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Friesenschnee

Titel: Friesenschnee
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Seebad begeben, um bei einem Buch im Sonnenlicht zu entspannen und nach den turbulenten Ereignissen in Utersum ein wenig nachzudenken. Entkleiden mochte er sich nicht, dafür war die Luft in den letzten Tagen zu sehr abgekühlt, und auch das Wasser war deutlich kälter geworden.
    Nur wenige verwegene Badenixen tummelten sich im Schwimmbereich.
    Dennoch war es angenehm, in der Abdeckung der Windschutzwand die Lektüre zu genießen. Das Ende des Buches war ein wenig abstrus und brutal, aber das war wohl gerade modern. Stuhr entschloss sich, ein letztes Mal zum Abschluss der Saison in der Förde zu baden.
    Das kurze Bad kostete reichlich Überwindung. Schnell entstieg er wieder dem Wasser und rubbelte sich gegen das Frösteln kräftig ab. Die kühle Luft strich unangenehm um seinen Körper. So zog er sich rasch an und eilte der warmen Dusche in der Umkleidekabine entgegen.
    Nach dieser wohltuenden Aktion entschied er sich, die verbleibende Zeit in der windgeschützten Seebar zu verbringen, die dieses Mal angenehm leer war. Ein Barkeeper war weit und breit nicht zu sehen, und so begann er, die dicke Samstagsausgabe der Kieler Rundschau zu studieren.
    ›Friesenschnee‹ titelte der riesige Aufmacher.
    Das wäre auch kein schlechter Buchtitel, dachte Stuhr.
    Deutlich kleiner war darunter der erste Hinweis auf Ohmsen zu lesen: ›Kieler Drogenbaron auf der Flucht‹. Stuhr begann, den Leitartikel zu lesen. Das meiste wusste er jedoch bereits von Olli und Hansen. Für Hansen waren die Veröffentlichungen vermutlich nicht schlecht, denn beim Ausheben eines Dealernestes in dem Studentenheim hatte die Bester ganze Fotoserien mit ihm schießen lassen. Irgendwie tat Stuhr der überrumpelte dunkelhäutige Student auf den Fotos fast ein wenig leid bei dem gewaltigen Polizeiaufgebot, wenngleich natürlich mit Drogenhandel nicht zu spaßen war.
    Magnussen kam bei der Bester als unfähiger Chef schlecht weg, das würde seiner Karriere sicherlich nicht förderlich sein. Auch das würde Hansen erfreuen.
    Etliche Verdächtigungen und Andeutungen folgten in der Rundschau, aber auch ein Bild von den festgenommenen falschen Hualewjonken mit dem Präsi, der ein Siegeszeichen in die Kamera reckte. Auf Seite zwei folgte ein kleineres umrahmtes Bild, das er interessiert studierte. Das war also Hans-Harald Ohmsen, der Oberschurke, seit gestern Abend unauffindbar in der Nordsee verschollen.
    War das nicht sein Sitznachbar von letzter Woche, der neben ihm an gleicher Stätte genüsslich Cocktails geschlürft hatte? Unwillkürlich blickte Stuhr auf die Villen oberhalb des bewaldeten Hanges zum Hindenburgufer.
     
    Endlich tauchte der Barkeeper auf, bei dem Stuhr einen Kaffee orderte, um sich von innen zu erwärmen. Für einen Grog war es noch zu früh, auch von der Jahreszeit her.
    Stuhr vertiefte sich wieder in die Zeitung. Aber klar, das war Ohmsen. Beteiligungen in Hamburg und auf der ganzen Welt hatte er gehalten. Als Dienstleister war er mit Kokain im Geschäft. Ein schlimmer Finger also.
    Das hatte man ihm nicht angemerkt, wenngleich dieser Ohmsen irgendwie aus dem Gleichgewicht geraten wirkte. Zu früh die vielen Cocktails, und dann auch noch diese irritierende Tätowierung auf dem Handrücken. Das passte nicht zu einem gut aussehenden Mann, der auf sein Renommee bedacht war.
    Wollte das Blatt den verdächtigen Personen gerecht werden oder schlicht die Leser zur Auflagensteigerung unterhalten? Ihm taten die sinnlos gefällten finnischen Wälder leid, auf denen jetzt Petra Bester wieder einmal Unmengen von Druckerschwärze aus der Rotationspresse verschwendet hatte.
    Genervt schmiss Stuhr die Zeitung auf die weiß gepolsterten Sitze.
    Im nächsten Moment hob Dr. Trutz die Zeitung behutsam wieder auf. Während er die Blätter sortierte, konnte er sich einen Tadel nicht verkneifen. »Wie unsanft gehen Sie denn mit meinem Klienten um, Herr Stuhr? Herrn Ohmsen werde ich posthum noch zum Heiligen erklären lassen. Ich habe alle erforderlichen Vollmachten von ihm in der Hand, um ihn reinwaschen zu können. Danach werde ich am Hindenburgufer eine Bronzebüste von Hans-Harald Ohmsen errichten lassen, ähnlich der von Graf Luckner. Frau Dr. Rieder ist übrigens ebenfalls mehr als enttäuscht.«
    Stuhr hielt dagegen. »Von wem denn?«
    Trutz sah ihn erstaunt an. »Na, von Ihnen natürlich.«
    Stuhr war erbost. »Arschloch!«
    Der Rechtsanwalt entgegnete gelassen: »Angenehm, Dr.Trutz.« Dann setzte er noch einen drauf. »Arschloch, das hat Frau Dr.
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