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Frau Prinz pfeift nicht mehr

Titel: Frau Prinz pfeift nicht mehr
Autoren: A Scheib
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vielleicht hatten diese bestens informierten Nachbarn ja die eine oder andere wichtige Beobachtung gemacht, die
     ihm helfen konnte. Und da Frau Tinius ihm sofort zurief, wie es denn mit den Ermittlungen um die Frau Prinz stehe, ging Strobl
     auf die beiden Leute zu.
    |189| »Haben Sie schon was rausgebracht, Herr Kommissar?« fragte Frau Tinius, und auch Lersch schaute ihm neugierig entgegen.
    »Obermeister. Nicht Kommissar. Obermeister Strobl. Nein, den Fall Prinz leitet mein Kollege, Hauptkommissar Kemper, ich bin
     mit der Entführung des Aussiedlerkindes befaßt. Waren Sie zufällig letzten Donnerstag in der Nähe des Ladens von Frau Hegemann?«
    Beide, Tinius und Lersch, überlegten, und vor allem Frau Tinius war anzumerken, daß sie viel darum gegeben hätte, Strobl bei
     der Aufklärungsarbeit behilflich sein zu können. Doch sie mußte passen. »An dem Nachmittag war ich beim Zahnarzt. Amalgam.
     Ich habimmer noch Amalgam in meinen Zähnen, man sollte es nicht glauben, und deshalb war ich bei meiner neuen Zahnärztin in
     Solln, da fahr ich extra raus, mit der S-Bahn , wissen Sie, man muß sich seine Ärzte genau aussuchen heutzutage, sonst werden Sie eines Tages wach und haben den ganzen
     Mund voller Amalgam.«
    Strobl hörte nur halb zu, sein Interesse |190| galt Doktor Lersch, der offensichtlich versuchte, sich zu erinnern.
    »Donnerstags kommen Freunde zum Bridge. Früher hat meine Frau gespielt, für mich war das Zeitverschwendung, aber jetzt, wo
     meine Frau tot ist, spiele ich an ihrer Stelle weiter. Immer donnerstags. Und da habe ich bei Frau Hegemann vorher noch rasch
     Käsekuchen gekauft, so einen in der Folie, und wie ich zum Gartentor rein bin, kam die Ingrid, die Ingrid Prinz, sie ging
     an meinem Tor vorbei auf dem Gehsteig Richtung De-Chirico-Straße und ich habmir gar nichts gedacht. Ein paar Minuten später,
     als meine Bridgefreunde schellten, bin ich wieder ans Gartentor, habsie reingelassen, und da kam die Ingrid zurück, woher
     sie kam, weiß ich nicht, aber ich hab gesehen, daß sie komisch läuft, gekrümmt, ziemlich eilig. Ob ihr was fehlt, habich mich
     gefragt, aber dann habich das wieder vergessen. Doch jetzt, wo Sie mich daran erinnern, sehe ich es deutlich vor mir –«
    Lersch sah Strobl nachdenklich an, Strobl fragte, ob er noch wisse, was Ingrid |191| Prinz-Papke angehabt habe an dem Tag. »Hatte sie irgendwas dabei, eine Tasche, einen Korb, irgendwas?«
    Lersch dachte kurz nach, schüttelte entschieden den Kopf. »Das kann ich beschwören, sie hatte nichts dabei, einen Lodenmantel
     hatte sie an, sie ging nur so seltsam, wie schon gesagt, ganz seltsam ging die Ingrid. Ich kenn sie schließlich seit ihrer
     Geburt.«
    Strobl verabschiedete sich rasch, er sah noch, wie Frau Tinius und Doktor Lersch sich mit besorgten Blicken einander zuwendeten.
     Sie kannten Ingrid Prinz-Papke seit deren Kindheit, und daß sich jetzt im Zusammenhang mit dem Entführungsfall die Polizei
     mit ihr beschäftigte, machte sie offensichtlich mitleidig. Anders als Frau Schierl, aus deren Redefluß Strobl eher so etwas
     wie kalte Genugtuung herausgehört hatte.
    Als Kemper ihm nach der Vernehmung der Prinz-Papke von seiner Beobachtung in der Steuerkanzlei erzählt hatte, von dem Weinen
     eines Säuglings, von der Lüge Ingrid Prinz-Papkes, daß dieses Kind dem |192| Hausmeister-Ehepaar gehöre, hatte Strobl sich eher resignativ als energisch dieser Spur gewidmet. Was sollte die Prinz-Papke
     mit diesem Aussiedlerbaby anfangen? Doch nun, wo er dem Rat Kempers gefolgt war und sich mit der Vergangenheit dieser Frau
     beschäftigt hatte, waren ihm plötzlich die Zusammenhänge klargeworden. Er hatte seine Kollegin, die heute mit ihm Dienst tat,
     gebeten, ihn zu begleiten, denn einer Frau, die ein Baby entführt hatte, fühlte er sich allein nicht gewachsen.
    Und nun stand er hier, auf sein Klingeln kam keine Reaktion, kein Säuglingsweinen, kein Geräusch. Aber das wollte nichts heißen.
     Strobl war entschlossen, sich keinem Zweifel hinzugeben. Als der Hausmeister kam, bat ihn Strobl, die Tür aufzuschließen.
     
    Strobl stand in der dunklen Diele, ertastete einen Lichtschalter, machte Licht und rief laut: »Polizei! Kommen Sie sofort
     raus!«
    Emilie Koch erschien in der Wohnzimmertür, sie starrte auf Strobl, griff sich an die Kehle und sackte lautlos in sich zusammen.
    |193| Strobls Kollegin rief über ihr Handy laut ärztliche Hilfe herbei. Wie ein Schatten kam Ingrid Prinz-Papke aus dem
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