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Frau an Bord (Das Kleeblatt)

Frau an Bord (Das Kleeblatt)

Titel: Frau an Bord (Das Kleeblatt)
Autoren: Hansi Hartwig
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ein wenig erschrocken von der Endgültigkeit in Adrians Stimme. „Schütte das Kind nicht gleich mit dem Bade aus“, versuchte er zu scherzen, um im gleichen Atemzug voller Ernst hinzuzufügen: „Niemand besteht auf einer Kündigung. Ich am allerwenigsten. Soweit solltest du mich kennen.“
    „Es gab Zeiten, Matt’n, da habe ich in der Tat geglaubt, dich zu kennen. Inzwischen bin ich mir nicht mehr sicher, wen ich da eigentlich vor mir habe.“
    „Hör zu, du weißt genau … Menschenskind, Ossi! Ich möchte lediglich, dass du dich für eine Weile arbeitsunfähig schreiben lässt. Du hattest doch ohnehin vor, Urlaub zu machen. Es ist meine Schuld … Ich kriege schon irgendwo einen anderen Koch her. Aber kurier dich um Gottes willen endlich richtig aus und wenn …“
    „Schönen Abend, Matt’n. Und meinen besten Dank.“
    Irritiert von den ausbleibenden Emotionen der beiden und wütend über den unmissverständlichen Rausschmiss durch Ossi hob Clausing die Schulter und brummte enttäuscht: „Euch ebenfalls.“
    Dann machte er auf dem Absatz kehrt und stürmte aus der Kammer.
    Obwohl es ihm nicht anzumerken war, hatte es Adrian unmenschliche Kraft gekostet, bei den Äußerungen des Kapitäns nicht die Beherrschung zu verlieren. Als das Schott schließlich geräuschvoll zufiel, hing eine übergroße Anspannung wie eine Gewitterwolke zwischen Suse und Ossi. Sie warteten beide darauf, dass der andere zu sprechen begann, um damit die Möglichkeit zur Entladung zu schaffen.
    Wie auf glühenden Kohlen saß Suse mit eingezogenem Kopf da und rechnete damit, Adrian würde jeden Moment zu toben und schreien beginnen, sie packen und durchschütteln. Nichts dergleichen geschah. Ganz ruhig stand er neben ihr und schwieg.
    Sag, was du zu sagen hast, betete sie voller Inbrunst, damit wir es hinter uns bringen können. Und sieh nicht durch mich hindurch, sodass ich nicht weiß, was du denkst. Es geht dich ebenfalls an! Und hör endlich auf, derart beherrscht zu schweigen.
    Dieses Mal allerdings täuschte sie sich in der scheinbaren Ruhe, die er an den Tag legte. Es war blanke Fassungslosigkeit, die ihn seit Clausings Worten förmlich hatte erstarren lassen, während ihm d ie Gedanken wie kollidierende Motorräder durch den Kopf rasten. Sein undurchdringlicher Blick flog durch das geöffnete Bullauge hinaus auf das Meer, wo im Hintergrund die Silhouette der englischen Küste zu erkennen war.
    Deswegen schrak Suse umso heftiger zusammen, als er unvermittelt in sardonisches Gelächter ausbrach und sich mit einer tödlichen Mischung aus körperlichen Schmerzen und seelischem Leid den Unterarm auf den Leib presste.
    „Was für ein Narr bin ich bloß? Ein Vollidiot! Wie blind muss ich ahnungsloser Trottel sein, um das Offensichtliche zu übersehen?“, krächzte er, als es ihm endlich gelang, einen zusammenhängenden Gedanken aus den Wrackteilen in seinem Kopf zu ziehen. „Vor meinen Augen setzt mir mein bester Freund Hörner auf! Lacht inzwischen die gesamte Besatzung über mich?“ Verzweifelt schüttelte er den Kopf und ballte die Fäuste. „Es sollte mir eigentlich nichts ausmachen, wäre es doch nicht das erste Mal, dass ich zum Objekt von Hohn und Spott werde. Ich habe nicht im Geringsten geahnt, was zwischen euch läuft. Dabei warst du mehr als deutlich. Koch oder Kapitän, das waren deine Worte, nicht wahr? Du liebst die Abwechslung, so wie es dir völlig gleich ist, mit wem du das Bett teilst, weil es nichts als Sex ist. Ich hätte nicht geglaubt, du könntest das wörtlich gemeint haben.“
    „Das habe ich …“
    „Und ich habe mich nicht verhört?“ Seine Stimme klang plötzlich kalt wie Eis und ließ Suse vor ihm zurückweichen. „Du hast … mit Matt’n …“
    Er holte röchelnd Luft und krümmte sich vor Schmerzen. Suse trat einen Schritt auf ihn zu und hatte schon den Mund geöffnet, um ihm ihre Hilfe anzubieten, als er sie grob von sich stieß. Kalter Schweiß trat ihm auf die Stirn.
    „Du hast mit ihm … geschlafen? Langsam verstehe ich. Zum Dank für eine Nacht mit dir verzichtet er auf meinen Rausschmiss. Das ist in der Tat sehr großzügig von ihm. Und wie selbstlos von dir, dieses Opfer für mich zu bringen. Für einen lumpigen Koch! Du musst gut gewesen sein. Oder reicht ihm ein Mal nicht als Bezahlung? Mein Gott, ich hätte es wissen müssen! Du warst so oft in seiner Kammer, dass die Besatzung längst darüber redet.“
    Der rechte Arm des Mannes schoss in einer gebieterischen Geste nach oben.
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