Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Franley, Mark

Franley, Mark

Titel: Franley, Mark
Autoren: Karla
Vom Netzwerk:
auf seiner Seite, denn der dickere von beiden brauchte zwar einen Augenblick, erkannte ihn dann aber trotz der ungewohnten Kleidung.
Ohne auf das verwunderte Gesicht seines Kollegen zu achten, sprang der Beamte auf, ging Mike einige Schritte entgegen und streckte die Hand aus. Anschließend musterte er ihn so, als würde er nach Einschusslöchern suchen, und sagte fast schon enttäuscht: »Mensch Köstner, das war ja eine Show draußen beim Schloss.« Offenbar wurde ihm daraufhin bewusst, dass seine Worte etwas unpassend waren, und er versuchte das wieder auszugleichen, indem er fragte: »Wie geht es dir? Wie man gehört hat, hast du ja ordentlich was abbekommen.«
Da Mike keine andere Wahl hatte und die Sympathie seines Kollegen brauchte, erzählte er einige Details des Abends und erntete dafür viel Bewunderung. Erst wollte er darum bitten, beschloss dann aber, es einfach frech zu fordern. Mit selbstverständlichem Tonfall sagte er: »Ich muss mit ihr sprechen.« Um seine Forderung zu unterstreichen, zeigte er auf die Tür, hinter der Natalie lag.
Eigentlich hatte er mit Gegenwehr in Form von irgendwelchen Vorschriften gerechnet, doch der ältere Beamte sagte nur: »Kein Problem, aber nur fürs Protokoll … eine Waffe hast du nicht unter deinem hübschen Schlafanzug, oder?« Mit einem Grinsen im Gesicht hob Mike sein Oberteil ein Stück nach oben und fragte anzüglich: »Möchtest du mich filzen?« Der Beamte schüttelte lachend den Kopf, schob die Tür etwas zur Seite und ließ Mike in das Zimmer.

Natalie saß auf dem Bett und starrte zum Fenster hinaus. Erst als Mike sie leise ansprach, wandte sie den Kopf in seine Richtung und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Irgendwie schien sie völlig verändert zu sein. Da war weder der ständig angespannte Gesichtsausdruck, den sie als Kommissarin gehabt hatte, noch dieser weggetretene Blick, als sie Petrov gegenüberstand.
Offensichtlich sah Mike sie etwas zu lange fragend an, denn ohne dass sie es musste, sagte sie: »Keine Sorge, die kleine Karla gibt es nicht mehr. Sie hat sich selbst befreit.«
Obwohl Mike wusste, dass Natalie im klassischen Sinne nicht ganz bei Sinnen war, erleichterte ihn diese Aussage. Er deutete auf einen Stuhl und fragte: »Darf ich?«
Da er nicht so recht wusste, wo er anfangen sollte, begann er einfach von seinem Gespräch mit Karl zu berichten. Mit unverfänglicher Stimme und als hätte sie die Morde nicht begangen, erzählte er: »Da hast du ja unheimlich was ins Rollen gebracht. Petrovs Akten zwangen bereits zwei Politiker und die gesamte Leitung dieser Privatklinik zum Rücktritt. Außerdem wurden zahlreiche Strafverfahren gegen hochgestellte Persönlichkeiten eingeleitet. Die Palette reicht von Menschenhandel über Prostitution, Mord und Körperverletzung bis zu zahlreichen Finanzdelikten.«
Natalies Blick war wieder zum Fenster gewandert. Tonlos fragte sie: »Willst du überhaupt nicht wissen warum?«
Mike unterbrach seinen Bericht und blickte abwesend auf ihre dick verbundene Hand. Nach einigen Sekunden der Stille sagte er, mit plötzlich trockener Kehle: »Doch, möchte ich. Aber du musst mir das nicht erzählen.«

Natalie begann bei ihrer Kindheit, in der Zeit, als sie noch Karla hieß. Sie erzählte von ihrer Oma und deren Haus, in das sie nach ihrem Tod gezogen waren. Sie erzählte von dem vermeintlichen finanziellen Aufstieg ihres Vaters, von dem sie heute wusste, dass er von Petrov durch Heroin zu seinem Handlanger gemacht wurde. Erst hatte Petrov ihren Vater mit viel Geld geködert und als dieser irgendwann aussteigen wollte, gab man ihm genug Spritzen, damit er auf Nachschub angewiesen war. Als er dann, trotz Drogen, einen klaren Moment hatte und sich endgültig von der Mafia lossagen wollte, nahm man ihm die Kinder.
Natalie erzählte immer weiter und weiter. Mike stand gerade am Fenster und zündete sich eine Zigarette an, als sie bei dem Martyrium in Petrovs Bordell angelangte. Noch einmal benannte sie jeden, der sie und ihren Bruder gepeinigt hatte. Ohne auch nur ein winziges Detail auszulassen, kam sie schließlich zu dem Punkt, an dem der Anwalt im Nachbarzimmer bei ihrem Bruder wütete. Hier stockte ihr Redefluss und eine einzelne Träne lief ihr über die blasse Wange.
Mike drängte sie nicht und nachdem sie eine ganze Weile geschwiegen hatte, sagte sie schließlich: »Ich habe Petrov gehört, die Dame des Hauses hatte ihn gerufen, als die Schreie losgingen. Er kam, ging in das Zimmer neben meinem, und brüllte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher