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Freude am Durchblick

Freude am Durchblick

Titel: Freude am Durchblick
Autoren: Ursula Buechler , Klaus Juergen Becker
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als sie mit mir schwanger wurde. In der gesamten Zeit der Schwangerschaft war meine Mutter erhöhten nervlichen Belastungen ausgesetzt und ihr Körper war in einem Dauer-Alarmzustand. Meine traumatische Geburt (Kaiserschnitt, Hasenscharte) war für meine Eltern sicher ebenso eine Herausforderung wie die Notwendigkeit, für das Überleben der kleinen, neuen Familie zu sorgen.
    Meine Kindheit war geprägt von vielen Umzügen in weit entfernte Städte, da mein Vater jede Chance wahrnahm, für uns Geld zu verdienen bzw. ein besseres Einkommen zu erzielen. So fühlte ich mich als Kind oftmals doppelt fremd: in einer fremden Stadt, mit einem befremdenden Aussehen. Ich wurde oft gehänselt wegen meiner Hasenscharte und zog mich gerne in meine eigene (Lese-)Welt zurück.
    Irgendwann kam ich in die Schule, wo ich lesen und schreiben lernen sollte. Ich setzte mich in die vorderste Reihe, damit ich ein wenig von dem erkennen
konnte, was der Lehrer auf die Tafel geschrieben hatte. Doch selbst in der vordersten Reihe fiel mir dies schwer.
    Eines Tages saß ich bei meinen Eltern im Auto in einem Stau auf der Autobahn und meine Mutter bat mich, das Nummernschild des vorausfahrenden Autos zu entziffern. Dies konnte ich nicht, da das Auto zu weit weg war. Daraufhin entschieden meine Eltern, dass ich zum Augenarzt sollte, um meine Sehfähigkeit zu überprüfen. Dieser entdeckte: Ich war bereits mit acht Jahren stark kurzsichtig. Ich bekam meine erste Brille. Diese erlebte ich als Trennung, aber auch als Schutz vor der mir eher als bedrohlich erscheinenden Umwelt.
    Oftmals erlebte ich die anderen Menschen »wie hinter Plexiglas«. Bekannte nannten mich oftmals »Panzer«, weil ich so undurchdringlich und starr erschien. Brach einmal die Mauer auf, die sich zwischen mir und den anderen befand, empfand ich Hilflosigkeit, Ohnmacht und wurde von nicht kontrollierbaren, beängstigenden Gefühlen überflutet, sodass ich meine Mauer so schnell wie möglich wieder hochzog.
    Heute würde ich sagen: Meinen Augen fehlte das Lächeln. Oftmals, wenn ich jemanden anschaute, reagierte dieser ärgerlich und schrie mich an: »Was wollen Sie denn von mir?« Liebevoll zu schauen ist offenbar keine Frage des Wollens, sondern erst dann möglich, wenn wir die Starre aus unserem Blick gelöst haben.
    Da ich die Menschen um mich herum, die mir so fremd erschienen, näher verstehen wollte, machte ich im Jahr 1988 eine Ausbildung zum Diplom-Lebensberater und begann Selbsthilfebücher zu schreiben. Damit verbunden war ein Berufswechsel vom Vertriebsmanager zum Life-Coach.
    Meine erste Begegnung mit der Sehtherapie begann mit einem Therapeuten in einem Therapie- und Meditationszentrum in München. Der Therapeut kreiste mit einem Kugelschreiber vor meinem Auge und bat mich, mit meinen Augenbewegungen dem Kugelschreiber zu folgen. Innerhalb weniger Minuten bekam ich einen Wutausbruch und ich ahnte, wie viel unterdrückte Wut hinter meinen erstarrten Augen lag. Es begann eine Zeit tiefster therapeutischer Prozesse, und jedes Mal, wenn ich mich meinen aufsteigenden Gefühlen, meiner Wut, meiner Ohnmacht, meiner Angst gestellt hatte, war mir, als würde die Welt ein wenig liebevoller ausschauen – bis eines Tages andere Menschen auf mich zukamen, die mich bisher gemieden hatten und meinten, ich hätte einen liebevollen Blick.
    Wie wichtig die Augen sind, erfuhr ich in einer Begegnung mit meinem späteren Meister Rajinder Singh. 1995 war ich im Cirkus-Krone-Bau in München, um diesen Meister des Surat Shabd Yoga zu erleben. Als ich durch Zufall dem Meister
in die Augen blickte, sah ich in seinen Augen die Lichtkraft von 1 000 Sonnen und eine Liebe, die nicht von dieser Welt ist. Ich wurde sein Schüler und hörte später, dass der Meister 90 % seiner Lehre über das Licht und die Liebe seiner Augen auf seine Schüler überträgt.
    Kurz darauf war ich bei einer indischen Heiligen namens Mutter Meera zu einem Darshan (= Begegnung mit einem/einer Heiligen). Der Darshan bestand darin, dass jeder Besucher einen kurzen, aber tiefen Augenblick von der Heiligen erhielt, in dem die Heilige genau die Qualität an den Besucher übermittelte, die für den Besucher und sein Leben gerade besonders wichtig war. Als die Reihe an mich kam, schaute mich Mutter Meera mit der Unschuld und der Reinheit eines Rehs an, und ihr Blick berührte in einer solchen Tiefe mein Herz, dass ich diesen Blick – auch wenn er nur eine einzige Minute dauerte – bis zum heutigen Tage in meinen
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