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Frevel im Beinhaus

Frevel im Beinhaus

Titel: Frevel im Beinhaus
Autoren: Petra Schier
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niedergeschrieben haben, aus den Gerichtsbüchern gelöscht werden. Auch die Berichte über jenen Prozess in Italien werden aus den Büchern getilgt.»
    Neklas schnaubte spöttisch. «Aus den Büchern vielleicht, aber nicht aus den Köpfen der Menschen.»
    Thomasius’ Brauen zogen sich zusammen. «Hör zu, Neklas», sagte er plötzlich scharf und in wesentlich ungeduldigerem Ton. «Der Erzbischof entschuldigt sich für die Sache, ich tue es ebenfalls. Uns blieb keine andere Wahl, ob du es glaubst oder nicht. Friedrich hält seine schützende Hand über dich. Du bleibst städtischer Medicus, deine Frau behält ihre Apotheke, und es wird alles getan, um euren Ruf wiederherzustellen.»
    «Und wie soll das gehen?», fragte Adelina zweifelnd.
    Thomasius nickte ihr zu. «Unterschätzt nicht die Macht eines guten Gerüchts. Auch der Klüngel zwischen Schöffen,Rat und Erzbischof wird Euch nicht unerheblich zugutekommen.»
    «Das wollt Ihr uns versprechen?»
    «Versprechen kann niemand etwas. Aber ich denke, Ihr lebt schon lange genug in Köln, um zu wissen, was alles möglich ist.» Nach diesen Worten verneigte Thomasius sich leicht. «Nun denke ich, dass es besser ist, wenn ich Euer Haus verlasse. Gehabt Euch wohl, Frau Adelina, und die besten Wünsche für Eure neugeborene Tochter.» Er legte den Kopf auf die Seite. «Hat sie schon einen Namen?»
    Adelina blickte ihn an. «Katharina», sagte sie und freute sich insgeheim, als sie sah, wie der Dominikaner zusammenzuckte.
    Er ließ sich jedoch nichts weiter anmerken, sondern lächelte ölig. «Gott, der Allmächtige, sei mit Euch und Eurer Familie.» Damit verließ er die Kammer.
    «Soll ich ihm nachgehen?», fragte Greverode.
    «Nein, lass ihn», antwortete Adelina. «Für heute hatte ich genug Aufregung.»
    «Er hätte aber eine Abreibung verdient.»
    Neklas lachte bitter auf. «Da beißt du bei ihm auf Granit, Schwager.» Er trat auf Greverode zu und reichte ihm die Hand. «Ich weiß zwar auch noch nicht, was ich von dir halten soll, aber ich denke, es ist an der Zeit, dir zu danken, dass du meine Frau und meine Kinder vor diesem Scheusal Emilianus gerettet hast.»
    «Das war meine Pflicht», sagte Greverode spröde, ergriff aber Neklas’ Hand. «Und sie ist meine Schwester.»
    «Zu deinem Glück, Mann.» Neklas grinste. «Du hast mir nämlich einiges an Kopfzerbrechen bereitet.»
    «Ich?» Greverode blickte ihn verblüfft an.
    Neklas warf Adelina einen kurzen Blick zu, unter dem sie verlegen errötete, dann winkte er ab. «Weißt du was, vergiss es einfach.»

31
    Zwei Wochen später
    «Das glaubst du jetzt nicht, Adelina!», rief Neklas aufgebracht, als er die Küche betrat. Sein Arztmantel war staubig und auch seine Stiefel verschmutzt. «Ich komme geradewegs vom Neumarkt, wo eigentlich gerade Vater Emilianus gehängt werden sollte.»
    Adelina, die mit Katharina auf der Ofenbank saß, hob erstaunt den Kopf. «Ist etwas vorgefallen?»
    «Ich sag ja, du wirst es mir nicht glauben», schimpfte Neklas erneut und drehte sich kurz um, als Greverode hinter ihm durch die Tür trat. «Ah, da bist du ja. Komm rein und setz dich.» Neklas griff nach dem Weinkrug auf dem Tisch und schenkte sich und seinem Schwager großzügig ein. «Erzähl meiner Frau, was wir eben miterleben durften.»
    Greverode nahm den angebotenen Becher mit einem Nicken an und trank einen Schluck. Auch seine Miene wirkte gewittrig. «Wir waren auf dem Neumarkt», begann er.
    Adelina nickte. «Das weiß ich doch.»
    «Dort sollte Emilianus heute gehängt werden.»
    «Ja, und weiter?» Allmählich wurde sie ungeduldig.
    Greverode blickte sie unfreundlich an, aber sie hatte den Eindruck, dass sein Zorn diesmal nicht ihr galt. «Der Henker war gerade dabei, Emilianus die Schlinge um den Hals zu legen, als ein Schreiber des Erzbischofs auf seinem Pferd durch die Menge preschte und lautstark forderte, man möge die Hinrichtung aussetzen.»
    «Wie bitte?» Entgeistert starrte Adelina ihren Bruder an.
    «Der Mann führte einen Brief des Erzbischofs mit sich, in dem dieser anordnete, Vater Emilianus unverzüglich in die Hacht zu überstellen und dort einzukerkern.»
    «Er soll nicht mehr hingerichtet werden?»
    «Es geht noch weiter», mischte Neklas sich ein. «Friedrich hat tatsächlich den zuständigen Richter sowie die Schöffen gebannt!»
    «Das darf doch wohl nicht wahr sein», rief Adelina empört. «Wie kann er das tun, nach allem, was geschehen ist? Will er Emilianus etwa davonkommen lassen?»
    Greverode
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