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Friesenschnee

Titel: Friesenschnee
Autoren: Gmeiner-Verlag
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kleine Hund angeschossen. Halbedel hatte panische Angst vor Hunden und trat ihm mit dem Fuß brutal in die Schnauze, um ihn von sich fernzuhalten.
    Das passte Ohmsen überhaupt nicht, denn er wusste genau, dass sich jeder Hundehalter sofort auf die Suche nach seinem vermissten Liebling begeben würde. So schnappte er sich einen Knüppel und wartete ab. Wenig später beugte sich erwartungsgemäß die Halterin über ihren Hund. Ohmsen schlich sich leise heran und schlug mehrfach kräftig zu. Dabei erkannte Halbedel trotz der Finsternis die niedergeknüppelte Kramer. Er ist Ohmsen deswegen sofort an die Gurgel gesprungen, aber der knüppelte weiter.
    Ohmsen hatte allerdings nicht damit gerechnet, auf einen schlanken Frauenkörper einzuschlagen, und war später selbst über die Schwere der Verletzungen erschrocken.
    Zur Tarnung wollte Ohmsen Kramers Körper auf das unwirtliche abgezäunte Gelände des Wasserturms zerren, doch Halbedel wehrte das ab, weil nichts auf das Schauspiel im Wasserturm hinweisen sollte. Ohmsen beschloss daraufhin, ihren Körper zu entkleiden, um ein Sexualverbrechen vorzutäuschen und von der Theatertruppe und Halbedel abzulenken. Dann hat er die Flucht angetreten.«
    Gespannt fragte Stuhr nach: »Warum?«
    »Halbedel muss trotz des Rausches bewusst geworden sein, dass die Polizei ihm wegen der Bekanntschaft mit der Kramer schnell auf die Schliche kommen würde. Er war aber nicht mehr klar genug im Kopf, um zu flüchten.«
    Stuhr wirke unzufrieden. »Schade, dass man nicht wissen kann, was in diesem Moment in Halbedel vorgegangen ist.«
    Hansen bestätigte das. »Richtig, mit letzter Gewissheit können wir es nicht belegen, aber unsere Psychologen haben versucht, Halbedels Situation zu analysieren. Vermutlich sah er bei seinem Vorstrafenregister nur noch einen Ausweg: aus dieser Welt zu scheiden. Als Halbedel bei der Vorstellung im Wasserturm die Pistolen eingesammelt hatte, hätte er bereits kurzen Prozess machen können. Doch ohne großen Abgang verlässt ein Schauspieler nicht die Bühne. Deswegen hat er mit seiner Geiselnahme des Publikums den massiven Einsatz von Polizeikräften um den Turm herum veranlasst. Als sich genug Menschen um den Turm versammelt hatten, ist er hochgestiegen und hat auf dem Dach den Hamlet gegeben, bevor er abgeschmiert ist. Der Schuss des Polizisten Kramer scheint ihn eher irritiert zu haben.«
    Stuhr fasste nach. »Und Hans-Harald Ohmsen hatte nun das Problem, dass Pimmel keinen Drogenverteiler mehr hatte, richtig? Wie kam der denn ausgerechnet auf Olli?«
    »Nun, nach dem Tod von Halbedel hatten sich die Dinge für Ohmsen zwar zunächst günstiger entwickelt, als zu erwarten war. Wir waren schließlich anfänglich auf Halbedels Theatertruppe fixiert. Ohmsen hatte sich gewundert, dass sich Immel für die Auslieferungen des Stoffs ausgerechnet Olli geschnappt hatte, der ihm im Café Mondragon die Telefonnummer für Immel in die Hand gedrückt hatte. Aber Olli war auch Hamburger, und letztendlich hatte Immel kaum eine andere Wahl. Nach dem nicht ganz unerwarteten, aber doch zur Unzeit kommenden Herzinfarkt von diesem Nöffi im Café Mondragon wollte er zunächst den Wirt aus den Erika-Stuben für seine Zwecke einspannen, den alle Bombenleger nannten. Das ging aber nicht. Um die Konzession für den Betrieb des Tanzcafés nicht zu gefährden, musste Bombenleger dort einspringen, weil er als einziger von Pimmels Freunden nicht einschlägig vorbestraft war. So war Immel notgedrungen auf Olli gekommen. Zuerst war Ohmsen noch misstrauisch. Deswegen hatte er sich bei Pimmel ausbedungen, als Letzter auf der Auslieferungsliste zu stehen, damit er die Zuverlässigkeit des neuen Lieferanten einschätzen konnte. Über die Türkamera seiner Villa in der Bismarckallee hatte Ohmsen dann mitverfolgt, wie Olli bei ihm ergebnislos an der Haustür klingelte.«
    Plötzlich flog die Tür zur Rezeption auf und die Hotelangestellte kam triumphierend mit Frau Dr. Rieder hereinmarschiert.
    Schnell stand Hansen auf und nahm seinen Hut. Er verabschiedete sich mit leiser Stimme von Olli und Stuhr, denen das Frühstück im Munde stecken geblieben war. »Heute Nachmittag in Kiel noch einen kleinen Absacker? Tschüss.«
    Dann grüßte er die beiden Damen und flüchtete vor dem großen Donnerwetter aus dem Frühstücksraum.

Friesenschnee
    Dieses Mal hatte Dr. Trutz ihn in die Seebar gebeten, für 16Uhr. Aber da Stuhr Termine grundsätzlich nur selbst setzte, hatte er sich bereits mittags in das
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