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Frevel: Roman (German Edition)

Frevel: Roman (German Edition)

Titel: Frevel: Roman (German Edition)
Autoren: Stephanie Parris
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möchte gern mehr über deine gewagten Theorien bezüglich des Universums hören.« Ich muss wohl etwas beklommen wirken, denn Sidney versetzt mir einen aufmunternden Rippenstoß. »Leicesters Freundschaft ist viel wert, Bruno.«
    »Ich freue mich, ihn kennen gelernt zu haben.« Ich reibe mir die Seite. »Darf ich jetzt deiner Braut meine Aufwartung machen?«
    Sidney blickt sich um, als erwarte er, dass sich jemand dieser Bitte unverzüglich annimmt. »Sie muss hier irgendwo stecken. Schwatzt und kichert vermutlich mit ihren Zofen.« Es klingt nicht so, als habe er es eilig, sie zu finden. »Aber du wirst anderswo gebraucht.«
    Er dreht sich um und verbeugt sich vor meiner Tanzpartnerin, die sich taktvoll ein paar Schritte zurückgezogen hat und uns mit sittsam gefalteten Händen unter gesenkten Lidern hervor beobachtet. »Ich entführe Euch den großen Doktor Bruno für eine Weile, bringe ihn aber so schnell wie möglich wieder zurück. Nach dem Maskenspiel wird weitergetanzt.« Das Mädchen errötet, lächelt mir schüchtern zu und verschwindet gehorsam in der bunt gemischten Gästemenge. Sidney sieht ihm belustigt nach. »Wie es aussieht, hat Lady Arabella Horton ein Auge auf dich geworfen. Lass dich von all dem Wimperngeklimper nur nicht täuschen. Der halbe Hof hat Interesse an dir gezeigt, und sie wird ihres schnell verlieren, wenn sie erfährt, dass du der Sohn eines Soldaten bist, dessen einziges Kapital in seinem Verstand und einer kleinen Zuwendung des Königs von Frankreich besteht.«
    »Ich hatte nicht vor, ihr das sofort auf die Nase zu binden.«
    »Hast du ihr erzählt, dass du elf Jahre lang Mönch warst?«
    »Auch so weit sind wir noch nicht gekommen.«
    »Es könnte ihr gefallen – vielleicht möchte sie dich gern für die verlorene Zeit entschädigen. Aber für jetzt legt dir mein frischgebackener Schwiegervater nahe, dass du vielleicht erst einmal einen Spaziergang durch den Garten machst, Bruno.«
    »Gut. Ich hatte noch keine Gelegenheit, ihm zu gratulieren.«
    Mir ist klar, dass es um etwas Geschäftliches geht. Sidney legt mir eine Hand auf die Schulter.
    »Die hatte noch niemand. Weißt du, dass er bereits heute Nachmittag für zwei Stunden verschwunden ist, um über irgendwelchen Papieren zu brüten? Während der Hochzeitsfeier seiner eigenen Tochter?« Er lächelt nachsichtig, als müsse er solche menschlichen Schwächen tolerieren, obwohl wir beide wissen, dass es Sidney nicht zusteht, sich zu beklagen; in finanzieller Hinsicht war er auf diese Heirat dringender angewiesen als die junge Mistress Walsingham, bei der ich den Verdacht hege, dass sie zu große romantische Hoffnungen in ihn setzt.
    »Ich nehme an, die Räder der Staatsmaschinerie müssen sich weiterdrehen.«
    »In der Tat. Und nun ist es an dir, diese Räder zu ölen. Geh zu ihm. Wir sehen uns später.«
    Wir werden von allen Seiten von Leuten bedrängt, die dem Bräutigam gratulieren wollen, sich gegenseitig anrempeln, aggressiv lächeln und versuchen, seine Hand zu schütteln. In dem Gewühl husche ich zur Tür.
    Draußen schlägt mir kühle, vom ersten Herbstfrost durchsetzte Nachtluft entgegen, und es herrscht Ruhe, eine willkommene Abwechslung zu dem Lärm der Feiernden drinnen. In dem nah bei dem Haus gelegenen Ziergarten sind Laternen entzündet worden, und Paare schlendern die sorgsam gepflegten Pfade entlang, tuscheln miteinander und stecken die Köpfe zusammen. Sogar in den Schatten kann ich erkennen, dass Sir Francis Walsingham hier nicht zu finden ist. Ich hebe die Arme und lege den Kopf in den Nacken, um zum Himmel emporzublicken. Die Sternenkonstellationen heben sich silbern vom tiefen Dunkelblau ab. Die Anordnung ist hier anders als am Himmel über Neapel, wo ich als Junge zuerst die Sternbilder zu bestimmen gelernt habe.
    Ich erreiche das Ende des Pfades, und da von Walsingham immer noch nichts zu sehen ist, überquere ich die weitläufige Rasenfläche und steuere auf ein Wäldchen zu, das an den Garten hinter Walsinghams Landhaus grenzt. Nach kurzer Zeit materialisiert sich ein schlanker Schatten aus dem Dunkel und kommt auf mich zu. Er scheint aus der Nacht selbst zu bestehen; ich habe Walsingham nie anders als schwarz gekleidet gesehen, noch nicht einmal heute, auf der Hochzeit seiner Tochter, und er trägt auch seine eng anliegende schwarze Samtkappe, die sein Gesicht noch ernster wirken lässt. Er ist jetzt über fünfzig, und ich habe gehört, er wäre letzten Monat krank gewesen – einer dieser
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