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Freiheit statt Kapitalismus

Freiheit statt Kapitalismus

Titel: Freiheit statt Kapitalismus
Autoren: Sahra Wagenknecht
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er Arbeit und ein ordentliches Gehalt hätte und sich dann auch problemlos teurere Kleidung leisten könnte? Nur am Rande gestreift sei die ebenfalls nicht irrelevante Frage, wie viele überflüssige, umweltzerstörende Transportemissionen die Aufgliederung der Wertschöpfungskette über mehrere Kontinente verursacht. Die endlosen Langstreckenflüge der Führungskräfte nicht zu vergessen, die zudem selbst in der Business Class Kreativität und Leistungsfähigkeit schädigen.
    Natürlich könnte man einwenden, dass Billighersteller aus Schwellenländern auch als selbständige Unternehmen mittels ihrer Exporte manchen Industriezweig in Europa – etwa die Textilindustrie – hätten in die Knie zwingen können. Das mag für einzelne Bereiche zutreffen, der Prozess hätte aber nie jenes Ausmaß an Arbeitsplatzvernichtung und De-Industrialisierung erreicht, das die systematischen Produktionsverlagerungen unter der Ägide der großen Konzerne zu verantworten haben.
    Zudem stellt sich die Frage, ob der Handel zwischen Regionen mit vollkommen unterschiedlichen Lohnniveaus und Produktionsbedingungen nicht tatsächlich durch Zölle reguliert werden sollte. Statt Exporte zu subventionieren, wie es die EU etwa im Agrarsektor mit fatalen Konsequenzen für die Bestimmungsländer tut, wäre es durchaus überlegenswert, Produkte aus Ländern, die nur aufgrund von Hungerlöhnen und unerträglichen Arbeitsbedingungen – von Kinderarbeit nicht zu reden – konkurrenzlos billig sein können, bei der Einfuhr in die EU durch Aufschläge zu verteuern. Das würde den hiesigen Produzenten, gerade auch kleineren und mittleren Anbietern, mehr Luft zum Atmen lassen. Und letztlich wäre das auch zum Vorteil der Beschäftigten in den Schwellenländern, denn es würde den Druck in Richtung bessere Löhne erhöhen und außerdem ein primär auf Export gerichtetes Entwicklungsmodell unattraktiv machen, dessen Grenzen ein Land wie China jetzt ohnehin zunehmend erfährt.
    Hier ist nicht der Ort, das Thema erschöpfend zu behandeln. In jedem Falle spricht viel dafür, dass die globalen Unternehmensgiganten eine Sackgasse der ökonomischen Evolution sind und die Zukunft eher im internationalen Austausch und in Kooperationsbeziehungen von Unternehmen mit nationalem Handlungsradius zu suchen ist. Kooperationen im Bereich von Forschung und Entwicklung gibt es ohnehin längst über Unternehmensgrenzen hinweg. Viele Mittelständler nutzen Joint Ventures auch zum Zweck der internationalen Vermarktung ihrer Produkte. Für all das braucht man keine Mammutunternehmen mit unübersichtlichen internationalen Beteiligungsnetzen, die nur denen Nutzen bringen, die an ihrer Spitze stehen und sich damit überragende wirtschaftliche Machtpositionen sichern. Für Innovation und Wettbewerb wäre es in jedem Fall von Vorteil, wenn in Zukunft nicht mehr zwei Drittel des Welthandels innerhalb der 500 größten Unternehmensgiganten abgewickelt würden, sondern wieder mehr selbständige Anbieter das Geschehen bestimmten.
    Die hier vorgeschlagene Ordnung ist einfach, produktiv und gerecht – sie ist realistisch und realisierbar. Es spricht sehr viel mehr dafür, Veränderungen in der vorgeschlagenen Richtung auf den Weg zu bringen, als die offensichtlich nicht funktionierende Wirtschaftsordnung der Gegenwart in die Zukunft zu tragen. Das Ancien Régime zur Regelung der politischen Belange wurde in allen entwickelten Ländern bis zum Ende des 19. Jahrhunderts erfolgreich abgeschüttelt. Jetzt geht es darum, auch das Ancien Régime in der Wirtschaft, das die Produktivität einschnürt, den technologischen Wandel blockiert und die Demokratie zerstört, zu überwinden.
    Fazit
    Wirtschaftliche Ressourcen der Gesellschaft in das Belieben privater Eigentümer zu stellen wurde traditionell damit gerechtfertigt, dass Markt und Wettbewerb mit unsichtbarer Hand die eigensüchtigen Bestrebungen in eine dem Allgemeinwohl nützliche Richtung leiten würden. Wo das nicht mehr funktioniert, verliert das private Wirtschaftseigentum seine Legitimität.
    Der Gründungsunternehmer im Schumpeter’schen Sinn ist eine Quelle von Innovation, technologischem Fortschritt und ökonomischerAnpassungsfähigkeit. Ein kreativer Sozialismus muss solche echten Unternehmer fördern und unterstützen, statt ihnen – wie der heutige Kapitalismus – Steine in den Weg zu legen. Das setzt vor allem großzügige Finanzierungsmöglichkeiten voraus.
    Eine kreative Wirtschaftsordnung hat allerdings nicht die
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