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Fremd küssen. Roman

Fremd küssen. Roman

Titel: Fremd küssen. Roman
Autoren: Steffi von Wolff
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ich würde ihn ganz verrückt machen und er wäre froh, wenn nachher die anderen kämen, mit denen wir zum Brunchen verabredet sind. Wie kann man an einem solchen Tag nur ans Essen denken? Gegen halb elf kommen alle im Konvoi an und holen uns ab. Dann sitzen wir im Café »Alt-Neuhaus« und malen uns gegenseitig aus, wie schrecklich das alles sein wird und wie furchtbar und keiner kommt und alle machen sich lustig und wenn jemand kommt, dann nur, um uns pressemäßig in der Luft zu zerreißen. Am schlimmsten bin ich mit meinem Wahn, gefolgt von Mausi, Arabrab, Naddel und Gero, der immer noch alles einen Tick schlimmer macht und immer noch eine schlimmere Geschichte dazu erfindet. Gegen 12 Uhr bin ich mit meinen Nerven völlig runter. Schließlich haut Richard auf den Tisch. Ich erschrecke, weil ich so was von ihm nun mal gar nicht gewohnt bin.
    »Wir nehmen uns jetzt zusammen, wir alle! Auch du, Caro! Es geht nicht, dass wir uns hier gegenseitig hochschaukeln. Wir haben die Sache zusammen angefangen und wir ziehn sie auch zusammen durch. Und selbst wenn heute Abend wider Erwarten gar niemand kommt, dann heißt das nicht, dass nie jemand kommt. Dann müssen wir einfach abwarten und Tee trinken. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut!« Wie theatralisch. Pitbull gibt Richard Recht und sagt, wir sollten das alles jetzt ganz ruhig angehen.
    Wir haben alle unsere Klamotten für abends dabei und fahren nach dem Brunch direkt in die Erichstraße, weil noch Getränke angeliefert werden und die Leute mit dem Büfett kommen, und überhaupt müssen wir noch mal durch jeden Raum gehen und schauen, dass alles in Ordnung ist.
    Iris geht fachmännisch herum und hakt eine Checkliste ab. Es stellt sich heraus, dass wir die Kondome vergessen haben. Und genug Handtücher sind auch nicht da. Also fahre ich mit Tom noch mal weg und besorge beides. Es ist zwar ein komisches Gefühl, in einer Drogerie das komplette Kondomregal leer zu kaufen, aber ich merke, dass ich mit solchen Dingen immer lockerer umgehen kann. Außerdem ist die Kassiererin bestimmt sehr neidisch auf mich.
    Die Getränke kommen und das Essen kommt, und irgendwann ist es 18 Uhr und wir ziehen uns um. Mausi natürlich in einem geilcoolen engen Kleid, auf dem sich vorne eine Konservendose befindet, auf der steht: Achtung, Frischfleisch. Irgendwie widersprüchlich. Aber egal.
    Ich zwänge mich mit Mühe und Not in mein schwarzes kurzes Kleid. Moment mal: gar nicht mit Mühe und Not. Es passt mir wie angegossen. Das gibt’s doch nicht. Verwirrt gehe ich zu Gero. »He, Schatz, du siehst ja klasse aus!«, sagt der und auch alle anderen meinen, das Kleid würde mir ja super stehen. »Du hast voll abgenommen, ääääächt, Caro«, sagt Mausi bewundernd. »Hat man gar nicht gesehen, weil du immer so Schlabberklamotten anhattest die letzte Zeit!« Also wenn das kein Grund zur Freude ist. Ein gutes Omen. Nach dem Motto: Jetzt kann gar nichts mehr schief gehen. Ich bin richtig beschwingt, aber ab Viertel vor sieben überwiegt wieder die Angst. Ich schaue hundertmal aus dem Fenster, ob schon irgendwelche Leute kommen, aber nichts. Nichts. »Mensch, Caro«, Ruth legt ihre Hand auf meine Schulter. »Niemand wird pünktlich um acht da sein. Das ist doch immer so, keiner will der Erste sein.« Stimmt ja. Gute Güte, Ruth sieht genial aus. Wie macht sie das nur, so eine tolle Figur zu haben? Sie trägt eine schwarze Lederkorsage und eine knallenge Lederhose und natürlich hohe Lederstiefel. Die dunklen Haare mit Gel zurück und knallrote Lippen. Aber das Beste sind ihre Handschuhe, die bis zum Oberarm gehen.
    Little Joe, der auch da ist, weil Mausi ja da ist, schlägt vor, noch schnell den Bullen aus dem Garten zu holen, das würde vielleicht die anfangs angespannte Atmosphäre auflockern. Zum Glück sind alle dagegen. Das würde noch fehlen, dass alle von diesem Vieh wild durch die Gegend geschleudert werden und das Mobiliar zerstören.
    Wir setzen uns alle an den großen Tisch und trinken Sekt. Ich schaue alle der Reihe nach an und dabei wird mir plötzlich warm ums Herz. Wie sie da alle sitzen. Richard, Gero, Tom, Pitbull, Pinki, Iris, Ruth, Naddel, Arabrab, Mausi und Little Joe. Ein paar von ihnen kenne ich nun wirklich noch nicht so lange, aber bei den meisten, die da sitzen, habe ich das Gefühl, wirkliche und wahrhaftige Freunde zu haben. Ein schönes Gefühl. Durch nichts zu ersetzen.
    Um halb acht kommen drei Leute die Straße hoch. Mein Herz klopft bis zum Hals. Hurra, die
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