Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Freude am Durchblick

Freude am Durchblick

Titel: Freude am Durchblick
Autoren: Ursula Buechler , Klaus Juergen Becker
Vom Netzwerk:
Sehtherapie beschäftigen zu können.
    In der Sehtherapie deckte mir Ursula Büchler das rechte Auge zu und ließ mich mit der Stimme meiner Mutter sprechen, während ich Ursula Büchler durch das linke Auge ansah. Erstaunlicherweise fiel es mir sehr leicht, mich in meine eigene Mutter zu verwandeln. Als ich durch das linke Auge blickte und Ursula Büchler mich fragte, welches der ideale Abstand sei, in dem ich mich mit ihr wohlfühlen würde, waren dies drei Meter. Ich verstand sehr viel über meine mütterlichen Prägungen und wie sie sich in der Art und Weise, wie ich durch das linke Auge blicke, widerspiegelten. Mir war auch klar, warum meine Mutter eine Unmenge von »drei Meter Menschen« um sich scharte, Freundinnen, mit denen sie in naher, aber nicht allzu intimer Entfernung zusammen sein konnte.
    Danach deckte Ursula Büchler das linke Auge ab und ließ mich die Rolle meines Vaters einnehmen, während ich Ursula Büchler durch das rechte Auge ansah. Augenblicklich rutschte ich in die Rolle meines Vaters und konnte sehr viel von ihm verstehen. Zu Beginn des Gesprächs war ich, während ich durch das Vaterauge blickend meinen eigenen Vater spielte, eher barsch und ablehnend gegenüber Ursula Büchler. Die ideale Entfernung war mindestens fünf Meter, am liebsten wäre mir gewesen, sie wäre aus dem Zimmer gegangen. Nachdem Ursula Büchler aber meiner Ablehnung standgehalten hatte, ohne sich aufzudrängen, wünschte ich mir sehr viel mehr Nähe, etwa einen halben Meter von mir entfernt. Mir wurde klar, warum meine Eltern ein völlig unterschiedliches Verständnis von Nähe und Distanz hatten. Dies erklärte mir meine eigenen inneren Spannungszustände, in denen ich mich jahrzehntelang befunden hatte. Und mir wurde bewusst, warum ich eigentlich ein Leben lang auf der Suche nach der rechten Form von Nähe – und Distanz – in meinen Beziehungen war.
    In einer weiteren Sitzung arbeitete Ursula Büchler mit der Methode »Stift und Kerze«. Sie hielt mir ein Auge zu und fuhr mit einem Stift vor meinem Auge hoch und runter, rechts und links und bat mich dabei, mit meinem jeweils geöffneten Auge dem Stift zu folgen, den Kopf dabei aber ruhig zu halten. In einer Diagonalen, ausgehend von der Mitte nach Nord-Nord-West, begann mein Auge zu zittern und ganz unruhig zu werden und in der Bewegung zu stocken.
    Dann gab sie mir den Kuli selbst in die rechte Hand und bat mich, in der gleichen Diagonale, die Bewegung selbst zu vollziehen. Meine Schulter fühlte sich schwer an und hakte – offenbar war meine Schulter mit meinem Auge verschaltet. Ursula Büchler fragte mich, welches Gefühl auftaucht. In mir machte
sich starker Argwohn bemerkbar. Ich fühlte mich zurückversetzt in mein Kinderzimmer. Die Tapete war ziemlich schwarz. Meine ganze Brust war angespannt. Ich wollte wegsinken in meiner Ohnmacht, mir war, als wenn ein schwarzer, alles verschluckender Nebel aufsteigen würde.
    Ursula Büchler nahm nun eine Kerze, zündete sie an und hielt sie an die Stelle vor meinem Auge, wo die Augenbewegung zu stocken begonnen hatte. Ich fühlte nun Skepsis . Auf einmal erlebte ich mich als mein eigener Vater. Ich sah meinen eigenen Vater skeptisch schauen und sich fragen, ob die Leute ihm etwas Gutes wollen. Durch das Licht der Kerze wurde der Blick meines Vaters durch mich weicher.
    Es tauchte ein weiteres Bild auf von meinem Vater: wie er im Krieg als zwölfjähriger Junge ein Gewehr in der einen Hand und in der anderen einen Verbandskasten hielt und Verwundete versorgte. Ursula Büchler ließ mich als erwachsener Klaus zu meinem Vater in seiner damaligen Situation reisen und die folgenden Worte an ihn richten: »Ich komme aus der Zukunft zu dir. Ich bin aus Liebe zu dir auf diese weite Reise gegangen. Alles, die Welt um dich herum, wird sich gut entwickeln. Ich weiß es.«
    Ich fühlte eine tiefe Entspannung und Gelöstheit. Ich konnte auf einmal verstehen, warum mein Vater ein Leben lang so skeptisch war und früher aus seinen Augen wie aus Schießscharten geschaut hatte. Auch die tiefe Sehnsucht meines Vaters nach Frieden wurde mir bewusst.
    Hinterher verglichen wir die Grafiken der Hornhaut (auch Cornea-Aufnahme genannt) für das rechte Auge vor und nach der Behandlung: Auch dem ungeübten Betrachter zeigt sich bei der Cornea-Aufnahme unten rechts eine deutliche Entspannung und eine souveräne Ausdehnung. (Die Bedeutung der Cornea-Aufnahme wird im Kapitel »Die Cornea (Hornhaut)« erklärt.)
    Bild 1
    Cornea-Aufnahme vor
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher