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Fremde Gäste

Fremde Gäste

Titel: Fremde Gäste
Autoren: Mary Scott
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Vornamen. Wir bilden eine so enge
Gemeinschaft und kennen einander so gut. Die einzige Persönlichkeit, mit der
wir nicht so freimütig verkehren, ist Colonel Gerard«, und ich erzählte dem
Arzt von unserem Feudalherrn. Mrs. Hepburn war ihm ja begegnet und bestätigte
meinen Eindruck, daß sogar ihr Sohn sich keinerlei Vertraulichkeit diesem
Gentleman gegenüber erlaubte.
    Später wurde beschlossen, daß
David dem Colonel per Ablauf der beiden nächsten Wochen kündigen würde — »genau
wie es sich für einen anständigen Arbeitnehmer gehört«, sagte der schnoddrige
junge Mann, »nicht wie so ein hergelaufener Anhalter .« Dann würde er für ein Wochenende heimkommen, ehe er zu Letty fuhr.
    Ich hatte festgestellt, daß
während der ganzen Unterhaltung das Wiedersehen mit Tinker nicht erwähnt worden
war. Womöglich verbarg sich da noch ein gewisses Ressentiment. Das mußte ein
für allemal beseitigt werden, ebenso ein Schuldgefühl der vielgeprüften Eltern.
    »Übrigens gab es noch eine
höchst seltsame Überraschung«, sagte ich deshalb. »David hat seinen früheren Liebling
wiedergefunden: Tinker, sein erstes Pony. Es verbringt seine alten Tage auf
Lettys Farm. Schon seit Jahren lebt es dort und hat Letty mehrere gute Fohlen
gebracht. Nun gehört es zu den Rentnern und scheint recht zufrieden zu sein .«
    »Das ist ja merkwürdig«,
murmelte Mrs. Hepburn. »Aber nach der langen Zeit hat es dich wohl nicht mehr
gekannt, David ?«
    Statt einer Antwort warf er ihr
einen finsteren Blick zu, und ich sagte schnell: »Im Gegenteil, es erkannte ihn
sofort, und es gab ein freudiges Wiedersehen. So wird David nun für seine alte
Freundin sorgen können .«
    Es entstand eine Pause, dann
sagte der Vater: »Diese Geschichte habe ich stets bereut, David. Wir wußten
nicht, daß dir soviel an dem Tier lag. Du hast das nie gezeigt. Wir glaubten,
wir machten es richtig, als...« Er sprach nicht weiter.
    David war errötet, aber er
entgegnete sachlich: »Schon gut, Vater. Ich war wohl ziemlich rührselig in
dieser Zeit und schmollte mit euch, als ihr mir den anderen Gaul schenken
wolltet... Nun, alles ist doch gut ausgegangen; deshalb brauchen wir nicht mehr
darüber zu reden .«
    Ich atmete auf und war richtig
froh, denn zum erstenmal hatte David seinen Eltern sein Entgegenkommen gezeigt.
Obwohl er einen unbekümmerten Ton anschlug, spürte ich, daß nach seiner Meinung
der alte Groll begraben und das ihm Angetane vergessen sein sollte.
    »Die Menschen machen mancherlei
Fehler mit ihren Kindern«, sagte Mrs. Hepburn trübe. »Man glaubt sie zu kennen,
und kennt sie doch so wenig .«
    Nun war ich an der Reihe; ich
berichtete von meinen eigenen Kindern und unseren Problemen im letzten Jahr
wegen der Schule. »Sehen Sie, wir glaubten zu wissen, was für sie das Richtige
sei, und machten doch einen Fehler nach dem anderen. Wenn Tante Kate nicht
gewesen wäre, hätten wir womöglich einige Jahre ihres Lebens verdorben .«
    David hörte interessiert zu,
sagte aber nur recht väterlich: »Ich wußte gar nicht, daß Sie so dramatisch
werden können, Susan. Bei Larry ist das etwas anderes, aber Sie kamen mir stets
so gelassen vor, außer — wenn Sie eine große Hochzeit vorzubereiten haben«,
fügte er boshaft hinzu. Das brachte die Unterhaltung auf ein anderes Gebiet.
    Am frühen Nachmittag waren wir —
David saß am Steuer — wieder unterwegs. Wir sprachen wenig, denn wir waren
beide ermüdet und etwas erschöpft von unseren Bemühungen um den familiären
Frieden. »Diese Fahrt ist entschieden komfortabler als meine erste Reise in
diese Gegend«, meinte David plötzlich. »Damals fuhr ich immer nur per Anhalter .«
    »Darüber habe ich mich oft
gewundert. Besaßen Sie kein Geld, oder hatten Sie alles ausgegeben ?«
    »Nein, nein, ich hatte eine
Menge Geld; dafür sorgte schon meine Mutter. Aber ich wollte wissen, wie es per
Anhalter geht. Außerdem reizte es mich, weil meine Eltern das ablehnten .«
    »Sie haben sich viel
Scherereien gemacht, nur um immer in der Opposition zu sein. Hat sich das auch
gelohnt ?«
    »Ich glaube schon. Es entsprach
eben meiner Art. Im übrigen entstand so der erstaunliche Plan für einen
richtigen Beruf. Und dabei habe ich so eine Ahnung, als ob Sie dahintersteckten,
Susan .«
    »Nicht so ganz. Ich wünschte
wohl, daß Sie Letty kennenlernten, aber ich wußte ja nicht, ob Sie beide sich
verstehen würden. Ich habe nicht viel Geschick, um etwas einzufädeln, David .«
    »Gott sei Dank! Ich kann
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