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FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter

FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter

Titel: FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter
Autoren: Siegfried Wittwer
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in seine Tasche und hängte ihr die goldene Kette mit dem von Diamanten umrahmten Smaragd um den Hals. Dann strich er zart über ihre Wange.
    Sie hielt seine Hand fest und flüsterte: »Wer bist du, Fremder, und warum schenkst du mir so etwas Wertvolles?«
    »Georg heiße ich, Georg Ackermann. Als ich dich sah, konnte ich nicht anders, als dir das Wertvollste zu schenken, was ich besitze.«
    »Georg, der Heilige. Der Töter des Drachens. Bist du gekommen, um mich zu beschützen?«
    »Ja, das bin ich. Die Vorsehung hat mich wohl geschickt. Du bist mir im Traum begegnet. Ich habe dein Bild im Haus deines Vaters gesehen und geahnt, dass du hier im Dom bist. Jetzt, wo ich dir endlich in die Augen schauen darf, weiß ich, dass du die Frau bist, nach der ich mich die ganze Zeit gesehnt habe.«
    Georg Ackermann war selbst erstaunt, wie leicht diese Worte aus seinem Mund kamen. Er, der seit dem Tod seiner Eltern der verschwiegene, harte Kerl gewesen war, spürte, wie er innerlich auftaute. Der eisige Panzer der unterdrückten Schmerzen, der sein Herz bisher gefangen gehalten hatte, löste sich auf und gab seine Gefühle frei.
    »Du kennst mich doch nicht«, sagte sie, ohne den Blick von ihm zu lösen.
    »Doch ich kenne dich. Ich weiß nur nicht deinen Namen.«
    »Anneliese heiße ich.«
    »Anneliese, was für ein schöner Name! Die Anmutige, die Gott geweiht ist und ihn verehrt.«
    »Du kennst dich in Sprachen aus?«
    »Ja, ich liebe Bücher. Sie bringen uns so viel Wissen, so viele neue Gedanken. Sie bereichern unser Leben.«
    Sie nickte: »Ja, das tun sie.«
    Plötzlich blickte sie auf, als ob sie aus einem schönen Traum erwacht wäre.
    »Was ist geschehen, da draußen? Ich hörte Schüsse, die Schreie von Menschen. Die Stadt hat gebrannt. Ich glaubte zu ersticken, zu verbrennen.«
    Georg Ackermann nahm ihre Rechte in beide Hände.
    »Ja, es war schrecklich. Magdeburg ist gefallen, die Häuser sind niedergebrannt. Ich habe es selbst miterlebt. Ich stand draußen vor dem Dom und hielt mit meinen Männern Wache, um ihn vor plündernden Horden zu beschützen.«
    Er sah ihre vor Entsetzen geweiteten Augen.
    »Keine Angst, liebe Anneliese, dein Haus steht noch. Es wurde nicht geplündert. Dafür habe ich gesorgt.«
    »Aber warum? Warum hast du das getan? Du kanntest mich doch nicht; nicht einmal vom Sehen.«
    Georg Ackermann hob seine Hände: »Vielleicht habe ich es geahnt, vielleicht war es der da oben, ich weiß es nicht.«
    »Was ist mit meinen Eltern, leben sie?«
    Während sie das sagte, blickte Anneliese zum ersten Mal zur Seite, sah in das bleiche Gesicht ihrer Mutter. Ein Zittern lief durch ihren Körper, und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    »Mutter!«, schluchzte sie mit versagender Stimme. »Bist du von mir gegangen, ohne dass ich dir beistehen konnte?«
    Georg Ackermann nahm sie in seine Arme, während er vor ihr kniete. Sie ließ es geschehen. Zart strich er über ihren Rücken, während sie von Trauer und Schmerz geschüttelt wurde.
    »Sie schläft jetzt«, sagte er sanft. »Ihr Herz hat einfach aufgehört zu schlagen. Sie hat nun Frieden.«
    »Was ist mit meinem Vater? Weißt du es? Kennst du ihn, den großen Mann mit den starken Armen und dem großen Herzen? Hast du ihn gesehen?«
    »Ich habe ihn in deinem Haus aufgebahrt«, erwiderte er so mitfühlend und sanft, wie er nur konnte. »Sie haben ihn nicht besiegen können! Keiner ist an ihm vorbeigekommen. Er war ein gewaltiger Kämpfer, dem niemand widerstehen konnte. Sogar der Feigling, der ihn von hinten ermordet hat, starb von seiner Hand.«
    Anneliese weinte still an seiner Brust. Es war zu viel, was sie auf einmal verkraften musste. Doch schließlich hob sie ihren Kopf und sagte mit tränenerfüllten Augen: »Schon allein dafür liebe ich dich, Georg. Für alles, was du für mich und meine Eltern getan hast.«
    Er wusste nicht, was er darauf antworten sollte, deshalb lenkte er ab: »Komm, ich bringe dich jetzt nach Hause. Deine Mutter lasse ich auch holen, damit wir sie zusammen mit deinem Vater zur letzten Ruhe betten können.«
    Dann stand er auf und hob Anneliese auf seine Arme. Sie ließ es geschehen und lehnte ihren Kopf an seine Brust.
    Als sie aus dem Portal des Doms traten, blickte Anneliese erschrocken auf. Georg Ackermann spürte deutlich ihre innere Erregung.
    »Es ist also wahr, was die Leute gesagt haben, die auf dem Kirchturm waren«, sagte sie mit zitternder Stimme. »Es ist alles so gekommen, wie Martin Luther es vorausgesehen hat. Da
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