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Fridolin zieht nach Berlin

Fridolin zieht nach Berlin

Titel: Fridolin zieht nach Berlin
Autoren: T Tippner
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Kirschen!“
    „Der alte Bauer“, zischte Mike und kletterte so schnell den Zaun hinauf, dass Fridolin es kaum mitbekam. Es erinnerte schon beinahe an Magie.
    „Warte“, rief Anna und sprang ebenfalls auf den Zaun. Doch sie war leider nicht so geschickt wie Mike und auch nicht so gelenkig. In ihrer Angst rutschte sie zweimal ab, brach dabei eine Latte aus dem Zaun und zerriss sich, als sie sich endlich hinüber schwang, auch noch die Hose.
    „Beeil dich“, rief Mike und lief schon die Straße hinunter.
    „Euch kriege ich!“, brüllte der Bauer und warf ihnen seine Zeitung hinterher, traf sie aber nicht. Mike lachte, Anna schluchzte und Fridolin wusste nicht, was er von dem Abenteuer halten sollte, das sie soeben erlebt hatten.
    „Wie soll ich das bloß meiner Mama erklären?“, fragte Anna nicht zum ersten Mal, während sie mit Fridolin und Mike die Straße hinunter schlenderte und von dem regen Treiben der Großstadt gar nichts mitbekam. Ihre Sorge war so groß, dass sie aussah, als würde sie jeden Moment zu weinen beginnen.
    Fridolin war ihr dabei keine große Hilfe. Er war noch immer so aufgeregt und aufgewühlt, dass er wieder und wieder versuchte, an Annas Beinen hinaufzuspringen, damit sie ihn endlich streichelte.
    Anna dachte aber nicht im Traum daran. Sie war viel zu sehr mit sich und ihrer Hose beschäftigt, als auch nur einen Gedanken an Fridolin zu verschwenden.
    Mike war ebenfalls keine große Hilfe. Sie lachte und freute sich, klatschte in die Hände, stampfte immer wieder mit dem linken Fuß auf, um die Glocken an ihrem Schuh auch richtig laut schellen zu lassen.
    „Die Hose ist völlig kaputt“, seufzte Anna.
    „Na und?“ Mike zuckte mit der Schulter und begann, um einen Laternenpfahl zu tanzen. „Vergiss es.“
    „Was soll ich vergessen?“
    „Deine kaputte Hose.“
    „Die war gerade neu.“
    „Jetzt ist sie kaputt“, grinste Mike, und in ihren Worten lag eine offene Logik, die Fridolin nicht abstreiten konnte.
    „Ja, aber …“
    „Ein Aber bringt nichts, weißt du doch, nur Taten bringen dich voran.“
    „Meine Tat hat mir meine Hose kaputt gemacht“, schnaufte Anna und versuchte wieder, die an der Naht aufgerissene Hose zusammenzudrücken.
    „Eine gute Tat. Ich hab keine heilen Sachen in meinem Kleiderschrank. Bringt ja wieso nichts. Geht doch alles irgendwann einmal kaputt.“
    „Alle deine Sachen haben mindestens ein Loch?“
    „Wer gibt sich schon mit einem Loch zufrieden?“, gab Mike an und wischte mit der Hand durch die Luft. „Ich habe unzählige Löcher in meinen Klamotten. Drei, wenn nicht sogar vier.“
    „Und was sagt deine Mama dazu?“
    „Gar nichts.“
    „Nichts?“ Anna konnte es nicht glauben.
    „Warum sollte sie? Sie ist die Mutter aller Löcher!“
    Mike lachte wieder, drehte sich noch einmal um den Laternenpfahl und sprang dann den Kantstein rauf und runter, rauf und runter, bis sie an eine große Kreuzung kamen, an der Fridolin schmerzhaft daran erinnert wurde, dass sie doch in einer Großstadt lebten.
    Ein paar Jugendliche kamen auf sie zu, lachten und scherzten, schubsten, drängelten und rempelten dann auch noch die beiden Mädchen an. Fridolin bekam einen leichten Tritt ab und jaulte kläglich auf. Eigentlich hatte er gar keine Schmerzen, aber der Schreck, als sich ein Fuß auf seine Pfote stellte, war so groß, dass er instinktiv zu jaulen begann.
    „Passt doch auf“, rief Anna erbost den Jungen hinterher. Doch die reagierten überhaupt nicht.
    „Ein besonderer Fall von Loch im Kopf“, meinte Mike fröhlich und drehte mit ihrem Zeigefinger Luftlöcher nahe ihrer Schläfe. „Wie die meisten Jugendlichen.“
    „Das waren Rüpel!“, entgegnete Anna entrüstet.
    „Ja, und die wirft man ja auch nicht weg, nur weil sie ein Loch im Kopf haben. Also, was bringt es, schön und sauber zu sein, wenn alles irgendwann ein Loch bekommt?“
    Auf dem Heimweg lachten Anna und Mike ganz viel miteinander. Sie aßen einige der Kirschen, die sie stibitzt hatten, und unterhielten sich über Gott und die Welt.
    Fridolin, der den Gesprächen kaum ein Ohr schenkte, war von etwas ganz anderem begeistert: Auf der gegenüberliegenden Seite der Straße, in der sie jetzt wohnten, stand inmitten eines großen Rundbogens ein golden schimmernder Käfig. Darin saß ein buntgefiederter Papagei auf einer Stange und trank aus seinem Napf. Es war ein prächtiges, schönes Tier, dessen Federn in der hoch am Himmel stehenden Sonne schimmerten.
    „Hallo“, grüßte
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