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Freiheit statt Kapitalismus

Freiheit statt Kapitalismus

Titel: Freiheit statt Kapitalismus
Autoren: Sahra Wagenknecht
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wirtschaftliche Leistung herbeizuführen, schon gar nicht gesellschaftliche Leistung.« 218
     
    Malik warnt davor, den Markt zu überfordern: »Er ist zu langsam, hat keine voraus-, sondern nur eine nachlaufende Wirkung, und er hat im Kern nur eine bestrafende Wirkung.« 219 Wenn Signale vom Markt kommen, ist es oft schon zu spät, gerade für große Unternehmen. Denn gerade sie haben die längste »Totzeit«, brauchen also viel Zeit, um adäquat zu reagieren.
    Auch aus diesem Grund versagt der Markt bei den Konzernen als Kontrollinstanz zur Koordinierung ihrer Wirtschaftspläne. Genau deshalb bedarf es einer Möglichkeit zur gesellschaftlichen Steuerung des Wirtschaftsprozesses in die gewünschte Grundrichtung. Öffentliche Unternehmen und öffentliche Anteile an großen Belegschaftsunternehmen bieten die Möglichkeit dazu.
    Mehr Wohlstand durch mehr Gleichheit
    Die extreme Ungleichheit, die der Kapitalismus hervorbringt, ist nicht nur ungerecht. Das sehr viel größere Problem ist, dass sie die produktiven Potentiale der Wirtschaft abschnürt und zerstört und die Wirtschaft in eine Richtung lenkt, die den allgemeinen Wohlstand verringert. Es verhält sich also genau andersherum als in der bekannten Metapher des amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlers Arthur Okun, der Umverteilung mit dem Versuch vergleicht, mit einem undichten Eimer Wasser von einem vollen zu einem leeren Behälter zu tragen: Am Endekomme weniger bei den Armen an, als den Reichen weggenommen werde. Das Gegenteil ist der Fall. Mehr Gleichheit bedeutet, dass die übergroße Mehrheit der Menschen besser lebt, weil der gesamte Wohlstand der Gesellschaft steigt.
    Märkte etwa können reale Bedarfsverhältnisse nur bei einigermaßen ausgeglichener Einkommensverteilung reflektieren. Denn was tatsächlich von Märkten registriert wird, ist nicht die Dringlichkeit von Bedürfnissen, sondern die Zahlungsfähigkeit, um Bedürfnisse befriedigen zu können. Nur wenn Menschen genügend Kaufkraft haben, um ihrem Bedarf Nachdruck zu verleihen, trägt der Marktmechanismus überhaupt zu einer an den Bedürfnissen orientierten Produktion bei. Im gegenteiligen Extrem können Märkte gesättigt sein, während Menschen verhungern. Diese Situation gibt es heute in vielen sehr armen Ländern.
    Hohe Ungleichheit bedeutet zudem eine Polarisierung der Nachfrage: Es wächst dadurch der Absatz der Luxusproduzenten und der Billigdiscounter. Aber Letzteres nicht, weil »Geiz geil« ist oder die Menschen qualitativ mangelhafte Billigware gediegenen Qualitätsprodukten vorziehen würden, sondern weil sie sich nur noch solche leisten können. Im Ergebnis werden dann weniger Qualitätswaren produziert, was zur Ressourcenverschwendung beiträgt und vor allem kleinere und mittlere Anbieter schädigt. Kapazitäten, die ein höheres Wohlstandsniveau gewährleisten könnten, werden nicht mehr gebraucht und verschwinden vom Markt.
    Versager mit Spitzeneinkommen
    In einer echten Leistungsgesellschaft sind die Einkommens- und Vermögensunterschiede zwangsläufig kleiner als heute. Einfach, weil die Leistungsunterschiede der Menschen bei weitem nicht so groß sind wie die heutigen Verteilungskontraste.
    Die These, dass nur extrem hohe Einkommen und eine große Ungleichheit Menschen zu Spitzenleistungen motivieren, hat sich demgegenüber längst als Mythos erwiesen. Darauf weist auch Malik hin: »Wären die exzessiv bezahlten Spitzenmanager von Enron bis Worldcom ihren Firmen erspart geblieben, hätte man nicht nur jede MengeGeld eingespart, sondern die Firmen würden vermutlich heute noch existieren. Noch schlechter, als es die Großverdiener taten, hätte niemand dieses Unternehmen geführt.« 220 Malik führt auch das Beispiel des US-Tycoons John P. Morgan an, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Untersuchung in seinem weitverzweigten Firmenimperium durchführen ließ, mit der er herausfinden wollte, worin die Unterschiede zwischen seinen erfolgreichen Firmen und den weniger erfolgreichen lagen: »Das Ergebnis war, dass es nur eine einzige Größe war, die die Performer von den Non-Performern unterschied: Es war die Differenz zwischen den jeweiligen Einkommensstufen im Unternehmen. In den erfolgreichen Firmen betrug diese Differenz von Stufe zu Stufe nicht mehr als 30 Prozent, während in den erfolglosen Unternehmen diese Proportion ausnahmslos aus dem Ruder gegangen war.« 221
    Kate Pickett und Richard Wilkinson weisen in ihrem Buch
Gleichheit ist Glück. Warum gerechte
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