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Fortinbras ist entwischt

Fortinbras ist entwischt

Titel: Fortinbras ist entwischt
Autoren: Eric Malpass
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erforschen.»
    «Ich verstehe», sagte Opa mit der matten Stimme eines Greises. «Unter diesen Umständen halte ich es für besser, wir vertagen die Diskussion bis nach dem Frühstück.»
    Jocelyn und er hievten die Kiste und den Louis Quinze ins Boot. Opa reichte Mrs. Darling die Hand. «Geben Sie acht, daß Ihre Pelzstola nicht ins Wasser fällt», sagte er fürsorglich.
    «Das ist kein Pelz, das ist ein Hund», sagte Mrs. Darling.
    Wie zur Bekräftigung ihrer Worte hob der Pekinese seinen Kopf, schenkte Opa einen äußerst giftigen Blick, kläffte zweimal und sank wieder in sich zusammen. Opa stieß einen tiefen Seufzer aus. Es gab viele, ja, sogar sehr viele Dinge im Leben, die er verabscheute. Aber das, was er kläffende Viecher nannte, stand auf seiner schwarzen Liste ziemlich obenan. Je schneller man diese Person abfütterte und weiterbeförderte, desto besser, sagte er sich im stillen.
    Mrs. Darling saß mittlerweile würdevoll und steif am Bug, so als führe sie in einem Londoner Taxi zur Oper. Gaylord versuchte schüchtern, Feydeau zu streicheln. «Der kann mit Schultz spielen», sagte er.
    «Schultz?» fragte Mrs. Darling voller Mißtrauen.
    «Mein Hund! Er ist viel größer als Ihrer.»
    Das war keine Übertreibung, denn Schultz hatte die Größe eines ausgewachsenen Kalbes. Mrs. Darlings Stimme klang jetzt nicht nur mißtrauisch, sondern höchst beunruhigt: «Was für eine Rasse ist er denn?»
    «Paps sagt, er ist eine Promenadenmischung», sagte Gaylord ernst.
    Mrs. Darling zog ihren Mantel enger um die Schultern. Der Gedanke, daß Feydeau mit einem Bastard verkehren sollte, mißfiel ihr entschieden. Die Situation war offensichtlich ernster, als sie angenommen hatte. In diesem Moment lief das Boot auf Grund. Sie hatten ihren Ararat gefunden.
     
    Die kleine Prozession bewegte sich auf das Haus zu. Opa quälte sich mit dem Louis Quinze ab, Jocelyn schleppte die Porzellankiste, und Gaylord schwenkte das Nachtköfferchen, und Mrs. Darling trug das Hündchen.
    May war gerade dabei, die Eingangsstufen zu scheuern. Sie richtete sich peinlich überrascht auf. Aus unerfindlichen Gründen hatte sie sich ihre neue Nachbarin als eine simple, reizlose, ältliche Frau vorgestellt, aber ein kurzer Blick überzeugte sie davon, daß Mrs. Darling auch die kritischste Prüfung glanzvoll bestand. Sie trug Gummistiefel zu ihrem Nerz - und das mit der größten Nonchalance.
    Für einen Rückzug war es zu spät. May zupfte ihr Haar zurecht, trocknete sich die Hände an der Schürze ab und zischte Jocelyn zu: «Willkommen im Fremdenheim.»
    «Es ging nicht anders», flüsterte er zurück. «Sie konnte dort unmöglich bleiben, und ihr einziger Verwandter lebt am Limpopo.»
    «Ich sehe, sie hat ihren eigenen Tisch mitgebracht», sagte May, «wirklich zu rücksichtsvoll.»
    Opa, von dem Louis Quinze halb verdeckt, fuchtelte mit den Händen. «Darf ich Sie mit meiner Schwiegertochter, May Pentecost, bekannt machen. May, das ist Mrs. Darling. Sie möchte ein Frühstück.»
    «Es freut mich, Sie kennenzulernen», rief Mrs. Darling. Sie begüßte May mit der Wärme und Sympathie, die eine elegante Frau für eine ebenso elegante jüngere aufbringt, die sie gerade beim Scheuern überrascht hat. Obwohl sie gewöhnlich ungern jemandem die Hand gab, streckte sie sie jetzt gnädig aus, denn sie genoß die Situation. May fuhr sich noch einmal wütend mit der Schürze über die Hand, bevor sie die der anderen ergriff. Eigentlich fehlt nur noch, daß ich einen Hofknicks mache, dachte sie. «Ich werde mich um Ihr Frühstück kümmern», sagte sie.
    «Ich bitte Sie, meine Liebe, lassen Sie sich auf keinen Fall bei der Hausarbeit stören», tönte Mrs. Darling.
    «Ich bin ohnehin fertig», sagte May kurz angebunden.
    «Will Fido nicht vielleicht mit Schultz spielen?» fragte Gaylord.
    «Nein», sagte Mrs. Darling und wandte sich wieder May zu. «Machen Sie bitte keine Umstände, meine Liebe. Nur ein Täßchen chinesischen Tee mit Zitrone und eine Scheibe knusprigen Toast mit Butter und Oxford-Marmelade, das genügt.»
    «Mit Oxford-Marmelade kann ich leider nicht dienen. Wir haben nur selbstgemachte», sagte May.
    «Dann bitte nur Toast und Butter, ich danke Ihnen, meine Liebe.» Sie schenkte May ein flüchtiges Lächeln, blitzend und unverbindlich wie ein Wetterleuchten. «Oh, und dann muß ich Sie auch noch um eine Dose Doggy-Woggy bitten. Die haben Sie doch?»
    «Leider nicht», sagte May.
    «O je, mein kleiner Feydeau ist absolut
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