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Franley, Mark

Franley, Mark

Titel: Franley, Mark
Autoren: Karla
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ging einige Schritte die Einfahrt hinauf.
»Was wollen Sie? Das ist Privatbesitz, bitte fahren Sie Ihren Wagen weg!« Der größere der beiden Aufpasser war nun bis ganz an das Tor gekommen, musterte Natalie argwöhnisch, wobei sein Blick an der Ausbeulung ihrer dünnen Jacke, unter der sich die Dienstwaffe befand, hängen blieb. Mike hielt sich zurück und wartete gespannt auf die Reaktion seiner Partnerin.
Diese sagte laut genug, damit es auch der zweite Mann hören konnte: »Ich wollte nur mal fragen, ob Herr Petrov hier ist.«
Es war nur ein flüchtiger Blick zwischen den beiden Osteuropäern, doch er reichte, um den Kommissaren zu bestätigen, was sie vermuteten. Auch wenn der Mann am Zaun jetzt mit ruhiger, fester Stimme sagte: »Hier gibt es keinen Petrov, und jetzt gehen Sie bitte!«, wusste Mike, dass Natalie ins Schwarze getroffen hatte und Petrov tatsächlich anwesend war.
Bevor Natalie sich umdrehte und zum Wagen zurückging, rief sie noch ein hämisches »Danke, ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag!« durch das Gitter.

Als könnte man sie hören, wartete Mike, bis das Schloss im Rückspiegel verschwunden war, dann stellte er ehrlich beeindruckt fest: »Das war richtig gut!«
Mit einem Lächeln blickte Natalie zu Mike und fragte: »Dann habe ich mich also nicht getäuscht. Er ist da, oder?«
Mike nickte: »Auch wenn die beiden gut ausgebildet sind, du hast sie für einen Sekundenbruchteil irritiert!«

Zurück im Büro, erledigten sie noch einigen Schreibkram für die nächste Gerichtsverhandlung, bei der sie als Zeugen aussagen mussten. Dann verließen sie das Präsidium, wobei jeder eine andere Richtung einschlug. Natalie ging wie fast jeden Tag zum Training und Mike lief, ebenfalls wie fast jeden Tag, noch etwas durch die Stadt, um irgendwann in seiner Stammkneipe anzukommen. In ihr leeres Zuhause zog es keinen von beiden.

–4–
     
     
       Als hätten sie nur darauf gewartet, wurde Omas Haus in Rekordzeit renoviert und zwei Kinderzimmer eingerichtet. Mit jedem Tag, den sie länger dort wohnten, verschwand Stück für Stück alles, was an Oma erinnerte. Das Einzige, was Karla noch von ihr retten konnte, waren die alten blassen Postkarten, dann wurde auch der Kühlschrank entsorgt und damit das letzte Erinnerungsstück an die Jahre davor.
Sie waren gerade einmal acht und neun Jahre, bemerkten aber trotzdem, dass ihre Eltern offenbar nicht mehr auf das Geld zu schauen brauchten. Alles wurde neu und modern eingerichtet und sogar einige Handwerker hatte man beauftragt.

Zwanzig Jahre war das jetzt alles her. Zwanzig Jahre, die irgendwie vorbeigingen. Nach außen führte sie ein, wie es so schön hieß, gutbürgerliches Leben, ließ dabei aber niemanden an sich heran. Kein Sex, keine Freunde. Ihr Universum drehte sich nur um sie selbst und das Nötigste, damit sie in dieser Gesellschaft bestehen konnte. Sie erlernte einen Beruf, von dem sie sicher war, dass er ihr einmal nützlich sein würde, und konzentrierte sich sonst nur auf den Tag X.
Und nun war es tatsächlich so weit. Die aktuelle Tageszeitung zitterte im Einklang mit ihren Händen und doch konnte sie ihren Blick nicht von dem Gesicht auf der Titelseite abwenden. Sie fühlte sich wie einer dieser terroristischen Schläfer, die zehn Jahre lang den guten Nachbarn spielten, dann einen Anruf bekamen und sich einen Bombengürtel umbanden.
Es wäre einfach gewesen, die Liste schon viel früher abzuarbeiten, aber das hätte den schwarzen Fleck auf ihrer Seele nur ein wenig blasser gemacht. Einige musste sie sogar schon streichen, da sie eines natürlichen Todes gestorben waren, aber es waren immer noch genug übrig, und das Wichtigste war, dass er noch übrig war. Immer noch zitternd und kaum fähig, die Schere ruhig zu halten, begann sie das Bild auszuschneiden, dann warf sie den Rest der Zeitung in den Müll und ging hinüber in ihr Schlafzimmer. Eigentlich war es fast schon Ironie, den kleinen Karton ausgerechnet hier aufzubewahren, doch auf diese Weise blieb ihre Konzentration auf das Ziel immer erhalten. Da sonst nie jemand dieses Zimmer betrat, stand die alte Pappschachtel in ihrem Kleiderschrank gleich vorne an. Karla nahm sie heraus, stellte sie aber nicht auf das Bett, denn das würde zu weit gehen, sondern trug sie hinüber auf den Küchentisch und öffnete den Deckel. Die Papierrolle hatte sich mittlerweile auf sechs aneinandergeklebte Blätter reduziert, war aber immer noch lang genug, dass sie sie mit zwei Magneten an ihrem hohen
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