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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana
Autoren: Sterbenskalt
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fand. Er
wurde langsam zum Greis - weißes Haar, Hose mit Hochwasser -, aber er war noch
immer so muskelbepackt, dass man es sich zweimal überlegt hätte, ehe man sich
mit ihm anlegte. »Nett von dir, uns zu beehren«, sagte er. Seine Stimme war tiefer
und heiserer; zu viele Camels. »Du bist noch immer ganz schön dreist.«
    »Das krieg
ich öfters zu hören. Hallo, Carmel. Kev. Shay.«
    Shay
reagierte nicht einmal. »Francis«, sagte Kevin. Er starrte mich an, als wäre
ich ein Geist. Er war ein großer Bursche geworden, blond und kräftig und
gutaussehend, größer als ich. »Scheiße, Mann.«
    »Nicht
solche Ausdrücke«, fauchte Ma.
    »Du siehst
sehr gut aus«, teilte Carmel mir mit, wie nicht anders zu erwarten. Wenn der
Auferstandene persönlich Carmel eines schönen Morgens erscheinen würde, würde
sie auch zu ihm sagen, dass er sehr gut aussieht. Ihr Hintern war tatsächlich
riesig, und sie hatte sich einen gezierten Nasennebenhöhlen-Akzent zugelegt,
der mich kein bisschen überraschte.
    Hier war
alles mehr denn je so wie immer. »Vielen Dank«, sagte ich. »Du auch.«
    »Komm her,
du«, sagte Jackie zu mir. Jackie hat kompliziertes wasserstoffblondes Haar,
und sie kleidet sich wie einem Tom-Waits-Diner entsprungen. An diesem Tag trug
sie eine weiße Caprihose und ein rotgepunktetes Top mit Rüschen an verwirrenden
Stellen. »Setz dich hier hin und trink einen Schluck Tee. Ich hol noch eine
Tasse.« Sie stand auf und strebte Richtung Küche, wobei sie mir im Vorbeigehen
aufmunternd zuzwinkerte und in die Wange kniff.
    »Nein,
danke«, sagte ich und hielt sie fest. Bei dem Gedanken, neben Ma zu sitzen,
sträubten sich mir die Nackenhaare. »Ich will mir zuerst diesen berühmten
Koffer ansehen.«
    »Wieso die
Eile?«, fragte Ma. »Setz dich her zu mir.«
    »Erst die
Arbeit, dann das Vergnügen. Wo ist der Koffer?«
    Shay
deutete mit dem Kinn auf den Boden zu seinen Füßen. »Bedien dich«, sagte er.
Jackie plumpste wieder aufs Sofa. Ich ging vorsichtig um den Couchtisch und das
Sofa und die Sessel herum, von aller Augen verfolgt.
    Der Koffer
stand am Fenster. Er war blassblau mit abgerundeten Ecken, war übersät mit
großen schwarzen Schimmelflecken, und er stand einen Spalt offen. Irgendwer
hatte die mickrigen Blechschlösser aufgebrochen. Mir ging an die Nieren, wie
klein er war. Olivia hatte immer fast unsere sämtliche Habe eingepackt,
einschließlich des Wasserkochers, wenn wir nur mal übers Wochenende wegfuhren.
Rosie hatte mit einem Handköfferchen in ein ganz neues Leben aufbrechen wollen.
    Ich
fragte: »Wer hat den angefasst?«
    Shay
lachte, ein harter, kehliger Klang. »Jesses, Leute, Columbo ist da. Nimmst du
uns auch die Fingerabdrücke ab?«
    Shay ist
dunkel und drahtig und ruhelos, und ich hatte vergessen, wie es war, wenn man
ihm zu nahe kam. Das ist, als würde man neben einem Strommast stehen; es macht
einen total kribblig. Mittlerweile hatte er scharfe, harte Furchen von der Nase
zum Mund und zwischen den Augenbrauen. »Nur wenn du mich ganz nett drum
bittest«, sagte ich. »Habt ihr alle ihn angefasst?«
    »Den würde
ich nicht mal mit der Kneifzange anfassen«, sagte Carmel prompt und schüttelte
sich leicht. »So dreckig, wie der ist.« Ich fing Kevins Blick auf. Eine Sekunde
lang war es so, als wäre ich nie weg gewesen.
    »Ich und
dein Dad wollten ihn aufmachen«, sagte Ma, »aber er war abgeschlossen, also hab
ich Shay runtergerufen, und der hat ihn dann mit einem Schraubenzieher
aufgekriegt. Was hätten wir denn sonst machen sollen? Es war doch von außen
nicht zu erkennen, wem er gehört hat.« Sie warf mir einen streitlustigen Blick
zu.
    »Völlig
richtig«, sagte ich.
    »Als wir
gesehen haben, was drin ist ... Ich sag dir, ich hab einen Heidenschreck
gekriegt. Ich dachte, ich krieg einen Herzanfall, so hat mein Herz gerast. Ich
hab zu Carmel gesagt, Gott sei Dank bist du mit dem Auto da, für den Fall, dass
du mich ins Krankenhaus bringen musst.« Der Blick meiner Ma besagte, dass das
meine Schuld gewesen wäre, auch wenn sie selbst noch nicht genau wusste, wieso
eigentlich.
    Carmel
sagte zu mir: »Trevor macht es nichts aus, den Kindern was zu essen zu machen,
nicht in einem Notfall. Er ist toll, was das angeht.«
    »Kevin und
ich haben beide einen Blick reingeworfen, als wir hier ankamen«, sagte Jackie.
»Wir haben das ein oder andere angefasst, ich weiß aber nicht mehr genau, was

    »Hast du dein
Fingerabdruckpulver dabei?«, fragte Shay. Er lehnte lässig am
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