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Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)

Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)

Titel: Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)
Autoren: Dori Mellina
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einen soliden Geschäftsmann mittleren Alters
vorgestellt, der im Leben fest gesattelt war und mir la bella vita [40] machen
ließ.
    Als 1994 die
Schneider-Affäre um den sensationellen Milliardenbetrug des Baulöwen Jürgen
Schneider auch in Italien bekannt wurde, schien meine Oma endlich den richtigen
Mann für mich gefunden zu haben.
    Den Blick
auf die italienische Tagesschau gerichtet, deutete sie auf den deutschen
Immobilienbetrüger, der gerade in Handschellen von der Polizei weggeführt
wurde.
    „ Guarda , so ein gestandener Mann in den besten Jahren, so
einer wäre genau das Richtige für dich!“, sagte sie mir damals, als würde
Jürgen Schneider zum Verkauf anstehen.
    „Ma nonna , er ist ein Krimineller!“, wendete ich ein.
    „Ja, aber er
ist ein Mann, der mitten im Leben steht!“
    „Naja, eher
im Gefängnis…“, murmelte ich.
    Nie konnte
ich meine Oma mit meiner Männerwahl zufrieden stellen.
    Für sie
musste ein Mann Lebenserfahrung haben, über ein gut gefülltes Bankkonto
verfügen und die Bereitschaft zeigen, großzügig damit umzugehen. Martin, der
sogar drei Jahre jünger war als ich, verfügte über keine dieser Eigenschaften
und, was für meine Oma das Schlimmste war, er konnte zu allem Überfluss noch
nicht mal Italienisch!
    *
    Die nächsten
Wochen verbrachten wir Mädels mit der Organisation von Ginos Projekt.
Zwischendurch kam ich mir vor wie eine Multifunktionsmaschine, denn ich hatte
zusätzlich noch meinen Job zu erledigen, Sara zu betreuen und den Haushalt zu
führen.   Da ich den Job nicht
vernachlässigen konnte und Sara nicht vernachlässigen wollte, litt der Haushalt
notgedrungen unter der Mehrfachbelastung. Dies wiederum führte dazu, dass das
Verhältnis zu Martin immer angespannter wurde.
    Eines
Morgens war ich in Gedanken versunken aus dem Aufzug getreten und hatte unsere
Mülltüte drinnen stehen lassen. Natürlich hatte sich keiner der Hausbewohner
die Mühe gemacht, die Tüte wegzuwerfen und so fuhr sie den ganzen Tag von
Stockwerk zu Stockwerk ohne je auszusteigen. Katrin erzählte mir später, dass
sie die Tüte zwar gesehen, aber, dass sie gedacht hatte, sie würde der
Alkoholikerin aus dem dritten Stock gehören, die manchmal im Aufzug einschlief
und selber stundenlang hoch und runter fuhr. Hätte sie geahnt, dass es meine
Hinterlassenschaft war, hätte sie sie selbstverständlich diskret verschwinden
lassen. Wer die Mülltüte am Abend jedoch sah und die richtigen
Schlussfolgerungen zog, war Martin. Er trat in die Wohnung ein und hielt mir
den stinkenden Beutel von hinten unter die Nase. Früher hatte er mich von
hinten umarmt, wenn er von der Arbeit nach Hause kam.
    „Erkennst du
sie wieder?“, fragte er mich, wobei er einen Schritt zurückwich, als ich mich
umdrehte, um ihn anzuschauen. Jetzt war es schon so weit, er konnte noch nicht
mal mehr meinen Anblick ertragen.
    „Sollte
ich?“, antwortete ich schlau mit einer Gegenfrage, denn man sollte sich niemals
durch blöde Fragen an die Wand drängen lassen   (der Trick stand ebenfalls in meinen
Fortbildungsbüchern für die Arbeit).
    „Sie stand
ziemlich einsam und verlassen im Aufzug und sagte mir „Papa, bring mich nach
Hause““.
    „Haha, sehr
witzig“, antwortete ich. Doch plötzlich fiel es mir wieder ein: Ich war am
Vormittag mit Tüte in den Aufzug getreten und ohne Tüte wieder ausgestiegen!
Als ich am Nachmittag wieder nach Hause gekommen war, hatte ich die Treppe
genommen, weil Sara mit ihrem Regenschirm das Treppengelände traktieren wollte
und so konnte ich die einsame Tüte im Aufzug nicht wieder entdecken. Keine
Frage, ich war schuldig im Sinne der Anklage.
    „Woher weißt
Du, dass das ausgerechnet unser Beutel ist?“, läutete ich meine
Verteidigungsrede ein. Schließlich stand ja kein Name dran und man ist vor dem
Gesetz solange unschuldig, bis einem die Schuld nachgewiesen wird.
    „Wie viele
Leute haben wir im Haus, die an einem einzigen Abend zwei Packungen Toffifee und drei Schokopuddings verdrücken?
    Mist, es
kannte mich doch zu gut! Um die Nerven zu beruhigen, hatte ich in letzter Zeit
zu unkontrolliertem Zuckerkonsum geneigt. Das schien ihm nicht entgangen zu
sein. Und Toffifee waren immer meine erste Wahl, wenn
es um Schokolade ging, das wusste er auch! Verdammt, wieso waren Mülltüten auch
durchsichtig?
    Möglichst
würdevoll riss ich ihm den Beutel aus der Hand und stürmte, ohne einen Gedanken
an meine Aufmachung zu verschwenden, die Treppe zur Mülltonne hinunter.
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