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Friedhof für Verrückte

Friedhof für Verrückte

Titel: Friedhof für Verrückte
Autoren: Ray Bradbury
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und Groc waren also reich, oder nicht? Mit Geld, bei Gott, kann man wirklich alles kaufen! Jahre des Schweigens! Und so war alles in bester Ordnung. Die Filme und das Studio, von dem Zeitpunkt an stiegen die Profite sogar noch, und ich blieb immer hübsch verborgen, keiner ahnte etwas davon. Die Aktien standen hervorragend, was die New Yorker glücklich machte, bis …«
    Es hielt inne und ließ ein tief verzweifeltes Stöhnen hören.
    »Jemand hat etwas entdeckt.«
    Stille.
    »Wer?« fragte ich zögerlich in die Dunkelheit.
    »Doc. Der Chirurg vom Dienst. Meine Zeit ist abgelaufen.« Eine neuerliche Pause, dann: »Krebs.«
    Ich wartete, daß er weiterredete, sowie er wieder zu Kräften gekommen war.
    »Krebs. Ich weiß nicht, wem von den anderen Doc davon erzählt hat. Einer von ihnen wollte sich davonmachen; das Geld schnappen und dann verschwinden. Aus diesem Grund fing das Bangemachen an. Er wollte alle mit der Wahrheit erschrecken. Dann … Erpressung … er wollte Geld.«
    Groc, dachte ich, doch laut sagte ich: »Wissen Sie, wer es war?« Und dann fragte ich: »Wer stellte die Puppe auf die Leiter? Wer schrieb den Brief, der mich zum Friedhof lockte? Wer bestellte Clarence vor das Brown Derby, damit er mit Ihnen zusammentraf? Wer inspirierte Roy Holdstrom dazu, die Büste eines möglichen Monsters für einen unmöglichen Film herzustellen? Wer versorgte J. C. mit Unmengen von Whiskey, in der Hoffnung, er würde durchdrehen und alles ausplaudern? Wer?«
    Bei jeder Frage bewegte sich die riesige Masse hinter der dünnen Holzwand; das Monster zitterte, saugte pfeifend Luft ein, stöhnte sie wieder heraus, als bedeutete jeder Atemzug die Hoffnung auf Überleben, jedes Ausatmen eine Einladung an die Verzweiflung.
    Nach einer langen Pause sagte er: »Als die ganze Sache anfing, mit der Leiche auf der Mauer, hatte ich jeden in Verdacht. Es wurde immer schlimmer mit mir. Ich wurde rasend vor Wut. Doc, dachte ich, nein. Ein Feigling, und zu naheliegend. Er hatte die Krankheit schließlich entdeckt und mich darüber aufgeklärt. J. C? Schlimmer als feige, einer, der jeden Abend bei seiner Flasche Zuflucht sucht. Nicht J. C.«
    »Wo ist J. C. jetzt, in dieser Nacht?«
    »Irgendwo begraben. Ich hätte ihn am liebsten eigenhändig unter die Erde gebracht. Ich machte mich daran, jeden unter die Erde zu bringen, einen nach dem anderen, ich wollte jeden loswerden, der versuchte, mir weh zu tun. Ich hätte J. C. erstickt, so wie ich Clarence erstickt habe. So, wie ich auch Roy umgebracht hätte, hätte er das nicht, wie ich annehmen mußte, bereits für mich erledigt. Aber Roy war nicht tot. Er war es, der J. C. umbrachte und dann begrub.«
    »Nein!« schrie ich.
    »Es stehen so viele Gräber zur Verfügung. Roy hat ihn irgendwo untergebracht. Armer, trauriger Jesus.«
    »Roy! Nie und nimmer!«
    »Warum denn nicht? Wir würden alle töten, wenn wir die Gelegenheit dazu hätten. Wir träumen nur vom Morden, doch wir tun es nicht. Es ist schon spät geworden, lassen Sie mich meine Geschichte zu Ende bringen. Doc, J. C. oder Manny, dachte ich, wer würde es wagen, mich fertigzumachen und davonzulaufen? Manny Leiber? Nein. Eine Platte, die ich jederzeit auflegen konnte, und immer würde ich die gleiche Melodie hören. Nun, dann blieb nur noch – Groc! Er hatte Roy eingestellt, aber ich hatte immer gedacht, nur aus dem Grund, um Sie für die große Suche zu arrangieren. Woher hätte ich wissen sollen, daß die große Suche mir galt!? Daß ich mich als Lehmfigur wiederfinden würde! Ich, oh, ich war sehr wütend. Doch jetzt – ist es vorbei.
    Ich tobte und brüllte vor Zorn, doch mit einem Mal dachte ich: es reicht. Ich war müde, so verflucht müde, nach all den Jahren, zu viel Blut, zu viele Tote, und alles vorbei jetzt, und dann noch Krebs. Und dann traf ich auf das andere Monster, unten im Tunnel, in der Nähe der Gruft.«
    »Das andere Monster?«
    »Ja«, stöhnte er. Sein Kopf berührte die Seitenwand des Beichtstuhls. »Suchen Sie ihn. Sie dachten doch nicht etwa, Sie hätten es nur mit mir zu tun, oder doch?«
    »Ein zweites …«
    »Ihr Freund. Derjenige, dessen Büste ich zerstörte, nachdem ich sah, daß er mein Gesicht getroffen hatte. Derjenige, dessen Städte ich mit meinen eigenen Füßen zertrampelte. Der, dessen Dinosaurier ich zerfetzte … Er hat das Studio in seiner Gewalt!«
    »Das … das ist unmöglich!«
    »Idiot! Er hat uns reingelegt. Er hat Sie reingelegt. Als er sah, was ich seinen Viechern, seinen
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