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Freiheit statt Kapitalismus

Freiheit statt Kapitalismus

Titel: Freiheit statt Kapitalismus
Autoren: Sahra Wagenknecht
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bei. Dieses Modell kann nicht in die Zukunft fortgeschrieben werden. Aber das heißt nicht, dass der Wohlstand sinken muss.
    Schon heute bedeutet eine Verbesserung der Lebensverhältnisse oberhalb eines bestimmten Einkommensniveaus nicht quantitativen Mehrkonsum, sondern Konsum von höherwertigen Gütern. Was macht jemand, wenn er von einem durchschnittlichen in einen besser bezahlten Arbeitsplatz aufsteigt? Er kauft sich nicht zwei oder drei Autos, sondern möglicherweise ein teureres. Er stellt sich nicht zwei oder drei Sofas oder Flachbildschirme ins Wohnzimmer, sondern solche von höherer Qualität. Er isst auch nicht doppelt so viel, sondern kauft sein Brot und Gemüse fortan vielleicht im Bioladen, weil es da besser schmeckt und gesünder ist. Sehr wahrscheinlich plündert er mit seinem Zusatzeinkommen auch nicht das Sortiment von KiK, sondern geht jetzt in eine Boutique, um sich einzukleiden. Eventuell leistet er sich jetzt öfter einen Besuch im Restaurant oder im Theater. Kurz: Der Besserverdienende konsumiert nicht unbedingt mehr, sondern anders.
    In der Regel sind die teureren, qualitativ hochwertigeren Produkte wesentlich haltbarer als der Billigschund. In dieser Hinsicht führt steigender Wohlstand also eher zu sinkendem als zu steigendem Ressourcenverbrauch. Er könnte das umso mehr, wenn die Produktion bewusst auf Haltbarkeit und Dauer ausgerichtet würde statt auf schnellen Verbrauch und Verschleiß. Sofern die Wirtschaft nicht mehr dem Kriterium maximaler Renditen gehorcht, wären in dieser Richtung veränderte Prioritäten möglich. Ebenso wie dann auch die Energiewende in öffentlichen Versorgungsunternehmen gesellschaftlich durchgesetzt werden kann.
    Plan und Markt
    Demokratie sollte die Fähigkeit einschließen, die Grundrichtung der wirtschaftlichen Entwicklung zu steuern, statt sich von ihr treiben zu lassen. Die Umorientierung der Produktion auf Qualitätsprodukte von langer Lebensdauer mit niedrigem Ressourcenverbrauch etwa kann nur auf einer bewussten Entscheidung der Gesellschaft beruhen, die den Unternehmen vorgegeben wird. Kein Markt wird einen solchen Wandel je erzwingen. Mit Planwirtschaft im Sinne einer minutiösen Detailplanung hat das nichts zu tun. Es geht eher um die Gestaltung der Rahmenbedingungen.
    Wer Plan und Markt einander entgegensetzt, hat ohnehin von wirtschaftlichen Prozessen wenig verstanden. Jede Wirtschaft beruht auf beidem, auch die Marktwirtschaft: Sie beruht auf Plänen, die in den Unternehmen gemacht werden, und auf Märkten, die, wenn sie funktionieren, diese Pläne zum Abgleich bringen. Je größer die Konzerne, desto umfassender die Pläne und desto geringer die Koordinationsfähigkeit der Märkte.
    »Triebfeder der Marktwirtschaft ist im Grunde der Plan«, schreibt Roger de Weck. »Die … untergegangene Planwirtschaft überlebt, wo sie niemand vermutet: in den Konzernspitzen. Jeden Sommer schmieden Manager mit ihren Stäben die Pläne fürs nächste Jahr. Sie beraten über das Plansoll, sie verhandeln, wem wie viel Geld und Personal zuteil wird, um einen vorgegebenen Umsatz oder Gewinn zu erzielen. Sie haben auch Drei- und Fünfjahrespläne – jedes Unternehmen ist eine kleine Planwirtschaft.« 217
    Diese Pläne können gesellschaftlich sinnvoll oder unsinnig sein. Sie können sich an realen Bedürfnissen orientieren oder die Bedürfnisstruktur der Gesellschaft verfehlen. Die heutige Wirtschaft mit ihren gewaltigen Überkapazitäten in einigen Bereichen, etwa im Automobilsektor oder in den diversen Immobilienblasen, und ihrer auffälligen Unterversorgung in anderen, etwa bei Pflegeleistungen für ältere Menschen, zeigt, dass betriebswirtschaftliche Pläne in der Summe keineswegs einen volkswirtschaftlichen Sinn ergeben müssen. Wenn ein kleines Unternehmen falsch kalkuliert, wird es vom Markt bestraft, schlimmstenfalls mit dem Bankrott. Wenn ein großes Unternehmenfalsch kalkuliert, wird es, wenn sonst nichts mehr hilft, vom Staat gerettet. Das hat nur begrenzt mit Korruption zu tun, sondern in erster Linie mit den sehr viel weiter reichenden Konsequenzen großer Unternehmenspleiten.
    Der Managementtheoretiker und -praktiker Fredmund Malik schreibt:
     
    »Das Risiko eines Versagens des Managements ist [in großen Unternehmen] zu groß, um es allein dem Markt zu überlassen. Dieser mag eine ausreichende Kontroll- und Korrekturinstanz gewesen sein noch zu Zeiten, wo ein Firmenzusammenbruch kaum spürbare Folgen hatte. Außerdem: Der Markt genügt nicht, um
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