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Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Titel: Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)
Autoren: Loons Gerringer
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da bunt
zwischen den dunklen Heckenwegen lagen, von ihnen eingefasst wie die Steine einer
Brosche von Metallstegen. Das war jedenfalls das Bild, das James in den Sinn
kam, als er versuchte, sich das Ganze von oben vorzustellen. Und am Rand,
zwischen Gärten und Parkplatz, thronte auf einer grünen Insel aus Rasen das
Herrenhaus.
    Es war eine gute Entscheidung gewesen, in den Irrgarten
zu gehen anstatt weiter an der Treppe herumzusitzen, da konnte Alice nachher
sagen, was sie wollte. Und fürs Erste benahm sich sogar der Parkour-Knabe ganz
normal. War wohl auch froh, nicht mehr stillsitzen zu müssen.
    Eine Weile folgten sie planlos allen Abzweigungen.
James, der zum ersten Mal in einem Irrgarten war, hatte sich das beklemmender
vorgestellt. Aber der Wechsel von Laub- und Nadelgehölz lockerte die Hecken
auf, manchmal schien die Wand sogar nur aus einem Efeuvorhang zu bestehen.
Außerdem öffneten sich die Wege immer wieder zu kleinen Plätzen mit
Blumenbeeten, Teichen oder irgendwelchen Kunstobjekten, und man begegnete
anderen Spaziergängern (zum Beispiel den beiden, die Pix angepöbelt hatte).
Nicht zuletzt war es angenehm schattig zwischen all dem Grün.
    „Ob wir wieder zurückfinden?“
    „Ich hab mal gehört, dass es eine Formel gibt, mit der
man aus jedem Irrgarten wieder rausfindet“, sagte er. „Aber hier sollte das
sowieso –“
    „Wow!“ Carmino war abrupt stehengeblieben und starrte
mit geradezu schmerzlichem Entzücken das hohe Eisengitter an, das einige Meter
voraus ein Stück der Buchsbaumhecke ersetzte. Zweieinhalb Meter hohe
Metallstangen mit geschmiedeten Verzierungen und furchterregenden Spitzen
obendrauf, aber er sah sie an, als hätte sie der Gott der Parkourläufer
persönlich dahin gestellt.
    „He, denk nicht mal dran! Du reißt dir die
Eingeweide raus, wenn du versuchst, da rüberzukommen!“
    „Quatsch. Das ist ein geniales Teil. Kommt alles drauf
an, dass man genug Power in den Armen hat und –“
    „Vergiss es. Was soll das Ding da überhaupt? Dahinter
ist doch auch nur so ein Blumenrondell.“
    „Solche Gitter stehen hier überall rum. Soll Kunst
sein, hat Alice gesagt. Über eins bin ich eben schon rüber, aber das war kleiner
und hatte auch nicht solche Spitzen –“
    Dieses hier war wie ein Fenster zwischen die
Buchsbäume gesetzt, als sollte es zwar das Betreten verhindern, aber trotzdem
einen bewundernden Blick in das Gärtchen auf der anderen Seite einfordern. Da
glühten spektakulär große, tiefrote Blüten in der Nachmittagssonne. Für die
hatte Carmino allerdings keinen Blick übrig, er sah nur gierig an dem Gitter
hinauf, als wollte er Maß fürs Anspringen nehmen.
    Auf einmal war Alices Stimme ganz in der Nähe zu
hören. Die anderen mussten im Nebengang sein. James hatte nicht die geringste
Lust, sich dem ganzen Trupp nerviger Teenies anzuschließen. Der eine reichte
ihm. Er ging schnell weiter, wagte die Hoffnung, dass Carmino bei seinen Leuten
bleiben würde, und bog nach rechts ab, weg von den Stimmen.
    Dort fiel kein Sonnenlicht auf den schmalen,
geschotterten Weg, und es roch feucht und grün. Auf halber Strecke lag zur
Linken das nächste Eisengitter – das hier hatte eine Klinke, sah James, es war
ein Tor zu einer düsteren kleinen Wildnis aus Binsen und Röhricht. Ein Baum
breitete seine Zweige wie ein Dach darüber, sie spiegelten sich in dunklem
Teichwasser.
    „Hey, guck mal da drüben!“
    Pech gehabt. Carmino war ihm doch gefolgt. Er zeigte
grinsend zu dem Baum hinüber. Im tiefen Schatten dort entdeckte James die Frau,
die ihn vorhin nach der Uhrzeit gefragt hatte. Jetzt war sie intensiv mit einem
Typ beschäftigt, der mit ihr am Baumstamm lehnte.
    „Wetten, die treiben es da!“
    James hätte nicht dagegen gewettet, und irgendwie
frustrierte ihn das. Er wandte sich ab, und da hing vor seinen Augen an einem
Buchenzweig der messingfarbene Schlüsselanhänger, mit dem die Frau vorhin
herumgeklimpert hatte. Jedenfalls war es auch einer von den Wokenduna
Hall-Souvenir-Anhängern. Hing da wie ein Zimmerschlüssel. Bescheuert.
    „Genug gespannt!“ Er zog Carmino weiter. Der Irrgarten
war größer und verzweigter, als er angenommen hatte. Die Sonne war schon
weitergerückt, sodass ihre Strahlen nur noch den oberen Teil der Hecken
erreichten. Nur einmal kam ihnen noch ein anderer Besucher aus einem Seitenweg
entgegen, danach schien alles verlassen zu sein. Keine Stimmen mehr, nur
Vogelgezwitscher und das Quaken von Fröschen, das lauter und dann wieder
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