Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Friedhof für Verrückte

Friedhof für Verrückte

Titel: Friedhof für Verrückte
Autoren: Ray Bradbury
Vom Netzwerk:
würdest du nicht tun!«
    »Wäre schon möglich.«
    »Freunde erpressen sich nicht gegenseitig mit ihrer Freundschaft.«
    »Ein Grund mehr zu reden. Fang an.«
    Roy, der noch immer halb in seiner weggerissenen Maske steckte, sagte sehr leise: »Meine Kreaturen sind daran schuld. Niemand hat je meine Lieblinge, meine Tierchen angerührt. Ich habe sie mit meinem Herzblut erschaffen. Sie waren perfekt. Ich war Gott. Was hatte ich außer ihnen? Bin ich jemals mit der besten Turnerin der Klasse oder einem Mädchen von den Cheerleadern ausgegangen? Gab es in all den Jahren Frauen in meinem Leben? Pustekuchen. Ich legte mich mit meinen Brontosauriern schlafen. In der Nacht flog ich mit meinen Pterodaktylen durch die Lüfte. Kannst du dir vorstellen, was in mir vorging, als jemand meine unschuldigen Lämmchen dahinmordete, meine Welt zerstörte und meine urzeitlichen Traumgefährten schlachtete? Ich war außer mir. Ich kannte mich nicht wieder.«
    Roy verstummte einen Moment hinter seiner fürchterlichen Maske. Dann fuhr er fort: »Herrgott, es war alles so einfach. Schon von Anfang an fügte sich eins ins andere, aber ich habe dir nichts davon gesagt. Erinnerst du dich an die Nacht, als ich dem Monster auf den Friedhof folgte? Ich war so verrückt nach dem verdammten Biest. Ich hatte Angst, du würdest mir den Spaß verderben. Spaß!? Leute geben ihr Leben dafür hin! Ich sah ihn also in seinem Grab verschwinden und nicht mehr herauskommen, ohne daß ich ein Wort darüber verlor. Ich wußte, daß du mir Einhalt geboten hättest, doch ich mußte dieses Gesicht haben, diese schreckliche Maske – für unser episches Meisterwerk! Also hielt ich die Klappe und machte die Lehmbüste. Und dann? Du wärst beinahe gefeuert worden, ich mußte das Gelände sofort verlassen! Dann wurden meine Saurier zertrampelt, meine Dekorationen verwüstet und meine gräßliche Skulptur in Stücke geschlagen. Ich drehte durch. Doch dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen: es gab nur eine Person, die für die Zerstörungen in Frage kam. Nicht Manny, und auch sonst niemand, den wir kannten. Das Monster selbst! Der Bursche aus dem Brown Derby. Doch woher wußte er von meiner Lehmbüste? Es hatte ihm doch niemand davon erzählt! Nein! Ich dachte an die Nacht zurück, als ich ihm in den Friedhof neben dem Studio gefolgt war. Herrje, so mußte es sein! Hinein in die Gruft und unter der Mauer durch, tief in der Nacht hinüber ins Studio, wo er mein Duplikat mit eigenen Augen gesehen hatte und explodiert war.
    Ich heckte auf der Stelle eine Menge verrückter Pläne aus. Ich wußte, daß ich ein toter Mann war, wenn mich das Monster fand. Also brachte ich mich selbst um! Verwischte meine Spur. Wenn das Monster mich für tot hielt, konnte ich es meinerseits aufspüren, es stellen und mich an ihm rächen! Also knüpfte ich mein Ebenbild auf. Du hast es als erster gesehen. Dann fanden sie es und verbrannten es. In jener Nacht stieg ich über die Mauer. Du weißt, was ich dort entdeckte. Ich versuchte es an der Gruft, die Tür war nicht verschlossen. Ich ging hinein, stieg hinunter und lauschte hinter dem Spiegel in Mannys Büro! Ich war begeistert! Das war alles so fantastisch. Das Monster kontrollierte das Studio, ohne sich zu zeigen. Also hieß es nun: den Saukerl am Leben lassen, abwarten und sich seiner Macht bedienen. Das Monster nicht töten, sondern selbst Monster spielen, das Monster sein! Und, mein Gott, siebenundzwanzig, achtundzwanzig Länder in der Hand haben, die ganze Welt! Und später, wenn die Zeit reif dafür sein würde, ganz einfach wieder anspaziert kommen, neu geboren werden und ihnen erzählen, ich sei mit Gedächtnisschwund herumgeirrt oder sonst eine verrückte Geschichte, was weiß ich; ich hätte mir schon etwas ausgedacht. Mit dem Monster ging es sowieso zu Ende, das konnte man deutlich sehen. Ich versteckte mich, beobachtete und lauschte, und dann streckte ich es auf halber Strecke zwischen Gruft und Studio, im Filmgewölbe, nieder. Die Maske! Als das Monster mich plötzlich in dem Gewölbe vor sich stehen sah, war es so geschockt, daß ich es leicht niederschlagen und einsperren konnte. Dann ging ich nach oben, um seine Macht zu testen, die Stimme hinter dem Spiegel. Ich hatte das Monster im Brown Derby reden gehört, später im Tunnel und hinter der Wand zum Büro. Ich flüsterte und nuschelte und, zack, zack, zack! war Tote reiten schneller wieder im Programm, du und ich standen wieder auf der Gehaltsliste! Ich wollte mich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher