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Friesenrache

Friesenrache

Titel: Friesenrache
Autoren: authors_sort
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welches sie durch das Umrühren ihres Tees mit den kleinen silberfarbenen Löffeln verursachten, waren zu hören. Haie ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Das Mobiliar war alt und abgenutzt. In den Fugen zwischen den Kacheln über der Spüle hatten sich schwarze Stockflecken gebildet. Der Linoleumfußboden wies Risse und Löcher auf.
      »Weiß man denn eigentlich schon, wie das mit Kalli passiert ist?« Er konnte seine Neugierde nicht länger im Zaum halten.
      »Ulf war gestern noch auf der Polizeiwache«, sie nahm einen Schluck Tee, »aber der Kommissar weiß auch nichts.«
      Haie konnte sich nur schwer vorstellen, dass die Polizei noch keine Erkenntnisse über den Fall gewonnen hatte. Im ganzen Dorf kreisten ja bereits wilde Spekulationen über den möglichen Mörder, wie er bei seinem gestrigen Besuch in der Dorfwirtschaft erfahren hatte. Und so ganz aus der Luft gegriffen waren die vermutlich alle nicht. Schwer zu glauben, dass die Witwe davon noch nichts mitbekommen hatte. Gut, der Hof lag etwas außerhalb des Dorfes. Aber selbst wenn Sophie Carstensen noch keines der Gerüchte erreicht hatte, sie selbst machte sich doch bestimmt Gedanken darüber, was geschehen war.
    »Und was denkst du?«
    »Ich?« Sie tat, als verstünde sie seine Frage nicht.
    »Na ja, was glaubst du, was passiert ist?«
      Sie rührte schweigend in ihrer Tasse. Haie beobachtete sie dabei. Die dunkelhaarige Frau, an deren Schläfen erste silbrige Strähnchen das ansonsten beinahe pechschwarze Haar durchzogen, wirkte verängstigt. Natürlich hatte die Nachricht über den Tod ihres Mannes sie erschreckt und der Verlust sie in eine tiefe Trauer gestürzt. Aber die nervös umherhuschenden Augen, die zittrige Hand, mit der sie krampfhaft den metallenen Löffel umklammerte, zeugten von einem Unbehagen, unter dem diese Frau bereits seit Jahren leiden musste.
      »Hat Friedhelm sich denn schon bei dir gemeldet?«, wechselte er das Thema, da er auf seine vorangegangene Frage keine Antwort mehr erwartete.
      »Friedhelm?« Sie blickte erstaunt auf. »Wieso sollte er?«
      »Na, Kalli war immerhin sein Bruder.«
      Haie hatte zwar inzwischen von dem Familienstreit erfahren, fand es jedoch selbstverständlich, dass Friedhelm in dieser Situation mit der Schwägerin Kontakt aufnahm. Fragend blickte er die Witwe an und wollte gerade einen weiteren erklärenden Kommentar anfügen, als es plötzlich an der Haustür klopfte. Sophie Carstensen stand eilig auf, froh dieser verhörartigen Atmosphäre entkommen zu können.
      Kurz darauf kehrte sie mit Kommissar Thamsen zurück in die Küche.
      »Herr Ketelsen«, begrüßte dieser ihn und reichte ihm die Hand.
      Haie erhob sich und erwiderte den Gruß.
      »Ja, ich will dann auch gar nicht länger stören.« Er wollte nicht den Anschein erwecken, als stecke er seine Nase wieder in Dinge, die ihn nichts angingen. Doch Dirk Thamsen war angesichts des übereilten Aufbruchs neugierig geworden. Außerdem war er sich sicher, dass dem Hausmeister sicherlich Tatsachen über den Ermordeten bekannt waren, die für seine weiteren Ermittlungen relevant sein konnten.
      »Meinetwegen brauchen Sie Ihren Kondolenzbesuch nicht überstürzt abzubrechen. Kannten Sie den Verstorbenen gut?«
      Haie zuckte mit den Schultern.
      »Was heißt gut?«, antwortete er ausweichend und erzählte von seiner gemeinsamen Schulzeit mit Kalli Carstensen. Der Tod des Schulfreundes habe ihn selbstverständlich berührt, obwohl sie in der letzten Zeit weniger Kontakt gehabt hatten.
      »Weiß man denn schon etwas über die Todesursache?«
      Haie packte nun die Gelegenheit beim Schopfe.
      »Vermutlich ein Verkehrsunfall.«
      »Ein Unfall? Mit Fahrerflucht?«
      Thamsen nickte, obwohl das seiner Ansicht nach nicht ganz den Tatsachen entsprach. Immerhin hatte irgendjemand den Geschädigten nach dem Unfall in das Maisfeld verschleppt.
      »Kalli ist überfahren worden?«, schaltete sich Sophie Carstensen in die Unterhaltung ein. Sie zitterte vor Aufregung. Halt suchend, griff sie mit der unverletzten Hand nach der Tischkante.
      »Ja, es tut mir leid. Ich muss Ihnen aber dennoch ein paar Fragen stellen.« Der Kommissar wartete, bis die Witwe am Küchentisch Platz genommen hatte. Haie stand etwas unschlüssig daneben. Zu gern hätte er natürlich erfahren, was die Polizei bisher herausgefunden hatte und zu welchen verdächtigen Personen Thamsen die Hinterbliebene eventuell befragen wollte. Er
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