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Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)

Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)

Titel: Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)
Autoren: Dori Mellina
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ein weitaus jüngeres, naturblondes und knackiges Mädchen
ging. Ich wäre sozusagen die Strafe. Hinter mir würden sich seine Kumpels
kaputtlachen.
    Und noch ein Bild erschien vor meinem geistigen Auge:
Es ist Pfingstsonntag und alle meine Freundinnen haben tolle Pläne mit ihren
Familien. Einige wollen picknicken, andere gehen mit den Kindern in den Zoo.
Ich habe nichts vor. Ein einsamer Sonntag streckt sich in seiner unendlichen
Länge vor mir. Eine Freundin erbarmt sich schließlich meiner und lädt mich ein,
mit ihrer Familie einen Ausflug zu machen. Zu Tränen gerührt sage ich zu und
freue mich über so viel Freundlichkeit. Den ganzen Tag komme ich mir wie das
fünfte Rad am Wagen vor und das Schlimmste ist: rund um mich nur glückliche
Familien, Papas, Mamas, Kinder. Ich bin die einzige, die nicht dazugehört, ich
bin eine typische Übriggebliebene. Nun wollen mir all diejenige verzeihen, die
dies gerade lesen und gewollt oder ungewollt keine eigene Familie haben. Ich
bin sicher, man kann auch ohne Kinder glücklich sein, häufig auch glücklicher.
Aber so ticken die Menschen nun mal: Sagt man ihnen, dass sie etwas nicht haben
können, begehren Sie es dann umso mehr, sie klammern sich geradezu an die
Vorstellung. Und ich war keine Ausnahme. Kein Kinderwagen und keine Schwangere
entzogen sich meinen Blicken. Ich ertappte mich dabei, wie ich vor dem Spiegel
stand und die Hand unter meinen Pulli schob, um einen schwangeren Bauch zu
simulieren. Es war eine fixe Idee geworden und, wie alle fixe Ideen, eine Qual.
    Martin fühlte sich verständlicherweise noch nicht so
weit, mit mir eine Familie zu gründen, und erbat sich Bedenkzeit. Ich für meine
Teil fühlte mich auch noch nicht so weit und hätte ebenfalls gerne meine Gebärmutter
um Bedenkzeit gebeten, nur dass Gebärmütter naturgemäß eigensinnig sind und
nicht gerne mit sich reden lassen.
    Der Vorteil, mit einem Mann liiert zu sein, den man
im Grunde nicht versteht, ist, dass er einen oft überrascht.
    Eines Abends, ungefähr drei Monate nach der Diagnose,
kam Martin nach Hause und teilte mir mit, dass er sich gerne mit mir „auf
dieses Abenteuer“ einlassen würde. Seine Augen leuchteten und er schaute mich
dabei unternehmungslustig an. Sorglos wischte er meine Bedenken   beiseite und versicherte mir, dass alles
gut werden würde.
    Mir war jedoch angst und bange, und meine Sorge nahm
schizophrene Züge an: Was wäre, wenn ich wirklich schwanger werden würde? Und
was, wenn ich es nicht werden würde?!
    Laut meinem Frauenarzt war das alles überhaupt kein
Problem. Wozu wurde schließlich künstliche Befruchtung erfunden?
    „Ja, Frau Mellina , ich
würde vorschlagen, Sie legen schon mal ganz normal los. Sie wissen doch, wie es
geht, oder?“, fragte er mich mit einem jovialen Lachen.
    „Ähm, ja, doch, ich bin schließlich Biologin“,
antwortete ich und versuchte dabei humorvoll und locker zu wirken, obwohl meine
Nerven zum Reißen gespannt waren.
    „Biologin, ja?“, sagte jetzt mein Frauenarzt interessiert
und musterte mich nun genauer. Jetzt müssen Sie wissen, dass Ärzte generell
einen ziemlichen Respekt vor Biologen haben, die in wissenschaftlicher Hinsicht
den Medizinern einiges voraus haben, jedoch auf dem Arbeitsmarkt und in der
gesellschaftlichen Anerkennung weit hinter ihnen zurückbleiben.
    „Ich dachte eher, Sie kennen sich aus, weil Sie
Italienerin sind. Italiener haben doch so viele Kinder, oder?“, lachte mein
Arzt, offensichtlich nicht bereit, von seiner überlegenen Position zu weichen.
    Gequält stimmte ich in sein Lachen ein. Die
Klarstellung, dass Italiener seit über dreißig Jahren die niedrigste
Geburtsrate in Europa haben, sparte ich mir.
    Ich brauchte nun meine ganze Energie, um schwanger zu
werden.
    „Ja, und dann, sobald Sie sich ausgetobt haben,
kommen Sie wieder zu mir. Sagen wir mal in sechs Monaten, ok?“.
    „Wieso erst in sechs Monaten? Ich komme doch wieder
zu Ihnen, sobald ich schwanger bin, oder?“.
    „Äh, ja, natürlich“, sagte er und unterdrückte mit
Mühe ein Lachen. Seine Skepsis, ich würde auf natürlichem Weg und ohne
ärztliche Unterstützung schwanger werden, konnte man mit Händen fassen.
    Er hatte allerdings mit meinem Durchhaltevermögen und
Hartnäckigkeit nicht gerechnet. Einmal Wissenschaftlerin, immer
Wissenschaftlerin.
    Überall hört man sagen, wenn man sich auf das Schwangerwerden zu sehr fixiert, wird man partout nicht
schwanger. Die besten Ergebnisse würde man erreichen, wenn man
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