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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana
Autoren: Sterbenskalt
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böse oder so. Bloß ...«
    »Nein, ich
versteh schon. Hab ich mir gedacht.«
    Jackie
sagte: »Ich werde ihnen sagen, dass du dich nach ihnen erkundigt hast.«
    »Tu das.
Und falls sich irgendwann mal was ändert, sag mir Bescheid, okay?«
    »Mach ich. Danke für dein Angebot.« Ich sagte: »Was ist
mit Holly?«
    »Was soll mit ihr sein?«
    »Wird sie in Zukunft bei Ma willkommen sein?«
    »Möchtest du das denn? Ich war mir sicher, du ...«
    »Ich weiß
es nicht, Jackie. So weit bin ich noch nicht. Wahrscheinlich nicht, nein. Aber
ich möchte genau wissen, wo sie steht.«
    Jackie
seufzte, ein leises, trauriges Flattern. »Das weiß doch keiner so richtig.
Nicht bis ... du weißt schon. Bis sich alles ein bisschen beruhigt hat.«
    Bis man
Shay vor Gericht gestellt und freigesprochen hatte oder bis er
schuldiggesprochen und zu zweimal lebenslänglich verknackt worden war. In jedem
Fall wäre zumindest mit entscheidend, wie Hollys Aussage gegen ihn ausfiel.
Ich sagte: »Ich kann es mir nicht leisten, so lange zu warten, Jackie. Und ich
kann es mir nicht leisten, dass du dich mir gegenüber zierst. Es geht um meine
Tochter.«
    Wieder ein
Seufzen. »Francis, ehrlich gesagt, wenn ich du wäre, würde ich sie erst mal
eine Weile auf Abstand halten. Ihretwegen. Alle sind völlig fertig, bei allen
liegen die Nerven blank, früher oder später würde einer irgendwas sagen, das
sie verletzen könnte — nicht absichtlich, aber ... Warte erst mal ab. Meinst
du, das geht? Es macht ihr doch hoffentlich nicht zu viel aus, oder?«
    Ich sagte:
»Damit kann ich umgehen. Aber, Jackie, es ist so: Holly ist fest davon
überzeugt, dass die Sache mit Shay ihre Schuld ist und die ganze Familie das
auch so sieht. Wenn ich sie von Ma fernhalte - was mir weiß Gott nicht
schwerfallen würde -, wird sie das nur noch mehr bestärken. Ehrlich gesagt,
mir ist scheißegal, wenn das hundertprozentig stimmt und alle anderen in der
Familie beschlossen haben, sie als Aussätzige zu behandeln, aber sie soll
wissen, dass du dabei die Ausnahme bildest. Die Kleine ist am Boden zerstört,
und sie hat schon so viele Menschen verloren, dass es für ein ganzes Leben
reicht. Sie soll wissen, dass du noch für sie da bist, dass du keineswegs die
Absicht hast, sie zu verlassen, und dass du ihr nicht mal eine Sekunde lang die
Schuld dafür gibst, dass uns allen der Himmel auf den Kopf gefallen ist. Hast
du damit irgendein Problem?«
    Jackie gab
bereits bestürzte und mitfühlende Laute von sich. »Ach, um Himmels willen, das
arme Herzchen, wieso sollte ich ihr denn die Schuld geben - sie war doch noch
nicht mal geboren, als das alles angefangen hat! Drück sie ganz fest von mir
und sag ihr, ich komm sie besuchen, sobald ich Zeit hab.«
    »Gut. Das
dachte ich mir. Aber wenn ich ihr das sage, nützt das gar nichts: Sie muss es
von dir hören. Kannst du sie mal anrufen und dich mit ihr verabreden? Beruhig
die arme Kleine ein bisschen, ja?«
    »Das mach
ich, klar. Weiß du was, ich mach das jetzt sofort, ich darf gar nicht daran
denken, dass sie zu Hause sitzt und sich Vorwürfe macht und Sorgen —«
    »Jackie«,
sagte ich. »Moment noch.«
    »Ja?«
    Ich hätte
mich ohrfeigen können, dass ich diese Frage stellte, aber sie kam trotzdem
heraus. »Eins noch, wo wir gerade beim Thema sind. Hör ich in Zukunft auch
noch mal von dir? Oder nur Holly?«
    Die Pause
dauerte nur eine Sekunde, aber das genügte. Ich sagte: »Liebes, wenn nicht,
komm ich schon damit klar. Ich kann nachvollziehen, dass du da deine Probleme
hast. Ich würde einfach nur gern wissen, worauf ich mich einstellen muss. Ich
finde, das spart allen Beteiligten Zeit und Mühe. Dagegen ist doch nichts einzuwenden,
oder?«
    »Nein,
überhaupt nichts. Ach Gott, Francis ...« Rasches Luftschnappen, fast
krampfartig, als hätte sie einen Schlag in die Magengrube bekommen. »Natürlich
melde ich mich wieder. Ganz bestimmt. Aber ... es könnte sein, dass ich ein
bisschen Zeit brauche. Ein paar Wochen, vielleicht, oder ... Ich will dir
nichts vormachen: Mein Kopf ist ganz leer. Ich weiß nicht mehr, was ich denken
soll. Es könnte eine Weile dauern, bis ...«
    »Klingt
einleuchtend«, sagte ich. »Glaub mir, das Gefühl kenn ich.«
    »Es tut
mir leid, Francis. Es tut mir so furchtbar leid.«
    Ihre
Stimme klang dünn und verzweifelt, bis auf den letzten Faden ausgefranst. Ich
hätte schon ein noch größeres Schwein sein müssen, als ich es ohnehin bin, um
ihr noch zusätzlich Vorhaltungen zu machen. Ich sagte:
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