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Frauen, die Geschichte machten

Titel: Frauen, die Geschichte machten
Autoren: Reinhard Barth
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Kavalleristen sowie die Verlegung von 500 Kriegsschiffen. Dazu kam der Transport von Verpflegung für Mensch und Tier sowie
     die Verladung des gesamten Hofstaats, der schon wegen der Anwesenheit von Kleopatra erheblichen Umfang angenommen hatte.
    Oktavian hatte unterdessen die Propagandaschlacht noch immer nicht gewonnen. Dazu verhalf ihm erst das Testament Mark Antons,
     das dieser mit einem Boten nach Rom geschickt hatte, damit es dort hinterlegt würde. Ob nun Oktavian das Original bekannt
     machte oder eine manipulierte Fassung oder gar eine Fälschung, lässt sich nicht mehr zweifelsfrei feststellen. War es das
     Original, dann zeugt es von bemerkenswertem Ungeschick des Antonius. Er hatte darin nämlich verfügt, dass er in Alexandria
     beigesetzt werden wolle. Ein unverständlicher Affront gegen die römischen Patrioten, die bisher noch zu ihm gehalten hatten.
     Hatte ihn Kleopatra derart um den Verstand gebracht? Den antiken Historikern schien das so, sie nannten es »Zauberei«. Heute
     spricht man in solchen Fällen eher von Hörigkeit. Am besten trifft es wohl der Dichter. Bei Shakespeare heißt es darüber im
     Stück »Antonius und Kleopatra« (Prosaübersetzung des Autors): »Alter macht sie nicht welken, täglicher Genuss lässt ihre ständig
     neuen Reize nicht zur Gewohnheit werden. Andere Frauen stillen den Liebeshunger durch Hingabe; sie facht nur heftiger noch
     die Glut an, je reichlicher sie sich schenkt. Durch sie wird das Verworfenste geadelt, sodass die Priester sie noch segnen,
     während sie sündigt (genauer: hurt).«
    Besser lässt sich die verzehrende Leidenschaft, die Antonius mit magischen Fesseln an die Königin band, nicht ausdrücken.
     Darunter litt wohl auch sein Scharfsinn: Mark Anton legte seine Flotte in den sicheren Golf von Ambrakia an der griechischen
     Westküste südlich von Korfu. Doch ehe sie sich gesammelt hatte, war ihm Oktavian zuvorgekommen und hatte seinerseits den Sprung
     über die Straße von Otranto nach Griechenland gewagt. Von Norden rückte er mit einem Landheer gegen die Stellung des Antonius
     bei Actium vor, während sein Admiral Agrippa die Ausfahrten aus dem genannten Golf blockierte. Antonius saß in der Falle.
    Sein Nachschub musste über Land herangebracht werden und Desertionen schwächten sein Heer bis ins Offizierskorps. Die Landschlacht,
     mit der er sich zu befreien gesucht hatte, war von Oktavian nicht angenommen worden, denn die Zeit arbeitete nun für ihn.
     Im Kriegsrat des Gegners drängte daher Kleopatra auf einen Ausbruch zur See, auch wenn die Schlacht verloren ginge. Setzte
     man sich über Land ab, wäre die Flotte komplett verloren, also sollte man wenigstens versuchen, auf dem offenen Meer einen
     Teil zu retten. Widrige Stürme vereitelten jedoch den Plan, der Durchbruch gelang nur einem Viertel der Flotte, darunter auch
     Kleopatra und Mark Anton, die sogar die Kriegskasse retten konnten.
    |29| Das aber nützte nun auch nichts mehr. Die Niederlage von Actium am 2. September 31 v. Chr. sprach sich in Windeseile herum.
     Die Vasallen des Antonius fielen reihenweise von ihm ab, Kommandeure verweigerten ihm den Gehorsam, und Oktavian rückte Ägypten
     immer näher. Am 1. August 30 v. Chr., elf Monate nach seinem großen Sieg, nahm er Alexandria ein. Mark Anton beging Selbstmord.
     Den gefährlichen Cäsar-Sohn Kaisarion ließ Oktavian sofort umbringen. Kleopatra, die vergebens versucht hatte, den ägyptischen
     Thron für ihre Kinder zu retten, folgte Antonius zehn Tage später. Großzügig hatte ihr Oktavian einen Besuch am Grab des Geliebten
     gewährt. Dort gab sie sich den Tod, nachdem sie laut Plutarch noch die Klage gen Himmel gesandt hatte: »Von all meinen tausend
     Seufzern ist keiner so bitter und so groß wie die kurze Zeit, die ich ohne dich auf Erden leben musste.«
    Über die Art des Selbstmords der Frau, an der fast ein Weltreich zerbrochen wäre, ist viel fantasiert worden. Durchgesetzt
     hat sich die Version, nach der sie sich von Schlangen beißen ließ, den heiligen Tieren der Pharaonen, die sie mit dem Sonnengott
     Amun-Re verbanden. Zunächst berichteten die Zeugen, darunter ihr Arzt Olympos, von Bissen in den Armen, später hieß es dann,
     Kleopatra habe die Kobras an ihren Brüsten angesetzt. Das machte sich besser für bildliche Darstellungen und passte zudem
     zum Image der Femme fatale und der heiligen Hure.
    Ungezählt sind denn auch die literarischen und künstlerischen Verarbeitungen ihres Lebens und
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