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Fremd küssen. Roman

Fremd küssen. Roman

Titel: Fremd küssen. Roman
Autoren: Steffi von Wolff
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Das wäre ihr Einweihungsgeschenk. Sie ist so süß! Pitbull holt von irgendwo eine Fernbedienung her und kurz darauf ertönen gregorianische Gesänge. Das ist ja wirklich unheimlich. Ruth rasselt mit einer Kette. Huuh! Auf der anderen Seite des Kellers befinden sich zwei weitere, ineinander übergehende Fetischräume, von denen der hintere abschließbar ist, »für Pärchen oder auch mehrere Leute, die allein spielen wollen«, erklärt Ruth. Denn nicht jeder in einem Swingerclub will Zuschauer haben. Aha. Warum gehen sie denn dann in einen Swingerclub, die Leute, die keine Zuschauer haben wollen?
    Auch für Transvestiten ist alles da, was man sich vorstellen kann, BHs, Kleider, Schminke und so weiter, und für alle anderen Fetischisten auch. Ein bisschen Angst habe ich schon vor den Gasmasken, die traurig an der Wand hängen und uns anstarren. Und für Herrn Kamlade wie Schublade ist auch gesorgt.
    Die Streckbank sieht wirklich furchterregend aus. Es knarzt und knarrt, wenn man an den Rädern dreht. Wäre Herr Dunkel jetzt hier, wüsste ich, was ich mit ihm machen würde! Aber vielleicht haben ihn ja bereits Piraten in the North Atlantic gekidnappt und er baumelt an irgendeinem Kohlefasermast und wird beim Wenden hin und her geschleudert.
    Ich bin so begeistert, dass ich Pitbull um den Hals falle. Schließlich umarmen wir uns alle irgendwie und freuen uns, dass alles so toll aussieht. Und natürlich begießen wir unseren neuen Club oben im Empfangsbereich. Wir dürften auch kleckern, meint Richard, denn der Boden wäre ja jetzt versiegelt. Pitbull hält eine Rede, in der er sich bei allen der Reihe nach bedankt, die in irgendeiner Form an der »Endstation« beteiligt sind. Ich komme mir vor wie auf einer Hochzeit. Ein ganz besonderes Hoch geht auf mich, weil, wie er mit kippender Stimme zum Ausdruck bringt, ohne mich weder diese Idee noch dieser Club jemals entstanden wären. Alle klopfen auf den Tisch und ich bin vor Rührung gebeutelt.
    Dann bestellen wir Sushi mit diversen Soßen, die so scharf sind, dass mir eine Kontaktlinse aus dem Auge springt, und Tom legt eine CD mit Schlagern auf. Wir singen zu Howard Carpendales »Spuren im Sand« und Johnny Hills »Ruf Teddybär 104 « und finden unsere persönliche Erfüllung bei Vicky Leandros:
    »Theo, wir fahrn nach Lodz
    Theo, wir fahrn nach Lodz,
    steh auf du altes Murmeltier,
    bevor ich die Geduld verlier,
    Theooooooooooooo, wir fahrn nach Lodz!«
    Warum eigentlich ausgerechnet nach Lodz? Egal. Wir sind happy.
    Unser Club kann eröffnet werden!!!
    Ich weiß gar nicht, wie ich die letzte Woche rumkriegen soll, aber es geht ja bekanntlich immer alles irgendwie. Ich habe einen Presseverteiler erstellt und allen möglichen Zeitungen und Fernsehmagazinen Infos zugeschickt, leider ohne Antwortbogen, insofern muss man einfach nur hoffen, dass am Abend des 19 .Mai der eine oder andere Pressemensch erscheinen wird. Es gibt ja Essen und Getränke frei, so was lockt immer, kenn ich ja von mir.
    Zum Glück habe ich in der Redaktion so viel zu tun, dass ich mir gar nicht so große Gedanken machen kann. Aber eine Restangst bleibt. Was ist, wenn wir an diesem Freitagabend da stehen und kein Mensch kommt? Iris meint, dass das Schwachsinn wäre, nicht umsonst hätten Tausende von Leuten angerufen und der nächste Swingerclub wäre über 50 Kilometer von Watzelborn entfernt.
    Es ist eine Sensation, dass Pitbull sogar alles mit dem Gewerbeamt und der Stadtverwaltung und was weiß ich mit welchen Ämtern noch geregelt hat. Selbst der Bürgermeister erhofft sich touristischen Zuwachs und hat uns vorgeschlagen, so genannte Komplettpakete anzubieten, also quasi ein ganzes Wochenende mit Übernachtung in einem Watzelborner Hotel. Ich fand die Idee gar nicht so schlecht, aber dann stellte sich heraus, dass es in Watzelborn überhaupt kein Hotel gibt. Lediglich eine Pension haben wir hier, sie heißt »Zum Fuchstanz« und gehört der alten Frau Weber, die kaum mehr hört und abends den Rosenkranz betet. Über jedem Bett ist ein Kruzifix. Das wäre dann wohl doch nicht so das Gelbe vom Ei, da gebe ich dem Bürgermeister völlig Recht. Aber wer weiß, vielleicht boomt unser Club ja so, dass Watzelborn sich dann auch ein richtiges Hotel leisten kann. Jedenfalls kommen viele aus der Redaktion, das haben sie versprochen. Das ist ja schon mal was.
    Am 19 .Mai nehme ich mir frei und sitze morgens völlig übernächtigt, weil zu wenig Schlaf, mit Dead und Pitbull in der Küche. Letzterer meint,
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