Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fridolin zieht nach Berlin

Fridolin zieht nach Berlin

Titel: Fridolin zieht nach Berlin
Autoren: T Tippner
Vom Netzwerk:
Nachbarn macht.“
    „Du …“ Zornesröte stieg in Nancys Gesicht.
    „Oh, habe ich etwas verraten, das niemand wissen sollte?“
    Fridolin war begeistert. Er fand, dass das Mädchen sich richtig gut schlug, und er bewunderte ihren Mut, sich vor eine solch große Gruppe zu stellen und frech zurückzuschießen.
    „Das bekommst du wieder“, sagte Nancy mit tiefer, brummender Stimme und sah dabei aus wie ein kleines Teufelchen, das kurz davor stand, vor Wut zu explodieren.
    Anna kicherte leise. Das erste Mal, seit sie nach Berlin gezogen waren, sah sie gelöst und fröhlich aus. Und als das Mädchen mit den bunten Haaren sich wieder in Bewegung setzte und auf Fridolin zu hüpfte, erhob er sich von seinem Platz und bellte vor Freude.
    „Oh, du bist ja süß“, sagte das Mädchen. Es ging gleich in die Knie und streichelte Fridolin da, wo er es am liebsten hatte: genau hinter dem rechten Ohr. „Und wie weich du bist.“
    „Das ist Fridolin“, sagte Anna und lächelte noch immer. „Er ist mein bester Freund.“
    „Toll!“ Das Mädchen strahlte über das ganze Gesicht, als sie anfing zu erzählen: „Ich hatte auch mal so einen, genau so einen. Er war auch mein bester Freund.“
    „Wo ist er jetzt?“, fragte Anna. „Wir können ja mal zusammen spazieren gehen.“
    „Er ist nicht mehr da.“
    „Oh! Wo ist er denn?“, fragte Anna höflich und machte ein betroffenes Gesicht.
    „Den hat der schwarze Mann geholt.“
    „Der schwarze Mann?“, wollte Anna ängstlich wissen.
    „Der verfolgt mich, seit ich ganz klein bin. Nimmt mir immer wieder was weg. Hab mich aber damit abgefunden. Ich bin übrigens Mike. Und wie heißt du?“
    „Anna.“
    „Viel besser als Nancy“, grinste Mike frech und streichelte Fridolin wieder hinter dem
Ohr.
    „Ihr mögt euch nicht, oder?“, fragte Anna.
    „Ich mag jeden Menschen“, erklärte Mike mit stolzgeschwellter Brust. „Nur mögen viele Menschen mich nicht.“
     „Das ist ja schrecklich.“
    „Man gewöhnt sich dran“, erklärte Mike und erhob sich wieder. „Hast du Lust, mit mir Kirschen zu essen?“
    „Gerne“, strahlte Anna.
    „Dann komm. Ich zeig dir, wo es die besten Kirschen in der ganzen Stadt gibt.“
    Auch wenn Fridolin keine Kirschen mochte, so war er doch davon überrascht, dass man Kirschen einfach so vom Baum pflückte – dazu auch noch von einem Baum, der hinter einem hohen Zaun auf einem fremden Grundstück versteckt stand.
    Mike aber machte sich nichts daraus. Weder Baum noch Grundstück interessierten sie.
    „Komm mit“, forderte sie Anna auf, die wie angewurzelt vor dem Zaun stehengeblieben war und Fridolins Leine enger um die Hand gewickelt hatte.
    „Aber, aber …“, stammelte sie.
    „Ein Aber hat noch nie etwas gebracht, sagt meine Mama immer“, meinte Mike, die schon im Garten auf der anderen Seite des Zaunes stand. „Nur Taten bewegen was auf der Welt.“
    „Ich glaube, deine Mama hat das anders gemeint, als du denkst“, entgegnete Anna und fühlte sich ausgesprochen unwohl.
    Fridolin spürte, dass Anna hin- und hergerissen war. Einerseits erschreckte es sie, dass man einfach so über einen Zaun kletterte und putzmunter und quietschfidel Kirschen von den Zweigen pflückte. Andererseits war sie fasziniert davon, sich über Gesetze und Regeln hinwegzusetzen und sich einfach das zu nehmen, was man wollte.
    Fridolin hätte Anna gerne davor gewarnt, über den Zaun zu klettern. Und wieder einmal bereute er es, dass er die Sprache der Menschen nicht beherrschte. Wie sehr wünschte er sich, es doch zu können! Aber als er nach vorne sprang, an Annas Bein hinauf, und leise „Tue es nicht! Tue es nicht!“ bellte, war Anna schon auf den Zaun hinaufgeklettert.
    „Komm schon“, forderte Mike Anna auf, in den Garten zu springen.
    Fridolin verzweifelte. Er bellte immer lauter.
    „Dein Köter soll die Klappe halten. Der verrät uns noch!“
    „Pssst, Fridolin, pssst.“
    Fridolin resignierte. Er wusste, dass er Anna nicht mehr aus dem Garten herausbekommen würde, und so setzte er sich auf den Po und schüttelte ansatzweise den Kopf.
    Was konnte er nur machen? Gar nichts, dachte er bei sich und erschrak ebenso wie die Mädchen, als plötzlich die laute und polternde Stimme eines glatzköpfigen, dicken Mannes ertönte, der in der rechten Hand eine zusammengerollte Zeitung hielt.
    „Was macht ihr denn da?“, rief er entrüstet und sprang die beiden Treppen der Veranda herunter, die zum Haus hinauf führte. „Das sind meine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher