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FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter

FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter

Titel: FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter
Autoren: Siegfried Wittwer
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gewesen, auch wenn Anneliese sich manchmal mit einem kleinen Stich in der Brust fragte, was wohl mit Benno Greve geschehen war. Sie hatte mit Georgs Hilfe zwar Nachforschungen angestellt, aber keiner der Überlebenden konnte etwas sagen. Tillys Söldner hatten weit mehr als sechstausend Leichen in die Elbe geworfen. Da war es aussichtslos, das Schicksal eines einzigen Mannes zu klären.
    Das Leben war in den ersten Monaten nach der Zerstörung Magdeburgs entbehrungsreich und schwer gewesen. Georg und sie waren zwar nicht arm, weil ihr Vater mit seinem Weitblick vorgesorgt hatte. Doch Tillys Heer hatte auch die umliegenden Dörfer geplündert. Das Vieh war weggetrieben und geschlachtet worden, und die Getreidevorräte der Bauern hatten Tillys Fouriere eingezogen, sodass diese nicht einmal mehr das Saatgut besaßen.
    Anfang des nächsten Jahres hatte sich die Lage der kaiserlichen Besatzungstruppen so sehr verschlechtert, dass sie schließlich Magdeburg aufgeben mussten. Kurz danach war der schwedische General Johan Banér in die Stadt eingezogen. Fürst Ludwig von Anhalt wurde von Gustav Adolf zum Statthalter ernannt. Der Fürst beauftragte schließlich Ratsbaumeister Otto Guericke, der später für seine Leistungen und Erfindungen im Bereich der Vakuumtechnik geadelt wurde, einen Grundriss der Stadt für ihren Wiederaufbau zu zeichnen. Langsam verbesserte sich die Lage der etwa vierhundertfünfzig verbliebenen Einwohner, auch wenn bis zum Westfälischen Frieden von 1648 noch sechzehn Jahre ins Land gehen sollten.
    Plötzlich horchte Anneliese auf. Jemand unterhielt sich mit ihrem Mann unten im Lager. Dann kamen die beiden die Treppe hinauf. Georg öffnete die Tür zum Wohnzimmer und sagte mit einem Lächeln auf den Lippen: »Anneliese, Besuch für dich.«
    Dann schob er einen Mann ins Zimmer. – Es war Benno.
    Das Herz blieb ihr fast stehen. Benno Greve! Er hatte das Massaker also überlebt.
    »Ihr beide habt euch sicherlich eine Menge zu erzählen«, sagte Georg, »deshalb lasse ich euch mal allein.«
    Und das hatten sie tatsächlich! Nachdem sie sich freundschaftlich umarmt hatten, erzählte Anneliese Benno von ihren Erlebnissen, und Benno berichtete ihr, wie er mit Rosa und ihrem Vater aus der brennenden Stadt geflohen waren.
    Sie würden nun in Hamburg leben. Er habe dort eine gut gehende Anwaltskanzlei, und Rosa erwarte ebenso wie Anneliese ein Kind. Hans Münkoff aber habe sich als Kaufmann für Lederwaren und Felle eine sichere Existenz aufgebaut.
    Als sich Benno schließlich von ihr verabschiedete, stand Anneliese noch lange am Fenster und blickte ihm nach. Nun war auch der letzte dunkle Schatten aus ihrem Herzen verschwunden. Benno lebte, und er hatte schließlich auch sein Glück gefunden – mit der Tochter des Lohgerbers.

Nachwort
    Man schreibt das Jahr 1631. Seit dreizehn Jahren tobt im Deutschen Reich ein Krieg, den man später den »Dreißigjährigen Krieg« nennen wird. Auch die Stadt Magdeburg kann sich aus den politisch-religiösen Streitigkeiten nicht länger heraushalten. Nach Erlass des Restitutionsedikts durch Kaiser Ferdinand II. am 6. März 1629 spitzt sich die Konfrontation zwischen Magdeburg und dem Kaiser zu, bis schließlich Generalleutnant Johann Tserclaes Graf von Tilly im Frühjahr 1631 vor die Stadt zieht und ihre Übergabe fordert. In dieser Zeit spielt die Handlung des Romans.
    Obwohl die protestantischen Magdeburger den neuen Gregorianischen Kalender noch ablehnten und den alten Julianischen Kalender verwendeten, folgt die Handlung der neuen Zeitrechnung.
    Wer einen historischen Roman schreibt, bewegt sich zwischen Schatten, Licht und Dunkelheit. Sogar Historiker können kein eindeutiges Bild der Vergangenheit zeichnen, weil sie sich nur auf Dokumente von Zeitzeugen berufen können. Manchmal sind diese jedoch widersprüchlich, glätten Ungereimtes oder sagen nicht immer die Wahrheit. Trotz umfangreicher Recherchen konnten deshalb historische Ungenauigkeiten nicht immer vermieden werden.
    Neben meinen eigenen Recherchen in Magdeburg hat mir folgende Literatur geholfen, mich in die damalige Zeit hineinzudenken.
    Die politische Situation, die Ereignisse in der Stadt und die Hintergründe der Zerstörung Magdeburgs werden in einer Ausgabe der Magdeburger Museumsschriften ausführlich geschildert. Die dort enthaltenen Bilder, Karten und Beschreibungen von Persönlichkeiten, Orten und Waffen waren für mich hilfreich: Matthias Puhle (Hg.), »… gantz verheeret!«. Magdeburg und der
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