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Friesenrache

Friesenrache

Titel: Friesenrache
Autoren: authors_sort
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dich erst mal.« Marlene war aufgestanden und fasste Haie am Arm. Der ließ sich bereitwillig von ihr auf einen der Küchenstühle bugsieren und einen frisch gekochten Tee eingießen. Eilig griff er nach der Tasse, als ob er etwas zum Festhalten suchte, und schüttelte dabei immer wieder den Kopf.
      Tom und Marlene warteten geduldig, bis er den ersten Schluck getrunken hatte.
      »Ich kann das gar nicht fassen. Der Kalli ist tot. Und gleich bei mir hinterm Haus.«
      »Wer ist denn dieser Kalli?«, fragte Marlene.
      Haie blickte die beiden zunächst verständnislos an, dann aber schien ihm bewusst zu werden, dass die Freunde ja gar keine Ahnung davon hatten, was an diesem Morgen passiert war und wen Ingwer Feddersen mit dem Maisgebiss seines Häckslers buchstäblich aufgegabelt hatte.
      »Also der Kalli, das ist ein alter Schulfreund von mir. Nach dem Abschluss hatten wir zwar nicht allzu viel Kontakt. Wie das halt so ist«, versuchte Haie, den Umstand zu erklären, dass er gegenüber den beiden noch nie ein Wort über den angeblichen Freund verloren hatte. »Aber wir haben uns hin und wieder bei Max getroffen und über die alten Zeiten geplaudert. Was er jetzt so macht, hm gemacht hat«, verbesserte er sich, »weiß ich eigentlich nicht so genau. Auf jeden Fall hat er im Maisfeld gelegen. Vermutlich tot. So genau kann man das wohl noch nicht sagen. Der Ingwer hat jedenfalls einen Mordsschrecken bekommen.«
      »War denn die Polizei schon da?«
      Haie nickte. Deshalb sei er überhaupt aufmerksam geworden. Als er sein Fahrrad aus dem Schuppen holen wollte, hatte er das Blaulicht gesehen.
      »Kommissar Thamsen führt wohl die Ermittlungen. Hab ihn jedenfalls gesehen. Aber die lassen einen da ja nicht so dicht rankommen. War alles abgesperrt.«
      Die beiden nickten. Sie kannten den Kommissar ziemlich gut. Vor etwas mehr als zwei Jahren – im Frühjahr 1997 – war Marlenes Freundin Heike tot in der Lecker Au gefunden worden, und Thamsen hatte damals in dem Fall ermittelt. Sie dachten nicht gerne daran. Marlene schmerzte der Verlust immer noch sehr. Allerdings hatten sie in Hauptkommissar Thamsen eine Art Freund gefunden, wenn man in solch einem Fall überhaupt von Freundschaft sprechen konnte. Immerhin hatte er nur seine Arbeit getan. Dennoch war Marlene ihm bis heute dankbar, dass er letztendlich den Mörder ihrer Freundin hinter Gitter gebracht hatte.
      »Was meinst du, wer Kalli umgebracht haben könnte?«
      Haie zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. So gut kannten wir uns leider nicht mehr. Man hat sich eben doch nach der Schulzeit zu sehr aus den Augen verloren. Vielleicht hatte er Feinde oder Neider? Schließlich war er nicht arm. Sein Hof läuft gut, soviel ich weiß.«
      »Wo liegt denn dieser Hof?«
      »Im Herrenkoog. Riesiges Gehöft und jede Menge Land. Und geerbt hatte er jetzt auch noch.«
      »Geerbt? Vielleicht hat es damit etwas zu tun?«
      Das konnte Haie sich jedoch nicht vorstellen.
      »Da gibt's nur noch den Bruder. Friedhelm. Der war
    mit seinem Erbteil wahrscheinlich mehr als zufrieden. Ist eher so'n Bescheidener. War er schon immer.«
      »Aber ich glaube kaum, dass da draußen jemand rumläuft und grundlos irgendwelche Leute umbringt«, äußerte Marlene ihre Sicht der Dinge.
      »Also grundlos passiert hier in der Gegend garantiert nichts«, stimmte Haie ihr zu.
      Sie waren schon eine Weile befreundet, hatten eine Menge zusammen erlebt. Kennengelernt hatten sie sich, als Tom wegen seines nun verstorbenen Onkels zurück nach Risum-Lindholm gekommen war. Allein das war eine lange Geschichte. Toms Onkel war viele Jahre für den Mörder eines kleinen Mädchens gehalten worden. Zwar wurde er damals aus Mangel an Beweisen freigesprochen, aber im Dorf waren alle fest davon überzeugt gewesen, dass er das Mädchen umgebracht hatte. Bis Tom nach dessen Tod den Fall mit Haies Hilfe neu aufrollte und die Wahrheit ans Licht brachte.
      Leider waren damals auch weniger erfreuliche Dinge zutage befördert worden. So lebte Haie seit dieser Zeit getrennt von seiner Frau Elke. Die Trennung und die ersten Monate danach waren ihm sehr schwergefallen. Er hatte sich zurückgezogen, eingeigelt, in Selbstmitleid gesuhlt. Tom und Marlene waren zunächst etwas ratlos gewesen. So hatten sie den Freund noch nie erlebt. Ihnen war klar geworden, dass sie Haie aus der Krise herausholen und ihm helfen mussten, sein Leben Stück für Stück wieder auf die Reihe zu
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