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Frauen, die Geschichte machten

Titel: Frauen, die Geschichte machten
Autoren: Reinhard Barth
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Meir nun abermals in der
     Welt unterwegs, um für die israelische Sache zu werben. Das war sicherlich keine leichte Aufgabe, denn gleich nach ihrem Amtsantritt
     ließ sich Israel auf ein militärisches Abenteuer ein, das seinem internationalen Ansehen schwer schadete. Gemeint ist der
     britisch-französische Angriff auf Ägypten zur Wiedergewinnung der Kontrolle über den Suezkanal im Oktober/November 1956. Israel
     marschierte mit und besetzte die Sinai-Halbinsel und den Gazastreifen, musste sich dann aber, wie auch die Briten und Franzosen,
     auf Druck der Amerikaner wieder |239| zurückziehen. Auf Golda Meir aber kamen schwere Stunden in der UN-Vollversammlung zu.
    Ein Weg, sich aus der politischen Isolation zu befreien, bot sich im Zusammengehen mit den jungen bzw. noch darum kämpfenden
     Staaten Afrikas an. Israel leistete tatkräftig Entwicklungshilfe. Dennoch konnten auch hier Konfrontationen nicht vermieden
     werden, denn dass Israel Beziehungen zu den einstigen Kolonialherren unterhielt, war auch in Afrika bekannt. In ihren Memoiren
     schildert Golda Meir eine typische Begegnung (bei der ersten afrikanischen Konferenz in Ghana 1957). Der Vertreter Algeriens
     (damals noch im Befreiungskrieg gegen die Franzosen) greift sie scharf an: »Frau Meir, Ihr Land erhält Waffen von Frankreich,
     dem Erzfeind all derer, die hier am Tisch sitzen. Die französische Regierung führt einen unerbittlichen und brutalen Krieg
     gegen mein Volk und wendet Terror und Gewalt gegen meine schwarzen Brüder an. Wie rechtfertigen Sie Ihre enge Bindung an eine
     Macht, die der Hauptfeind der Selbstbestimmung der afrikanischen Völker ist?« In der Antwort der israelischen Außenministerin
     spiegelt sich die Gradlinigkeit, Kraft und Ehrlichkeit Golda Meirs wider und ihre unerschütterliche Überzeugung, einer gerechten
     Sache zu dienen: »Unsere Nachbarn sind darauf aus, uns zu vernichten. Ihre Waffen erhalten sie kostenlos von der Sowjetunion,
     zum Teil auch für wenig Geld aus anderen Quellen. Das einzige Land der Welt, das gegen Zahlung einer Menge harter Devisen
     bereit ist, uns die Waffen zu liefern, die wir für die Selbstverteidigung brauchen, ist Frankreich. Ich teile Ihren Hass auf
     de Gaulle nicht. Lassen Sie mich eines ganz deutlich sagen: Selbst wenn de Gaulle der Teufel in Person wäre, würde ich es
     für die Pflicht meiner Regierung halten, von der einzigen Stelle, die uns zur Verfügung steht, Waffen zu kaufen. Und jetzt
     möchte ich
Ihnen
eine Frage stellen: Wenn
Sie
in dieser Lage wären, was würden
Sie
tun?« Das löst die Spannung im Saal, Golda Meir hat die Sprache gefunden, die verstanden wird. »Das Eis war gebrochen«, konstatiert
     sie befriedigt in ihren Memoiren.
    Ende 1965 war ihr klar, dass sie ihre politische Laufbahn beenden musste. Sie war nun schon 67 Jahre alt und von Krankheiten
     gezeichnet. Aber der Abschied, den sie vom Außenministerium nahm, sollte kein Abschied von der Politik werden. Im Februar
     1966 war es an ihr, als Generalsekretär der Mapai die zerstrittene Partei wieder zu einen. Den Sechstagekrieg im Juni 1967
     erlebte sie wie die israelische Bevölkerung, in Hoffen und Bangen, bis schließlich die Siegesmeldung verkündet wurde.
    Die größte Prüfung ihres Lebens aber stand ihr noch bevor: Im Februar 1969 starb überraschend Ministerpräsident Eschkol. Die
     potenziellen Kandidaten für die Nachfolge, Eschkols Stellvertreter Jigal Allon und der Verteidigungsminister Mosche Dajan,
     vereinigten jeweils keine ausreichende Mehrheit auf sich. Eine Zerreißprobe drohte. In dieser Situation wurde der Ruf nach
     Golda Meir |240| laut. Doch von einer Rückkehr wollte sie nichts wissen, sie fühlte sich als Regierungschefin zu alt. Aber der Ruf wurde lauter
     und schließlich willigte Golda Meir ein.
    Das Regieren wurde ein mühseliger Balanceakt. Eschkol hatte ein Kabinett der nationalen Einheit geführt, die Sozialistin Golda
     Meir musste auch mit antisozialistischen und sogar mit rechtsextremen Gruppen wie dem »Gachal« unter Menachem Begin auskommen,
     der eine Vergangenheit als Terrorist hatte. Es gab Streikversuche in öffentlichen Versorgungsunternehmen, die von der Regierung
     mit Verboten unterdrückt wurden. Ständig kam es zu Zwischenfällen an der Grenze zu Ägypten (die nach dem Sechstagekrieg wieder
     am Suezkanal verlief). Der Guerillakrieg der Palästinenser gegen Israel erreichte mit dem Massaker von Lod und der Geiselnahme
     im olympischen Dorf in München
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