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Fremde Schiffe

Fremde Schiffe

Titel: Fremde Schiffe
Autoren: John Maddox Roberts
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Lied, das angeblich den Appetit anregen sollte. Alle auf der Terrasse Anwesenden waren entsprechend der Tageszeit gekleidet. Höflinge und Dienerschaft legten großen Wert auf die Einhaltung der alten Sitten und Gebräuche.
    Andere Zeremonien waren schon vor langer Zeit von der Königin abgeschafft worden, die keine Geduld mit dem hatte, was sie die dekadente Besessenheit ihres Volkes mit unwichtigen Kleinigkeiten nannte.
    Shazad setzte sich und stocherte in den vor ihr stehenden Speisen herum. Die Sklaven hinter ihrem Stuhl fächelten ihr mit breiten Federn frische Luft zu. Es war kühl, aber die Insekten nahmen keine Rücksicht auf eine Königin. Sie kostete ein Stück Räucherfleisch und winkte dem Diener, ihren Becher mit Wein zu füllen. Luoma scheuchte den Jungen fort und füllte den Becher mit Wasser.
    »Du stellst meine Geduld auf eine harte Probe, Luoma.«
    »Du musst noch eine Ratssitzung überstehen, meine Königin. Du brauchst einen klaren Kopf, wenn du ihn nicht verlieren willst.«
    »Leider hast du Recht.« Shazad wusste sehr gut, auf welch unsicheren Beinen jeder Thron stand. Ihr eigener Vater hatte einem König die Krone entrissen, der durch geheimnisvolle Umstände ums Leben gekommen war. Sie hatte sich im Laufe der Jahre mit einer Anzahl Rebellen herumgeschlagen und sich oft genug des Henkersschwerts bedient. Die Frau, die Luomas Vorgängerin gewesen war, hatte sie ebenfalls hinrichten lassen. Die Menschen, die in der engsten Umgebung der Königin lebten, hatten die beste Möglichkeit, zu Verrätern zu werden. Shazad würde ihr Volk niemals unterdrücken, aber schon vor langer Zeit hatte sie jede Illusion verloren, ihren Edelleuten oder Höflingen trauen zu können.
    »Man sollte meinen, dass sich alles beruhigt hätte, nachdem du diese schrecklichen Insulaner vertrieben hast«, bemerkte Luoma und stellte einen Teller mit duftendem Backobst vor ihre Herrin. »Stattdessen herrscht überall Aufruhr.«
    »Du kannst über Gasam sagen, was du willst, aber er hat unsere Nachbarn gründlich zermalmt und auch meine Edelleute waren so verängstigt, dass sie die meiste Zeit nicht wagten, gegen mich zu intrigieren. Jetzt, da er fort ist, kommt es mir vor, als hätte man den Deckel von einem riesigen Kessel genommen, der nun überkocht.«
    Luoma seufzte. »Wenn nur König Hael dir zur Seite stehen könnte, wie er es sonst getan hat.«
    »Leider kann er das nicht und die Steppenkrieger werden nichts unternehmen, bis er sich wieder erholt hat. Wenn er stirbt …« Ihre Stimme blieb ruhig, aber ihre Augen blickten furchtsam drein, »… dann bin ich allein.«
     
    Hael und seine berittenen Bogenschützen hatten Gasam besiegt, nicht Shazads Soldaten, obwohl sie viele Truppen auf diesen Feldzug geschickt hatte. Ihre Edelleute konnten sich nicht damit abfinden, dass ein Barbarenkönig ihnen Befehle erteilte. Damals waren sie jedoch froh gewesen, weil der Feind dank Haels genialer Strategie besiegt wurde, aber inzwischen schmälerten sie die Leistungen des Steppenkönigs und prahlten mit ihren eigenen, nur mittelmäßigen Erfolgen.
    Hael war der eigenartigste Freund, den sich Shazad vorstellen konnte, aber solange sie sich auf ihn als Verbündeten gegen Gasam verließ, fühlte sie sich sicher. Der eine hielt den anderen in Schach und ihre Edelleute fürchteten beide. Jetzt gab es eine neue Großmacht: Mezpa, das weit im Osten lag. Es breitete sich immer weiter aus und besaß Unmengen von den neuartigen Feuerwaffen. Seine Armeen strömten in die Gebiete, die Gasams Raubzüge wehrlos gemacht hatte.
    Sie schüttelte den Kopf. Mezpa war zu weit entfernt, um sich darüber Sorgen zu machen. Es konnte noch Jahre dauern, ehe dieses Land ihre Grenzen bedrohte – wenn überhaupt jemals. Im Augenblick musste sie sich um unmittelbare Gefahren kümmern.
    »Rufe die Ratsherren zusammen. In einer halben Stunde werde ich vor ihnen erscheinen.«
    Der Bote eilte davon und Shazad sah wieder aufs Meer hinaus. Vor zwei Tagen war das riesige Feuer auf der Spitze des hohen Leuchtturms entfacht worden, als Zeichen zum Beginn des Frühlings und der Zeit des Schiffsverkehrs. Schiffe, die seit Monaten in den Trockendocks lagen, wurden für die Seereise vorbereitet und der Rauch der Pechfeuer lag über der Stadt. Eine riesige Rauchwolke stieg aus dem schweren bronzenen Feuerkorb auf der Spitze des Leuchtturms gen Himmel. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätten der Rauch und die vertrauten Düfte ihr Herz erfreut, denn sie bedeuteten, dass die
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