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Fremd küssen. Roman

Fremd küssen. Roman

Titel: Fremd küssen. Roman
Autoren: Steffi von Wolff
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ersten Gäste. Aufgeregt informiere ich die anderen und alle stehen wir wie die Deppen am Fenster neben der Eingangstür. Ein Trugschluss. Es stellt sich heraus, dass es sich um Zoe Hartenstein vom Happy-Sun-Sonnenstudio samt Ehemann handelt. Hinter ihnen hüpft Chantal Döppler her. Die brauche ich gerade noch!
    Zoe freut sich riesig und umarmt uns alle. Ich zeige ihr alles und sie ist begeistert. Chantal Döppler hat ein Geschenk mitgebracht. Sie überreicht mir augenzwinkernd einen Ficus benjamini. »Hihi, immer schön pflegen, Sie wissen ja, warum!«, meint sie schelmisch. Ich verspreche ihr, dass der Ficus einen Ehrenplatz bekommt.
    »Hier, Carolin, isch kann doch Gutscheine auslegen fürs Sonnenstudio, gell?«, fragt Zoe. »Und wenn jemand dann dursch dich zu mir kommt, kriegst du gute Prozente. Die Mega-Power-Sun hat neue Röhren, da musst du mal drunner!« Als ob ich jetzt keine anderen Sorgen hätte. Der Mann von Zoe ist ebenfalls begeistert und meint, dass hier Leute am Werk gewesen wären, die von der Sache was verstünden. Anerkennend läuft er mit uns von Raum zu Raum und klatscht seiner Frau zwischendurch auf den Po, was Zoe mit »höhöhö« kommentiert. »Wenn du nicht lieb bist, hol ich ein Stöckchen!«, sagt er zu ihr. Aha.
     
    Die Watzelborner Kirchturmuhr schlägt achtmal. Und niemand kommt. Um Viertel nach acht möchte ich am liebsten heulend weglaufen. Es herrscht eine unglaublich angespannte Stimmung.
    Um zwanzig nach acht habe ich das Gefühl, dass mein Deo versagt und mein Leben vorbei ist.
    Um halb neun sagt Mausi, die am Fenster steht: »O Mann, eh, ihr glaubt das ääääächt nicht!«, woraufhin wir alle wie Idioten zu ihr springen.
    Ich traue meinen Augen nicht. Nicht ein Auto kommt da an, nicht fünf, nicht zehn, nein, scharenweise kommen Kolonnen von Fahrzeugen die Watzelborner Hauptstraße entlanggefahren. Es sind nicht nur Pkws, sondern auch Übertragungswagen vom Fernsehen mit Antennen auf dem Dach. Innerhalb von einer Minute ist der gesamte Eingangsbereich vor der »Endstation« voll mit Menschen. »Geilcool!!!«, kreischt Mausi und stürmt mit Arabrab hinter den Tresen, dicht gefolgt von Naddel, die hektisch Gläser aus den Vitrinen zerrt.
     
    Die nächste Stunde vergeht wie im Traum. Mikrophone werden uns unter die Nase gehalten, ich sage hundertmal dieselben Sätze und muss mich mit den anderen für Fotos ins richtige Licht stellen. In jedem Raum sind Fotografen und Fernsehkameras, der Empfangsbereich ist völlig überfüllt und der Sekt fließt in Strömen. Ich muss mich mit dem Watzelborner Bürgermeister fotografieren lassen. Ein ganz beliebtes Fotomodell ist natürlich Ruth in ihrer schwarzen Lederkluft. Sie scheint es zu genießen und posiert stundenlang lächelnd vor den Kameras. Mausi und die anderen stehen hinter der Theke, als hätten sie nie was anderes gemacht, und Little Joe verhandelt mit einem Redakteur von Kabel Eins darüber, Bonanza doch wieder ins Programm aufzunehmen. Daktari könnte dafür abgesetzt werden, wer braucht schon schielende Löwen? Dann kommt Herr Kamlade wie Schublade und freut sich sehr mit uns. Seine Frau hat er auch dabei. Beide verschwinden glücklich in den unteren Räumlichkeiten.
     
    In einer stillen Minute kommt Pitbull mir aufs Klo hinterher. Er sagt gar nichts, sondern umarmt mich einfach nur. Und dann sehe ich, wie zwei Tränen seine Wangen runterlaufen. »He, was ist denn mit dir los?«, frage ich und wische sie ihm weg.
    »Ach Caro, es ist so schön, so schön. Das haben wir beide gut gemacht, was?«, sagt er. Ich nicke. »Ich bin so froh, dass ich dich kennen gelernt habe, Caro. Durch dich hab ich das Gefühl, endlich wieder jemand zu sein. Du bist die Einzige seit langem, die an mich geglaubt hat!«
    Also wirklich, jetzt muss ich doch tatsächlich auch heulen. Und so stehen wir beide da vor dem Klo, umarmen uns und flennen. »Aber jetzt wird weitergefeiert, Schatz!«, ruft Pitbull dann, um die Situation zu entschärfen. »Auf ins Getümmel!«
     
    Es ist wirklich nicht zu glauben. Ununterbrochen kommen neue Leute, Pärchen, Gruppen, Cliquen, die uns durch die Bank zu dieser genialen Idee gratulieren. Dann kommen meine Redaktionskollegen mit einer riesigen Torte und einem Rosenstrauß. Auf der Torte, die Jo und Zladko zu zweit tragen müssen, weil sie so schwer ist, steht: »Für den besten Schatz der Welt! Have good sex!« Grrrr. Aber egal. Heute Abend wird nicht an Marius gedacht, schon gar nicht an Susanne, nein, heute Abend
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