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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana
Autoren: Sterbenskalt
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hinter mir
spüren, ihre Wärme, wie ein klares weißes Licht, das ruhig und stetig in dem
dunklen Wintergarten leuchtete. Das allein half mir, nach Hause zu kommen.
     
    23
     
    ICH LIESS MEINE FAMILIE IN RUHE, während Stephen auf Hochtouren an
seinem Fall arbeitete und erreichte, dass Shays Kautionsantrag abgelehnt und er
wegen Mordes in zwei Fällen in Untersuchungshaft genommen wurde. George, der
Gute, ließ mich wieder zur Arbeit kommen, ohne eine Miene zu verziehen. Er
schusterte mir sogar die Leitung einer neuen und irrsinnig komplizierten
Operation zu, bei der es um Litauen, Kalaschnikows und etliche faszinierende
Typen namens Vytautas ging und in die ich locker Hundertstundenwochen stecken
konnte, falls mir danach war - und mir war danach. Unter Kollegen wurde
gemunkelt, dass Rocky aufgrund meiner nonchalanten Missachtung der Vorschriften
eine empörte Beschwerde eingereicht hatte und dass George gerade lange genug
aus seinem halbkomatösen Zustand aufgetaucht war, um ihm mit der
hyperpingeligen Anforderung weiterer Informationen, bitte schriftlich und in
dreifacher Ausfertigung, so viel Papierkram aufzuhalsen, dass er jahrelang
damit zu tun haben würde.
    Als ich
mir ausrechnete, dass die emotionale Fieberkurve meiner Familie vielleicht um
ein paar Grad gefallen sein könnte, suchte ich mir einen Abend aus und fuhr
früher als sonst von der Arbeit nach Hause, so gegen zehn. Ich klatschte
irgendwas aus dem Kühlschrank zwischen zwei Scheiben Brot und aß es. Dann ging
ich mit einer Zigarette und einem edlen Glas Jameson-Whiskey auf den Balkon und
rief Jackie an.
    »Jesses«,
sagte sie. Sie war zu Hause, im Hintergrund lief der Fernseher. Ihre Stimme war
vor Überraschung ausdruckslos. Ich konnte nicht heraushören, was in ihr
vorging. Zu Gavin: »Es ist Francis.«
    Ein
unverständliches Gemurmel von Gav, und dann wurden die Geräusche des
Fernsehers leiser, weil Jackie offenbar aus dem Zimmer ging. Sie sagte:
»Jesses. Ich hätte nicht gedacht ... Aber wie geht's dir denn?«
    »So lala.
Und dir?«
    »Ach, na
ja. Kannst du dir ja denken.«
    Ich sagte:
»Wie geht's Ma?«
    Ein
Seufzen. »Ach, Francis, nicht besonders.«
    »Inwiefern?«
    »Sie sieht
ein bisschen krank aus, und sie ist furchtbar still — was ihr nicht gerade
ähnlich sieht, wie du weißt. Mir wäre wohler, wenn sie die ganze Zeit
rumschimpfen würde.«
    »Ich hatte
befürchtet, sie würde doch noch ihren Herzinfarkt kriegen.« Ich versuchte, es
wie einen Scherz klingen zu lassen. »Hätte mir eigentlich denken können, dass
sie uns diese Freude nicht machen würde.«
    Jackie
lachte nicht. Sie sagte: »Carmel hat mir erzählt, dass sie gestern Abend da
war, mit Darren, und Darren hat dieses Porzellandingsbums umgestoßen - du weißt
schon, das mit dem kleinen Jungen und den Blumen, auf dem Regal im Wohnzimmer?
Es ist runtergefallen und in tausend Stücke zerbrochen. Er hat einen
Mordsschreck gekriegt, aber Mammy hat keinen Ton gesagt, nur alles seelenruhig
zusammengefegt und in den Mülleimer geworfen.«
    Ich sagte:
»Sie fängt sich schon wieder. Ma ist zäh. Sie lässt sich nicht unterkriegen,
auch nicht von so was.«
    »Ich weiß.
Aber trotzdem.«
    Ich hörte,
dass eine Tür geschlossen wurde, und Windgeräusche im Telefon. Jackie war ins
Freie gegangen, um dieses Gespräch ungestört führen zu können. Sie sagte: »Die
Sache ist die, dass Dad auch ziemlich schlecht dran ist. Er ist nicht mehr aus
dem Bett aufgestanden, seit ...«
    »Scheiß
drauf. Soll er doch drin verrotten.«
    »Ich weiß
ja, aber darum geht's nicht. Mammy kommt nicht mehr allein zurecht, wenn er in
so einer Verfassung ist. Ich weiß nicht, wie das mit ihnen weitergehen soll.
Ich bin so oft da, wie ich kann, und Carmel auch, aber sie hat die Kinder und
Trevor, und ich muss arbeiten. Und auch wenn wir da sind, haben wir nicht genug
Kraft, ihn hochzuheben, ohne ihm weh zu tun. Außerdem will er nicht, dass wir
Töchter ihm aus der Wanne helfen und so. Shay ...«
    Ihre
Stimme erstarb. Ich sagte: »Das hat Shay immer gemacht.«
    »Ja.«
    Ich sagte:
»Soll ich mal hingehen und meine Hilfe anbieten?«
    Für einen
kurzen Moment schwieg sie verblüfft. »Du ...? Ach, nein, nein, Francis. Lass
mal gut sein.«
    »Ich beweg
meinen Hintern morgen da rüber, falls du das für eine gute Idee hältst. Ich hab
mich nicht blicken lassen, weil ich mir gedacht hab, es würde eher schaden als
nützen, aber falls ich mich irre ...«
    »O nein.
Ich finde, du hast recht. Ich mein das nicht
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