauer ist, dann richtig. Ich rege mich schnell auf, aber auch wieder ab. Bei ihm hat so ein Wortgefecht Langzeitwirkung. Nachtragend wie nur was, der Schnarcher. Es gibt ja Frauen, die dann um die männliche Primadonna rumhüpfen, charmant und witzig um die Gunst von Ihro Gnaden buhlen. So was ist mir zu doof. Beleidigte Leberwürste bekommen nicht auch noch lecker Essen gekocht.
    Aber so ist die Welt: Schlechtgelaunte Zeitgenossen müssen nur einmal ein freundliches Gesicht machen und schon ist die Umgebung verzückt. Optimistische Menschen wie ich, die mal schlecht gelaunt sind, kassieren die volle Breitseite. Ausdauernd »Schlecht-drauf«-Leute machen mir miese Laune. Und die kann ich nicht brauchen. Also lasse ich den Muffelbock Christoph vor dem Fernseher und ziehe mich zurück. Ins Bett. Der wird sich schon wieder einkriegen. An solchen nicht gerade vielversprechenden Abenden gehe ich am liebsten früh ins Bett. Lese einen netten Schmöker und gönne mir eine Tafel Vollmilchnuß. Irgendwann kommt er dann angeschlunzt, als wäre nie was gewesen, und ich großherziges Wesen verzichte darauf, in der Wunde rumzubohren, und schwuppdiwupp ist alles wieder gut. Aussitzen ist eine meiner Spezialitäten. »Kommen lassen« nennt man das beim Fußball. Diesmal scheint es nicht geklappt zu haben. Ich werde mitten in der Nacht wach. Von einem dezenten Schnarchen. Anscheinend hat meine Frühstücksansprache sein Unterbewußtsein erreicht und wenigstens die Phonzahl beeinflußt. Ich drehe mich nach links. Das Bett ist leer. Da, wo normalerweise Christoph selig schnarcht, liegen nur noch ein paar Bröckchen Vollmilchnuß. Die Bettdecke ist auch weg. Schwer zu finden ist er nicht. Immer nur dem Schnarchen nach. Im Wohnzimmer werde ich fündig. Auf der Couch hat er sich ausgebreitet. Was für eine Taktik. Die »Ich opfere mich für dich auf«- und »Wo bleibt dein Mitleid«-Masche. Darauf falle ich nicht rein. Immerhin hat er sich freiwillig auf die Couch gelegt. Kein Zwang meinerseits. Andererseits scheint mir das die optimale Situation, um einen perfiden Plan auszuführen.
    Im Dunkeln kruschpele ich meine Polaroidkamera raus. Und den Kinderkassettenrekorder mit dem angeschlossenen Mikro. Seit Jahren schleppe ich den von Umzug zu Umzug. Nach dem Motto: Vielleicht kann ich ihn ja irgendwann noch brauchen. Jetzt ist seine Stunde da. Kassette rein und die Record-Taste gedrückt. Nach 10 Minuten reicht’s. Noch eine schöne Aufnahme vom schlafenden
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